Zeitenwende in der Kundenberatung Nachhaltigkeits-Trend hält Einzug in die Vermögensverwaltung

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Die Norddeutsche Landesbank (Nord/LB) setzt bei Mandaten der individuellen Vermögensverwaltung ab einem Anlagevolumen von einer halben Million Euro aufwärts auf definierte Nachhaltigkeitskriterien, darunter ESG-Mindeststandards und ESG-Ausschlusskriterien. Ab einem Volumen von 5 Millionen Euro richtet die Bank ein Vermögensverwaltungsmandat explizit auf dieses Thema aus und berücksichtigt individuelle Kundenwünsche. Ganz allgemein hat die Nord/LB nachhaltige Mindeststandards vollständig in ihren Investmentprozess eingebunden, sodass ein ESG-Filter bei jeder Investitionsentscheidung zum Einsatz kommt.

Ihr Pendant im Südwesten der Bundesrepublik, die BW-Bank, bietet Nachhaltigkeitsstrategien im Rahmen einer individuellen Vermögensverwaltung, bei der die Kunden in Abhängigkeit ihrer Risikotoleranz und Ertragserwartung die maximale Aktienquote flexibel bestimmen. Dabei kommt ebenfalls ein Mix aus Ansätzen zum Einsatz: Die Direktanlage in Aktien und festverzinslichen Wertpapieren erfolgt nach strikten Ausschlusskriterien. Unternehmen aus der Rüstungsindustrie oder Tabakbranche etwa fliegen kategorisch aus den Portfolios. Zusätzlich verfolgt die BW-Bank einen Best-in-Class-Ansatz. Nischenthemen deckt sie über nachhaltige Investmentfonds und ETFs ab. Hier prüft das Institut, ob die Investmentprozesse der Produkte ESG-konform sind.

Die Hamburger Privatbank M.M. Warburg & CO sticht durch ihre Bandbreite der eingesetzten Instrumente heraus: Ob nachhaltige Vermögensverwaltung mit Fokus auf Aktien und Anleihen, nachhaltige Fondsvermögensverwaltung oder eine individuelle nachhaltige Vermögensverwaltung, bei Warburg hat der Kunde die freie Auswahl. Die Unterschiede liegen in den Ansätzen: Bei den ersten beiden Varianten kommt die hauseigene Nachhaltigkeitssystematik zum Einsatz, die auf einer Kombination aus Ausschlüssen, Best-in-Class-Ansatz und Impact Investing basiert. Beim dritten Angebot können Kunden die Anlagestrategie nach ihren nachhaltigen Vorstellungen umsetzen.

Auf Nachhaltigkeit fokussierte Kunden der Berliner Weberbank können zwischen einem vermögensverwaltenden Fonds, einer Fondsvermögensverwaltung und einer klassischen Vermögensverwaltung mit Einzeltiteln wählen. Größeren Kunden-vermögen bietet die Bank zusätzlich individuelle Lösungen als Einzelmandat oder Spezialfonds. Beim ESG-Angebot folgt die Weberbank einem einheitlichen Ansatz mit Fokus auf normative und ethische Ausschlüsse. „Sehr viele Kunden haben da konkrete Vorstellungen und Vorgaben, vor allem aus dem Stiftungssektor und aus kirchlichen Einrichtungen“, sagt Daniel Schär, Leiter des Portfoliomanagements. Bei vielen Privatkunden sieht er einen deutlichen Wandel: „Weil das Thema in der Öffentlichkeit mittlerweile sehr präsent ist, wächst die Bereitschaft, darüber zu sprechen.“ Die Erfahrungen des Instituts mit dem Thema zeigen Schär zufolge, dass nachhaltige Strategien keine Performance kosten: „Das ist vielen Privatkunden sehr wichtig.“

Einen weiteren Nachhaltigkeits-Regler hat bereits die Bethmann Bank umgelegt: Für sie ist die Vermögensverwaltung traditionell nachhaltig und seit 2018 auch offiziell erste Wahl. Das bedeutet: Im Kundengespräch empfiehlt der Berater zuallererst die nachhaltigen Strategien. Erst wenn der Kunde aus dem Beratungsgespräch heraus konkret andere Strategien vorgestellt haben möchte, kommt auch die klassische Vermögensverwaltung auf den Tisch. Wobei auch diese Strategie Elemente von Nachhaltigkeit enthält, denn für alle Investmentprodukte der Bethmann Bank bestehen bereits seit Jahren Ausschlüsse im Sinne der Nachhaltigkeit. Fest steht, dass die genannte Vorgehensweise Grenzen verschiebt. „Nachhaltigkeit ist 2020 zum ersten Mal die größte Strategie in unserem Produktangebot“, sagt Investmentchef Reinhard Pfingsten. Doch obwohl das Thema aus seiner Nische kommt, fragen klassische Privatkunden nicht automatisch von sich aus nach einer nachhaltigen Vermögensverwaltung, so beobachtet es zumindest Pfingsten. Derzeit verfügt Bethmann in der Vermögensverwaltung über einen globalen und einen auf Euro-Anlagen begrenzten Nachhaltigkeitsansatz.