Nacubo-TIAA-Stiftungsstudie Deshalb bleibt der Investmentansatz großer US-Stiftungsfonds überlegen

Günter Jäger von Plexus Investments: „Mit der aktuellen Analyse haben die Autoren die Schwellenwerte deutlich angehoben. In der obersten Größenkategorie rangieren fortan nur noch Endowments mit mehr als fünf Milliarden Dollar Assets under Management.“

Günter Jäger von Plexus Investments: „Mit der aktuellen Analyse haben die Autoren die Schwellenwerte deutlich angehoben. In der obersten Größenkategorie rangieren fortan nur noch Endowments mit mehr als fünf Milliarden Dollar Assets under Management.“ Foto: Plexus Investments

Bereits zum 50. Mal hat die National Association of College and University Business Officers (Nacubo) den Investmentansatz und -erfolg nordamerikanischer Endowments analysiert. Nacubo ist der Verband der leitenden Verwaltungs- und Finanzangestellten von mehr als 1.700 Bildungseinrichtungen in den USA und Kanada. Die Studie gilt wegen ihrer Reichweite, Detailtiefe und Historie als wichtigste Analyse ihrer Art. In der jüngst veröffentlichten Studie erfassten die Autoren 688 Stiftungen mit 839 Milliarden US-Dollar an verwaltetem Vermögen. Unter den Top 5 per Ende Juni 2023 sind die Stiftungsfonds der Universitäten:

  • Harvard University (49,5 Milliarden Dollar Stiftungsvermögen)
  • University of Texas System (45,0 Milliarden Dollar)
  • Yale University (40,7 Milliarden)
  • Stanford University (36,5 Milliarden)
  • Princeton University (34,1 Milliarden).

Einmal mehr sind die Ergebnisse für das nun betrachtete Geschäftsjahr 2023 (1. Juli 2022 bis 30. Juni 2023) aufschlussreich – bezüglich des kurzfristigen und des langfristigen Vergleichs.

Neue Größenkategorien infolge des Vermögenswachstums

Beispielsweise wird in der Studie deutlich, dass sich das Kapitalanlagespektrum, der Investmentansatz und die Investmentorganisation der Endowments seit der ersten Studienveröffentlichung im Jahr 1974 grundlegend verändert haben. Die wesentlichen Transformationstreiber waren

  • Professionalisierung der Finanzmärkte
  • umfassenderes Management-Knowhow
  • gestiegene Stiftungsvermögen

Letztere sind der Hauptgrund dafür, dass Nacubo die insgesamt sieben Endowment-Größenkategorien in der Studie angepasst hat. Ein Beispiel: Bis zur im vergangenen Jahr veröffentlichten Endowment-Studie für das Geschäftsjahr 2022 zählten Stiftungen mit mehr als einer Milliarde Dollar Anlagevermögen zur obersten Größenkategorie – und Endowments mit weniger als 25 Millionen Dollar Anlagevermögen zur untersten.

Mit der aktuellen Analyse haben die Autoren die Schwellenwerte deutlich angehoben. In der obersten Größenkategorie rangieren fortan nur noch Endowments mit mehr als fünf Milliarden Dollar Assets under Management (AuM) – und in der untersten Kategorie jene mit bis zu 50 Millionen Dollar Vermögen. Die Veränderungen machen die Vergleichbarkeit der aktuellen Studienergebnisse mit früheren Ergebnissen nicht leichter. Dennoch sind klare Tendenzen ableitbar.

Eine kurze Erinnerung an Yale, Harvard und Co. im Inflationsschockjahr 2022

Bevor wir die Entwicklung der Endowments im Geschäftsjahr 2023 betrachten, lohnt es, sich an das Geschäftsjahr 2022 (bis Ende Juni 2022) zu erinnern: Die US-Inflationsrate im Juni 2022 stieg auf 9,1 Prozent und damit auf den höchsten Stand seit 40 Jahren. Die US-Notenbank Fed erhöhte deshalb ihre Leitzinsen ebenfalls – und das in bis dato nie gesehenem Tempo, was zu herben Kursverlusten bei Aktien und Anleihen führte.

 

Anleihen versagten in dieser Phase als risikomindernde Portfoliodiversifikation, da sie vergleichsweise stark mit den Aktien korrelierten. Dann die Wende: In den darauffolgenden zwölf Monaten – bis Juni 2023 – erholten sich die Aktienmärkte deutlich und die Rentenmärkte stabilisierten sich.

