Zentrale Reformforderung abgekoppelt Entwurf zum neuen Stiftungsrecht lässt noch Wünsche offen

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Der Diskussionsentwurf enthält weiter Regelungen für sogenannte Verbrauchsstiftungen. Hierunter sollen Stiftungen zu verstehen sein, deren gesamtes Vermögen über einen festgelegten Zeitraum verbraucht werden muss und die anschließend aufzulösen sind. Die reine Verbrauchsstiftung bleibt daher eine unflexible Gestaltung. Vorzugswürdig wird in der Praxis häufig die Teil-Verbrauchsstiftung sein: Nach dem Diskussionsentwurf kann die Satzung bestimmen, dass der Stifter neben dem Grundstockvermögen sogenanntes gewidmetes Vermögen zu sonstigem Vermögen bestimmt. Letzteres steht für die Zweckerfüllung zur Verfügung.

Einen weiteren Schwerpunkt der Reform bilden Regelungen zu Zweck- und anderen Satzungsänderungen, zur Zulegung und Zusammenlegung sowie zur Auflösung und Aufhebung von Stiftungen. Die Maßnahmen sind nach der Intensität des Eingriffs abgestuft: Die rechtliche Hürde für eine Strukturänderung liegt also umso höher, je stärker sie in die Identität der Stiftung eingreift.

Zudem sieht der Entwurf vor, dass stets die mildere Maßnahme zu wählen ist. Demnach ist etwa die Zweckbeschränkung gegenüber der Zulegung vorrangig, und die Strukturänderung durch die Organe hat Vorrang vor einer entsprechenden Maßnahme der Stiftungsbehörde. Teilweise soll der Stifter im Stiftungsgeschäft abweichende Regelungen treffen können. Einen Aufhebungsgrund soll es darstellen, wenn eine Stiftung einen ausländischen Verwaltungssitz nicht ins Inland zurückverlegt. Das im Bericht der Bund-Länder-Arbeitsgruppe Stiftungsrecht aus dem Jahr 2016 noch angedachte Recht des lebenden Stifters, die Satzung zu ändern, ist im aktuellen Entwurf bedauerlicherweise nicht mehr enthalten.  

Zur Abgrenzung von anderen Rechtsformen wie der gGmbH oder der nicht-rechtsfähigen Stiftung sollen künftig alle rechtsfähigen Stiftungen verpflichtet werden, ihren Namen um den Zusatz „rechts- fähige Stiftung des bürgerlichen Rechts“ beziehungsweise um die Abkürzung „SbR“ zu ergänzen.

Die zentrale Reformforderung eines Stiftungsregisters mit Publizitätswirkung – vergleichbar dem Handelsregister – wurde von dem vorliegenden Reformentwurf abgekoppelt und bis zur Vorlage einer entsprechenden Machbarkeitsstudie zurückgestellt. Auf absehbare Zeit werden sich rechtsfähige Stiftungen weiter nur durch sogenannte Vertretungsbescheinigungen im Rechtsverkehr ausweisen können. Der Rechtsverkehr hat bis zur Einrichtung eines Stiftungsregisters auch keine Möglichkeit, sich umfassend über bestehende Stiftungen zu informieren.

Das Anliegen der Bund-Länder-Arbeitsgruppe, das Stiftungszivilrecht abschließend bundeseinheitlich zu regeln, ist zu begrüßen. Der Diskussionsentwurf bleibt allerdings teilweise noch hinter den Erwartungen aus der Praxis zurück. Insbesondere mit der Abkopplung der Regelung eines Stiftungsregisters verfehlt der Entwurf eine zentrale Reformforderung, und die unterschiedslose  Anwendung der Neuregelungen auf alle neu errichteten und bestehenden Stiftungen wirft die Frage auf, ob dies im Einzelfall tatsächlich mit dem Stifterwillen vereinbar ist. Es bleibt daher zu hoffen, dass der Gesetzgeber an der einen oder anderen Stelle des Entwurfs noch nachbessert.

 

Über die Autorin:
Dr. Anna Katharina Gollan ist Rechtsanwältin und Fachanwältin für Steuerrecht. Im Anschluss an ihre Promotion zur Haftung des Stiftungsvorstands wechselte sie zu P+P Pöllath + Partners und berät dort in den Bereichen Stiftungen, Nachfolge und Vermögen. Sie begleitet die Reform als Mitglied des Gesetzgebungsausschusses Erbrecht im Deutschen Anwaltverein.

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