Herr Hüppe, was sollten institutionelle Anleger angesichts der weltweit weiterhin niedrigen Zinsen jetzt über Zertifikate wissen?
Matthias Hüppe: Um Rendite zu erzielen, müssen die Anleger Risiken eingehen. Aber in diesem Zusammenhang sollten sie ganz genau hinschauen, was sie kaufen. Wir beobachten oft eine problematische Einstellung: Der Aktienmarkt wird von vielen Anlegern immer noch als sehr gefährlich angesehen, während die Anleihenmärkte als relativ sicher gelten.
Unterliegen die Anleger hier einem Trugschluss?
Hüppe: Ob das ein Trugschluss ist, sei dahingestellt. Wenn man jedoch in der Rückschau über den Aktienmarkt spricht, werden häufig Szenarien wie die Lehmann-Pleite und die taumelnden Aktienkurse in der Finanzkrise als mahnende Beispiele genannt.
Dabei wird völlig vergessen, dass es bei den Bonds – mit Ausnahme von den großen Treasuries, aber gerade im Bereich der Unternehmensanleihen – zu extremen Abschlägen und extremen Verwerfungen kam. Das wird heute umfänglich ausgeblendet, an die damaligen Korrelationen möchte sich niemand gerne erinnern.
Anleger sollten im Blick behalten, dass Szenarien, die auf den Aktienbereich einwirken, sehr schnell – wie bereits in den Jahren 2008 und 2009 gesehen – auf die Anleihenmärkte durchschlagen. Sicher sind bei diesen Ausnahmeereignissen nur Cash und unter Umständen die großen Treasuries.
Wie sah denn die Korrelation von Aktien und Anleihen in der Finanzkrise 2008/2009 konkret aus?
Hüppe: Die Korrelation ging schon fast gegen eins. Dabei sackten nicht nur Corporates ab, sondern auch der Goldpreis fiel von rund 1.000 US-Dollar pro Feinunze zunächst auf 750 US-Dollar. Im Endeffekt kann man sagen, dass im Zentrum der Extremkrisen nur diejenigen Anleger im Vorteil waren, die Cash hielten.
Was beobachten Sie heute am Rentenmarkt?
Hüppe: Um am Rentenmarkt noch eine positive Rendite zu erzielen und die Inflation zu schlagen, investieren viele Asset Manager notgedrungen in den High-Yield-Bereich, da auch die Investmentgrades inzwischen dazu neigen, negativ zu rentieren. Dieses erhöhte Bonitäts-Risiko wird mehr oder weniger stillschweigend akzeptiert.
Es ist verwunderlich, wenn nicht geradezu verstörend: Investoren sind misstrauisch und mutmaßen hohes Risiko, wenn wir Möglichkeiten aufzeigen, einen Blue-Chip-Index als Basiswert zu wählen. Es lassen sich beispielsweise positive Renditen erzielen, sofern der Dax in den nächsten sechs Monaten nicht um 25 Prozent fällt.
Sollte es wirklich zu dem Szenario einer Korrektur um 25 Prozent in einem großen Index in den nächsten sechs Monaten kommen, dann kann man durchaus von einem Crash sprechen. Die Erfahrung der Vergangenheit hat gezeigt: Es ist sehr wahrscheinlich, dass andere Assetklassen dann ebenfalls stark korrigieren. Brechen die Aktienmärkte stark ein, bleiben Unternehmensanleihen keinesfalls außen vor. Auch die gegebenenfalls geringere Liquidität in Stresssituationen an den Anleihenmärkten stellt eine mögliche Gefahr dar, die oft völlig vergessen wird.
Entscheidend ist heute außerdem das Thema Duration: Wenn man sich die Duration in den Portfolios ansieht, bewegt sie sich heute auf Niveaus, die vor Jahren kaum denkbar waren.