Diese nahezu diametral verlaufenden Marktperioden prägten auch die Performance großer und kleiner Endowments. Im Geschäftsjahr 2022 konnten die größten Endowments – damals noch ab einer Milliarde Dollar Anlagevermögen – ihre Verluste auf durchschnittlich 4,5 Prozent begrenzen Die kleinsten Endowments – damals noch bis 25 Millionen Dollar Anlagevermögen – rutschten dagegen mit durchschnittlich 11,5 Prozent tiefer ins Minus. Noch schlechter lief es von Juli 2021 bis Juni 2022 für das klassische 70/30-Portfolio (70 Prozent Aktien und 30 Prozent Anleihen), das um 14,9 Prozent einbrach. Vor diesem Hintergrund war die Performance des Stiftungsfonds der Yale University mit einem absoluten Plus von 0,8 Prozent geradezu herausragend.

2023 war das Jahr der kleinsten Endowments

Und wie lief das Geschäftsjahr 2023 für die „Größten“ und „Kleinsten“? Genau umgekehrt! Die größten Stiftungsfonds – mit mehr als fünf Milliarden verwalteten Dollar – erzielten von Juli 2022 bis Juni 2023 im Schnitt lediglich 2,8 Prozent Wertzuwachs. Damit blieben sie deutlich hinter den kleinsten Stiftungen zurück, die im Schnitt ein Plus von 9,8 Prozent verbuchten. Doch damit nicht genug: Das klassische 70/30-Portfolio legte sogar 11,9 Prozent zu.

Der im Vorjahr noch herausragende Stiftungsfonds der Yale University kam im Geschäftsjahr 2023 gerade einmal auf 1,8 Prozent Wertzuwachs. Damit underperformte Yale auch im Vergleich der 688 analysierten Endowments deutlich: Alle Endowments zusammengenommen kamen im Geschäftsjahr 2023 auf durchschnittlich 7,7 Prozent Rendite. Allerdings rückt der Vergleich mit dem Geschäftsjahr 2022 das getrübte Bild für die Endowments wieder zurecht: Damals hatten die Endowments im Schnitt noch einen Verlust von 8,0 Prozent hinnehmen müssen.

Ursächlich für die immer wieder deutlichen Performanceunterschiede zwischen den kleinen und großen Endowments ist vor allem die strukturell unterschiedliche Vermögensallokation. So investieren kleinere Stiftungen einen klar höheren Anteil ihres Vermögens in börsennotierten Aktien und Anleihen, während die großen Endowments einen weitaus größeren Anteil in Private Markets, also nicht börsennotierte Anlagen wie zum Beispiel Private Equity, Private Debt und Immobilien anlegen.

Somit ist klar, dass die großen Endowments von den stark steigenden Aktienmärkten im Geschäftsjahr 2023 weniger profitierten als die kleinen Universitätsstiftungen. Beispiel S&P 500: Dieser relativ marktbreite US-Aktienindex stieg im Endowment-Geschäftsjahr 2023 um 17,6 Prozent (in den zwölf Monaten zuvor, von Juni 2021 bis Juli 2022, hatte er fast zwölf Prozent verloren). Allerdings war das Geschäftsjahr 2023 eine Ausnahme – sowohl im Vergleich zu 2022 als auch langfristig. Dies lenkt den Blick wieder auf die Bedeutung der Asset Allokation.

Unterschiedliche Vermögensallokation hat Folgen

Dass die strukturelle Vermögensallokation entscheidend für die Anlageperformance ist, ist längst allgemein anerkannt. Das Geschäftsjahr 2023 mit der Performance börsennotierter Aktien war ein Musterbeispiel für die kurzfristige Bedeutung. Doch schon im Dreijahrsvergleich ändert sich das Bild, denn während die kleinsten Endowments im Schnitt mit 7,3 Prozent rentierten, zeigten die größten Endowments eine Durchschnittsrendite von 12,2 Prozent und schlugen somit die kleinsten um fast 5 Prozent.

