Zentrale Reformforderung abgekoppelt Entwurf zum neuen Stiftungsrecht lässt noch Wünsche offen

Dr. Anna Katharina Gollan ist Rechtsanwältin und Fachanwältin für Steuerrecht.

Dr. Anna Katharina Gollan ist Rechtsanwältin und Fachanwältin für Steuerrecht.

Die Zahl der rechtsfähigen Stiftungen in Deutschland hat sich in den beiden vergangenen Jahrzehnten mehr als verdoppelt. Heute beträgt sie rund 22.200. Diese Stiftungen sind auf einen verlässlichen Rechtsrahmen angewiesen. Bereits in der letzten Legislaturperiode hat eine Bund-Länder-Arbeits- gruppe hierfür Vorschläge erarbeitet, die nach einer Expertenanhörung nachjustiert und nun in die Form eines Diskussionsentwurfs gegossen wurden. Auf dieser Basis soll ein Gesetzentwurf entstehen, mit dessen Veröffentlichung noch im Laufe des Jahres 2018 zu rechnen ist.

Mit der anstehenden Reform soll das bislang aus Bundes- und Landesgesetzen bestehende Stiftungszivilrecht bundeseinheitlich und abschließend im Bürgerlichen Gesetzbuch geregelt werden. Der neue Rechtsrahmen soll dabei auch für bereits bestehende Stiftungen gelten. Je nach Satzung und bisher geltendem Landesstiftungsgesetz wird dies zu mehr oder weniger großen Änderungen führen. Gegenstand der Landesstiftungsgesetze sollen künftig nur noch öffentlich-rechtliche Regelungen über die zuständigen Behörden und die Stiftungsaufsicht sein.

Stiftungen sollen weiterhin zu jedem erlaubten gemeinnützigen oder privatnützigen Zweck errichtet werden können, das heißt, sie können insbesondere als Familienstiftungen ausgestaltet sein. Diese Anwendungsform hat in den vergangenen Jahren eine Renaissance erfahren und bleibt interessant. Bezüglich der Gremien sind wie bisher neben dem Vorstand keine weiteren Organe – zum Beispiel ein Kuratorium oder ein Beirat – erforderlich, aber möglich. Eine Neuregelung für die Organe ist insbesondere in zwei Bereichen geplant.

Was ändert sich?

Erstens soll die sogenannte stiftungsrechtliche Business Judgement Rule kodifiziert werden. Hierunter versteht man einen haftungsfreien Ermessensspielraum bei gesetzes- und satzungskonformen Entscheidungen, die ein Organmitglied frei von Interessenkonflikten und auf der Basis angemessener Information getroffen hat. Im Bereich der Vermögensverwaltung setzt der Gesetzgeber hiermit einen Anreiz, vertretbare Risiken einzugehen, um ausreichende Erträge erwirtschaften zu können. Zweitens sieht der Entwurf Regelungen zu Notmaßnahmen bei fehlenden Organmitgliedern vor, um die Handlungsfähigkeit der Stiftungen sicherzustellen. Fehlen Organmitglieder, soll die Stiftungsbehörde zeitweilig eine Notbestellung oder Mehrstimmrechte verfügen können.

Eine Neuregelung soll auch das Stiftungsvermögen erfahren: Der Diskussionsentwurf differenziert insoweit zwischen dem zu erhaltenden Grundstockvermögen und sogenanntem sonstigen Vermögen. Nach dem Konzept der Bund-Länder-Arbeitsgruppe soll das Grundstockvermögen insbesondere aus dem vom Stifter gewidmeten Vermögen und Zustiftungen bestehen. Aber auch Umschichtungsgewinne sollen künftig zum Grundstockvermögen gehören, wenn die Satzung nichts Gegenteiliges bestimmt.

Das bislang in den Landesstiftungsgesetzen enthaltene Gebot, das Grundstockvermögen in seinem Bestand zu erhalten, soll künftig im Bürgerlichen Gesetzbuch geregelt sein. Eine weitere gesetzliche Konkretisierung des Bestandserhaltungsgebots ist nicht vorgesehen. Es bleibt auch in Zukunft Sache der Stifter festzulegen, ob das Vermögen zum Beispiel gegenständlich, nominal oder in seiner Ertragskraft zu erhalten ist.