Wolfram Gerdes „Fast alle unsere Mandate sind aktiv gemanagt“

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Und ist die Volatilitäts-Risikoprämie aus Ihrer Sicht nachhaltig?

Gerdes:
Bei der Volatilitäts-Risikoprämie ist der Gedanke der, dass die gehandelte Volatilität, die ihren Niederschlag in den Preisen von Optionen findet, in aller Regel höher ist als diejenige, die der Markt realisiert. Das schafft Gelegenheiten für Produktentwickler. Die Erkenntnis ist letztlich alt: Volatilität sollte man normalerweise verkaufen und nicht kaufen. Das macht auch ein Investor, der Aktien kauft, wenn sie steigen, und verkauft, wenn sie fallen. Dies kann noch akzentuiert werden, das heißt, es können Produkte kreiert werden, die direkter darauf zugreifen. Das funktioniert seit vielen Jahren gut und scheint die Vermutung zu bestätigen, dass Optionen immer zu teuer sind und man sie verkaufen sollte.

Derzeit herrscht große Unsicherheit an den Kapitalmärkten. Die Welt präsentiert sich in einer kaum zu durchdringenden Komplexität, der Modelle offenbar nicht mehr gerecht werden. Wie wirkt sich das auf die Kapitalanlage aus?

Gerdes:
Am Ende ist die Frage entscheidend: Was kann ein Unternehmen an Wert generieren? In dieser Hinsicht hat sich die Welt in den vergangenen Jahrzehnten nicht verändert. Verändert hat sich die Beschäftigung mit Risiko durch die hohen Schwankungen. Heute wird – technologiegetrieben – viel schneller gehandelt als vor 20 Jahren. Das macht die Märkte volatiler, auch wenn die Welt nicht unbedingt riskanter geworden ist. Es geht heute viel mehr darum, Preisschwankungen zu beherrschen. Außerdem spielen Themen wie Verpackung und Regulierung eine zunehmend größere Rolle, weniger die Anlagethemen. Die gesellschaftliche Aufgabe, dass Kapital dahin zu leiten, wo es nützlich ist, ist schwieriger geworden. Wir bemühen uns aber, uns möglichst viel Zeit freizuschaufeln für dieses Kernthema.

Wo sehen Sie die Kapitalmärkte in zwei oder drei Jahren?

Gerdes:
Mittlerweile geht es seit sieben Jahren aufwärts, das ist sehr lange. Krisenszenarien etwa durch Terror sind wahrscheinlich schon in den Kursen enthalten, echte Krisen kommen unerwartet. Ausgelöst werden könnte die nächste Krise durch zu schnelle Leitzinserhöhungen. Da im Gegensatz zu früher eine Flucht in sichere Staatsanleihen nicht mehr möglich ist, könnte das ziemlich unangenehm werden. Ich bin mir sicher, dass ich das in meinem Berufsleben noch erleben werde.

Herr Gerdes, wir danken Ihnen für das Gespräch.

Das Interview wurde dem private banking magazin von Lupus alpha zur Verfügung gestellt. Das Gespräch mit Wolfram Gerdes haben Ralf Lochmüller und Dr. Markus Zuber geführt.

 

Über den Interviewten:

Wolfram Gerdes ist seit November 2011 für KZVK und VKPB als Mitglied des Vorstandes für Kapitalanlagen und Finanzen zuständig. Zuvor war er Vorstand für Kapitalanlagen bei der Württembergischen Versicherung sowie Geschäftsführer bei cominvest Asset Management und Allianz/PIMCO Asset Management und beriet Unternehmen. Gerdes promovierte im Fach Mathematik am Massachusetts Institute of Technology (MIT), vor seinem Wechsel in die Finanzwirtschaft war er mehrere Jahre Professor an der Brandeis University in den USA. 2013 wurde die KZVK von „portfolio institutionell“ als „Beste Pensionskasse/Zusatzversorgungskasse“ ausgezeichnet, die VKPB als „Bestes Versorgungswerk“.

 

Über KZVK und VKPB:

Die Kirchliche Zusatzversorgungskasse Rheinland-Westfalen (KZVK) ist eine Altersversorgungseinrichtung der Evangelischen Kirche mit Sitz in Dortmund. Sie gewährt privatrechtlich beschäftigten Mitarbeitern von kirchlichen und diakonischen Arbeitgebern eine betriebliche Zusatzrente im Alter, bei Erwerbsminderung und für Hinterbliebene. Die VKPB ist die Versorgungskasse für Pfarrer und Kirchenbeamte der Evangelischen Kirche im Rheinland, der Evangelischen Kirche von Westfalen und der Lippischen Landeskirche. Rechtlich gesehen sind KZVK und VKPB zwei Kassen, werden aber wie ein Unternehmen geführt, mit einer Anlagepolitik. 

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