 

Langzeitvergleiche zeigen dasselbe Bild: So erzielten die größten Endowments (zur Erinnerung: ab der aktuellen Studie mit mehr als fünf Milliarden Dollar Vermögen) im 10-Jahres-Schnitt 9,1 Prozent Jahresrendite, während die Gesamtheit der 688 untersuchten Endowments im Schnitt „nur“ 7,2 Prozent erzielte. Die Kleinen kamen auf 6,5 Prozent pro Jahr – also etwa 2,6 Prozent weniger als die größten Endowments. 

Im langfristigen Zeitverlauf starke Verlagerungen hin zu Alternatives

Ebenfalls interessant: Im langfristigen Vergleich ist die Vermögensaufteilung kaum wiederzuerkennen. Auch hierzu ein Beispiel: Die Allokation in festverzinsliche Wertpapiere betrug in den 1980er Jahren zeitweise im dollargewichteten Durchschnitt mehr als 30 Prozent – seither ist sie stark gesunken: Im Jahr 2017 (im „Zinstal“) hatten Anleihen (inklusive Private Debt und Liquidität) mit deutlich unter zehn Prozent Anteil am Endowment-Vermögen ihr bisheriges Tief erreicht. Mittlerweile liegt die Quote im Schnitt wieder bei etwas mehr als zehn Prozent – doch auch dies ist nur ein Drittel der 1980er Jahre.

Genau entgegengesetzt verlief der Trend bei alternativen Strategien: Deren Anteil an den gesamten Vermögenswerten lag noch in den 1990er Jahren zeitweise deutlich unter zehn Prozent. Ab der Jahrtausendwende stieg der Anteil kräftig. In den vergangenen zehn Jahren und heute lag und liegt der Alternatives-Anteil im dollargewichteten Schnitt bei mehr als 50 Prozent.  

Das bedeutet, dass bei den von den Nabuco-Analysten untersuchten 688 Endowments die alternative Anlagestrategien im Jahr 2023 die gewichtigste Allokation ausmachten. Ein Detailbeispiele: Die Allokation in Private Equity betrug im Schnitt 29,1 Prozent (inklusive 11,9 Prozent Venture Capital) oder aber in Hedge Fonds 16,0 Prozent. Bei den börsennotierten Aktien war die größte Allokation mit 12,5 Prozent in US-Aktien zu finden. Von den anderen zweistelligen Allokationen entfielen 11,2 Prozent auf Realwerte wie Rohstoffe und Immobilien.

Angaben in Prozent (USD-gewichtet); Quelle: Nacubo 2024, visualisiert von Plexus Investments

Die Investment-Organisation hat sich mit den Märkten weiterentwickelt

Nicht nur die Vermögensaufteilung hat sich verändert, sondern auch der organisatorische Rahmen: Zu den wichtigsten Entwicklungen der vergangenen 50 Jahre gehört die zunehmende Beauftragung von Dienstleistungen externer Investmentberater – bis hin zum externen Chief Investment Officer (Outsourced Chief Investment Officer, OCIO). Das heute etablierte OCIO-Konzept entstand in den späten 1980er Jahren – als Chance für Organisationen, die Wissen und Kapazitäten für die Vermögensverwaltung in einem sich schnell verändernden Kapitalmarktumfeld benötigten, aber keinen internen Anlagestab beziehungsweise Chief Investment Officer unterhalten wollten. Hinzu kommt: Alternative Anlagestrategien effektiv zu verwalten, erfordert deutlich mehr Zeit, Fachwissen und Erfahrung als die Verwaltung klassischer Aktien-Anleihen-Portfolios.  

Zusätzlich attraktiv wurde das OCIO-Modell nach der globalen Finanzkrise von 2007 bis 2009, insbesondere bei kleineren und mittelgroßen Stiftungen. Nutzten im Geschäftsjahr 2010 erst 34 Prozent aller Stiftungen das OCIO-Modell, lag der Anteil im Geschäftsjahr 2023 bei 46 Prozent. Allerdings: Nur 14 Prozent der größten Stiftungen nutzen das OCIO-Modell. Sie setzen mehr auf interne Ressourcen. Immerhin 45 Prozent greifen auf einen Berater zurück.

