Zehn Prognosen Was uns 2017 überraschen wird

Daniel Stelter war früher Partner der Boston Consulting Group und ist mittlerweile als unabhängiger Strategieberater tätig

Daniel Stelter war früher Partner der Boston Consulting Group und ist mittlerweile als unabhängiger Strategieberater tätig

Niemand kann ernsthaft vorhersagen, wo der Dax, die Zinsen oder der Euro am Ende dieses Jahres stehen werden. Alle, die es dennoch versuchen, ersetzen den Zufall durch den Irrtum. Für den langfristigen Anlageerfolg zählen ohnehin nicht die einzelnen Tipps, weshalb sollte ein Experte denn auch besser sein als – auf lange Sicht – der Markt? Nur den wenigsten gelingt es, den Markt mit aktivem Handeln dauerhaft zu schlagen. Wichtiger ist die große Linie: Eine strategische Asset Allokation aus Aktien, Immobilien, Gold und Cash/Anleihen kann nachhaltige Überrenditen erzielen.

Meine zehn Gedanken zum Gesamtbild 2017 sind sicher nicht konsensfähig, vielleicht auch zu pointiert. Aber das schöne an solchen – gern auch von den Großen der Anlageszene veröffentlichten – Listen ist, dass sie nicht in sich logisch konsistent sein müssen. Ich hoffe sogar, dass nicht gleich alle Top 10 gleichzeitig eintreffen – es sind ja nicht nur schöne Aussichten. Allerdings befürchte ich beinahe, dass die Quote schon bei über 50 Prozent liegen wird. Hier also nun meine Top 10 für 2017:

1. Die Deflation kehrt zurück

Zurzeit beginnt eine breite Diskussion über die Rückkehr der Inflation. Zum einen liegt das an der Hoffnung, die neue US-Regierung könnte mit ihren Maßnahmen die US-Wirtschaft beleben und die Inflationsrate nach oben treiben.

Zum anderen entfällt die preis­senkende Wirkung des tiefen Ölpreises. Da das Öl schon vor einem Jahr billig war, entfällt der sogenannte Basiseffekt. Deshalb ist es durchaus möglich, dass in den kommenden Monaten höhere Inflationsraten gemeldet werden.

Dies dürfte aber nur ein vorübergehendes Phänomen sein. Dafür sprechen viele Gründe: Der Anstieg der Zinsen führt zu einer Abschwächung der Wirtschaft, der starke US-Dollar erhöht den Druck auf die Emerging Markets, China muss die eigene Wirtschaft über Exporte stärken und die grundlegenden Probleme von schrumpfenden Erwerbsbevölkerungen sowie schwachem Produktivitätswachstum bleiben ungelöst. Im Herbst 2017 reden wir wieder von Deflation.

2. Die USA stürzen in die Rezession

Der Aufschwung der US-Wirtschaft ist – obwohl im historischen Vergleich schwach – schon sehr alt. Alles hängt am Konsumenten, der trotz geringer Lohnsteigerungen immer noch auf Schulden setzt. Höhere Zinsen und kurzfristig höhere Inflation belasten die Kaufkraft der Konsumenten und die Bilanzen der deutlich höher verschuldeten Unternehmen, die Kosten senken und Arbeits­plätze abbauen, um ihre Erträge trotz steigender Zinsen und starkem Dollars zu verteidigen. Die ohnehin niedrigen Investitionen gehen noch weiter zurück. Der Druck auf die neue US-Regierung, wie versprochen mit Protektionismus zu reagieren, wird zunehmen.

3. Der US-Dollar verliert

Nach einem mehrjährigen Aufschwung des US-Dollar-Index sind alle Marktbeobachter der Meinung, dies müsse so weitergehen. Alleine dies spricht für eine Trendwende oder zumindest eine Pause in der Entwicklung des US-Dollars.

Die Rezession in den USA und die damit verbundene Abkehr von Zinserhöhungen führen zu einer neuen Phase des Abwertungswettlaufs. Die USA wussten noch immer am besten, wie man das spielt. Der Euro wird daraufhin, allen Problemen der EU und der Eurozone zum Trotz, steigen und die Probleme in Europa verschärfen.

4. Gespaltenes Jahr für Anleihen

2017 kann man mit Anleihen wieder gut Geld verdienen. Nachdem im ersten Halbjahr die Zinsen auf 10-jährige US-Treasuries über 3 Prozent gestiegen sind, kommt es in der zweiten Jahres­hälfte zu einer massiven Rallye. Ende 2017 liegt der Zins dann bei 1,5 Prozent. Dies widerspiegelt die wirtschaftliche Abkühlung, die gestiegene Deflationsgefahr und den Versuch der Notenbanken, noch aggressiver die Wirtschaft zu beleben.

Doch nicht alle Anleihen profitieren. Anleihen von Schuldnern schlechter Bonität erleiden deutlichere Abschläge, der Risikozuschlag gegenüber sicheren Staats­anleihen nimmt wieder deutlich zu, ausgelöst durch die Rezession und zunehmende Zahlungsausfälle.

5. Verluste an den Börsen

Nach einem guten Jahresauftakt realisieren die Aktienmärkte rasch, dass sich eine wirtschaftliche Abkühlung andeutet. Die Märkte drehen nach unten, angeführt von den USA. Die zyklischen Werte werden gemieden, die Qualitätsaktien und Dividendenpapiere können sich relativ besser entwickeln. Dennoch stehen die Börsen Ende 2017 unter den Höchstständen vom Jahresbeginn.