private banking magazin: Sie sind davon überzeugt, dass Kryptowährungen in die Vermögensverwaltung gehören. Warum?
Andy Flury: Bitcoin und Co. sind zu einer etablierten Assetklasse geworden und im Mainstream angekommen. Die Kurshistorie und die Datenlage erlauben es institutionellen Investoren, diese genauso zu analysieren und die Risiken entsprechend zu managen, wie bei allen anderen Assetklassen auch. Gleichzeitig fragen immer mehr Privatanleger bei ihren Banken eine sichere und komfortable Verwahrung an.
Wie hat sich die Einstellung gegenüber Kryptowährungen, NFTs und Co. in der Branche der institutionellen Investoren und Vermögensverwalter in den vergangenen Jahren geändert?
Flury: Am Anfang überwog die Abneigung institutioneller Anleger gegenüber Bitcoin. Es war fremd, es war wild, es war ungezügelt. Kryptowährungen wurden erst lächerlich gemacht und dann aktiv bekämpft. Das ist auch kein Wunder, denn klassischerweise werden Finanzinstrumente in einer ersten Phase von und für institutionelle Anleger entwickelt. Erst später erfolgt die Adoption durch Privatanleger. Im Kryptomarkt lief die Entwicklung andersrum. Es waren zuerst Computernerds, die Bitcoin als dezentrale Währung entdeckt haben und so das etablierte Finanzsystem herausforderten. Dann folgten die ersten mutigen Privatanleger. All das wurde als Angriff auf die klassische Finanzwelt gesehen. Und nun, 15 Jahre später, werden Krypto-Assets immer stärker reguliert und in das bestehende Finanzsystem integriert. Mit dieser regulatorischen Sicherheit im Rücken können nun institutionelle Anleger und Banken Krypto-Assets in ihr Produktportfolio aufnehmen.
Welche Hoffnungen äußern Ihre Kunden in Bezug auf digitale Assets und Kryptowährungen?
Flury: Banken möchten ein Stück vom Krypto-Kuchen abhaben. Sie sehen, dass viel neues Geschäft schlicht und ergreifend an ihnen vorbeiläuft und sich ein eigenes hoch profitables Krypto-Ökosystem herausgebildet hat. Mit der fortschreitenden Regulierung können sie nun diesen neuen Markt anbinden und ihren Kunden auch den Handel mit Krypto-Assets anbieten und so das bestehende Kundenpotential ihres Hauses ausschöpfen. Bitcoin wird so zu einer interessanten Ertragsquelle der etablierten Finanzbranche.
Und welche Bedenken äußern sie?
Flury: Die Zeit der Bedenkenträger ist vorbei. Wir müssen nicht mehr überzeugen. Es ist nun auch in der Bankenwelt angekommen, dass Bitcoin gekommen ist, um zu bleiben. Es tun sich völlig neuartige Geschäftsmodelle in der Finanzbranche auf. Unsere Gespräche mit Bankenvertretern drehen sich darum, die Besonderheiten des Kryptohandels abzudecken und wir diskutieren mit unseren Bankpartnern auf operativer Ebene die beste rechtskonforme Lösung.
Werden Kryptowährungen weiterhin so rasant im Wert steigen wie in den vergangenen Jahren?
Flury: Niemand kann Märkte prognostizieren. Wer es dennoch tut, lügt schlicht und ergreifend. Grundsätzlich sind die Tausenden von Krypto-Assets nicht miteinander vergleichbar. Insofern kann man keine Pauschalaussagen tätigen. Die Adoption von Bitcoin als Leitkrypto ist aber noch lange nicht abgeschlossen. Ganz im Gegenteil, wir stehen da immer noch am Anfang einer Entwicklung. Das Angebot an Bitcoin ist begrenzt und die Nachfrage steigt stetig. Wenn Anleger nur 1 bis 3 Prozent Bitcoin ihrem Portfolio beimischen, werden wir ganz andere Kurse sehen. Wenn die These des digitalen Goldersatzes im Fall von Bitcoin stimmt, ist noch viel Luft nach oben. Wenn die These der globalen Zahlungsmittel stimmt, ist noch mehr Luft nach oben.
Über den Interviewten:
Andy Flury ist Vorstand des Kryptodienstleisters Wyden, der Finanzdienstleistern ermöglicht, Kryptowährungen rechtskonform für sich selbst und ihre Kunden zu handeln. Wydens Order- und Execution Management-Plattform (OEMS) deckt den gesamten Handelszyklus ab und unterstützt die Integration von Verwahrungs-, Kernbanken- und Portfoliomanagement-Systemen.