Zehn Jahre nach dem Ende Nachruf auf die Dresdner Bank

Frankfurter Silberturm nach zu Dresdner-Bank-Zeiten:Der 10. April 2009 markierte das Ende als selbstständiges Institut.

Frankfurter Silberturm nach zu Dresdner-Bank-Zeiten:Der 10. April 2009 markierte das Ende als selbstständiges Institut. Foto: I don‘t worry / CC-BY-SA-3.0 Wikimedia Commons

Vor zehn Jahren wurde die Dresdner Bank in der Commerzbank restverwertet. Vom grünen Stolz, vom grünen Know-how blieb wenig sichtbares Grün übrig. Dass das Schicksal der Bank ausgerechnet auf dem Schlachthof der Commerzbank landete, hat einen ironischen Anklang: „Ausgerechnet die Commerzbank“ war oft zu hören.

Rückblende

Am 9. März 2000 traten Rolf E. Breuer, Vorstandssprecher der Deutschen Bank, gemeinsam mit Bernhard Walter, Vorstandssprecher der Dresdner Bank, vor die Presse. Die Fusion „Deutsche Dresdner“ wurde bekannt gegeben und erläutert. Das Wort „Due Diligence“ wurde von Breuer gefühlte hundertmal verwendet, um die betriebswirtschaftliche Logik der Fusion zu unterstreichen. Intern kommunizierte die Dresdner Bank, im Rahmen der Prüfung sei klar geworden, wie sehr man schon auf Augenhöhe war. Die ewige Nummer 2 hinter der Deutschen Bank hatte sie fast eingeholt. 

Was hat zu dieser Zeit den Wert einer Bank bestimmt? Das Investment Banking – ein bisschen das Asset Management. Das Privatkundengeschäft war ein Relikt der Neunziger. Die Beratung konnte kostensenkend zusammengelegt und industrialisiert werden. So haben sich auch damals die Londoner Kollegen aus dem Investment Banking der Deutschen Bank erfolgreich gegen den Deal gewehrt – Ihre Kollegen von Kleinwort Benson, der Tochter der Dresdner, wollten sie nicht unter ihr eigenes Dach lassen.

Kultureller Umbruch im Private Banking

Nur Monate nach der geplatzten Fusion wurde die Dresdner Bank in den Schoß der Allianz gelegt – noch ganz benommen von der Absage der großen Bankenhochzeit wurde jetzt die Allfinanz neu erfunden. Und hier begann im Private Banking, das nach dem Platzen der Dotcom-Blase plötzlich wieder wichtig war, ein kultureller Umbruch.

Die Beraterbank hatte schon immer Berater angestellt, geschult und gefördert. Berater, keine Verkäufer. Berater, die auch ein bisschen verkaufen konnten. Jetzt wurde es aber wichtig, vor allem zu verkaufen. Wie in jeder Bank verengte sich die Produktpalette, bei der Dresdner Bank wurde sie um Versicherungsprodukte ergänzt.

Die neue Königsdisziplin: eine Kombination, über die sich Allianz und Dresdner gleichermaßen freuen konnten – die Fondspolicen. Produkte, die schon damals mehr als fragwürdig waren. Wer in der Beraterschaft Fondspolicen verkaufte, belegte damit, dass er seinen Fahneneid auch als Verkäufer vertrat. Es gab Vertriebssitzungen, die kulturell an Strukturvertriebe erinnerten und in denen die Führungskräfte – damals nur teilweise durch junge Wilde ersetzt – sich sichtbar innerlich sträubten.

Überhaupt die jungen Wilden: Eine neue Gattung aus den Assessment Centern der Allianz-Kultur gelangte nach und nach in die Filial- und Regionalleitungen des Privatkundengeschäfts. Mit Erstaunen konnte man beobachten, wie nun eine vergleichsweise ruhige Filiale plötzlich in Vertriebsrankings ganz oben stand, indem mutwillig Anleihen in Investmentfonds, Aktien in Zertifikate und Fonds in Dachfonds gedreht wurden. Sogenannte Power Days wurden eingeführt, an denen man nur telefonierte und verkaufte. Die Kasse klingelte, die Kosten für diese Aktionen waren für Kunden damals noch vollkommen intransparent.

Wer als Hasardeur über zwei Jahre eine „frische“ Filiale so ausgenommen hatte, und dafür von den meisten anderen Führungskräften bewundert wurde, musste über einen Karrieresprung aufsteigen, damit er nicht für die Folgen seines Raubzugs verantwortlich gemacht werden konnte. Wer unter den Mitarbeitern nicht mitzog, wer also glaubte, bei der Beraterbank weiterhin nur Berater bleiben zu können, spürte den gleichen subtilen Druck, von dem heute immer noch aus der Bankenwelt berichtet wird. Für uns war er eben nur sehr neu – und kam plötzlich.