Performance-Sorgen verursachen Vorbehalte gegenüber Nachhaltigkeit

Eine weitere relevante Entwicklung ist nachhaltiges Investieren. Zwar nehmen entsprechende Praktiken seit einiger Zeit auch in den USA zu. Allerdings verzichten 65,4 Prozent der für die aktuelle Nabuco-Endowment-Studie analysierten Stiftungen bislang auf harte Kriterien für im ESG-Sinne nachhaltiges Investieren. Bei der Selektion externer Manager berücksichtigen 51 Prozent der Stiftungen Nachhaltigkeitsaspekte – das sind jedoch 1,3 Prozentpunkte weniger als im Vorjahr. Danach befragt, warum sie keine ESG-Ansätze, ESG-bedingte Ausschlüsse oder Impact Investing umsetzen, nannten 28,2 Prozent der Endowments Bedenken hinsichtlich potenziell negativer Auswirkungen auf die Investment Performance. Langfristig ist die Bilanz des Endowment-Ansatzes lohnend erfolgreich

Fazit: Anleger können aus der Studie folgende Schlussfolgerungen ableiten.

  • Kleine Endowments sind aufgrund ihrer Portfoliozusammenstellung einem 70/30-Portfolio sehr ähnlich und haben über die vergangenen zehn Jahre vergleichbare Renditen erzieht (durchschnittlich 6,5 Prozent bei den kleinen Endowments gegenüber 6,7 Prozent bei einem 70/30-Portfolio).
  • Alle 688 untersuchten Endowments zusammengenommen schnitten im 10-Jahres-Zeitraum um durchschnittlich 0,5 Prozent pro Jahr besser ab als das 70/30-Portfolio. Vor allem waren sie in Krisensituationen – diversifikationsbedingt – besser positioniert. So lagen sie im Geschäftsjahr 2022 mit minus 8,0 Prozent deutlich besser als ein 70/30-Portfolio mit minus 14,9 Prozent. Auch über die zwei vergangenen Geschäftsjahre hinweg – also 2022 und 2023 – schlug ein durchschnittliches nordamerikanisches Endowment das 70/30-Portfolio: in diesem Zeitraum um 2,0 Prozent (minus 0,4 Prozent vs. minus 2,4 Prozent).
 
  • Die größten Endowments konnten das 70/30-Portfolio im 10-Jahres-Vergleich deutlicher schlagen: mit 9,1 Prozent durchschnittlicher Jahresrendite gegenüber 6,7 Prozent. Auch der Stiftungsfonds der Yale University zeigt mit seiner Performance, wie erfolgreich der Endowment-Ansatz sein kann: Der Yale-Fonds schlug das 70/30-Portfolio über drei Jahre (12,9 Prozent gegenüber 6,4 Prozent), fünf Jahre (10,2 Prozent gegenüber 6,0 Prozent) und zehn Jahre (10,9 Prozent gegenüber 6,7 Prozent). Dies entspricht einer langfristigen Outperformance von etwa vier Prozent pro Jahr – zudem war das Endowment robuster und krisensicherer als ein traditionelles Portfolio.

Zusammenfassend bedeutet dies: Investoren können mit breiten Multi-Asset-Ansätzen nicht nur die Portfoliovolatilität relevant reduzieren, sondern auch langfristig höhere Renditen als mit reinen Aktien-Anleihen-Portfolios erwirtschaften. Dabei profitieren sie von Diversifikationsvorteilen durch Investments auf privaten Märkten und der Vereinnahmung alternativer Ertragsquellen wie Komplexitäts- und Illiquiditätsprämien.

Ein „Free Lunch“ sind aber auch diese Renditebringer nicht – sie erfordern eine sorgfältige Selektion geeigneter Strategien und Manager. Denn gerade an den Privatmärkten sind die Qualitätsunterschiede zwischen durchschnittlichen, guten und sehr guten Asset Managern oftmals groß und entscheidend.

Über den Gastautor:

Günter Jäger hat Plexus Investments im Jahr 2006 gegründet. Davor leitete er bei der LGT Capital Management das Portfolio-Management des Fürstlichen Portfolios und der Multimanager-Produkte. Ursprünglich kommt er aus dem Risikocontrolling. Der studierte Wirtschaftswissenschaftler ist unter anderem Chartered Alternative Investment Analyst (CAIA), Certified Financial Risk Manager (FRM) und Certified International Wealth Manager (CIWM). Seit mehr als 20 Jahren investiert er für vermögende Mandanten nach dem Endowment-Ansatz.

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