Wolfram Gerdes „Fast alle unsere Mandate sind aktiv gemanagt“

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Mit einem Drittel der Aktienanlagen in Asien und den Schwellenländern sind Sie durchaus stark exponiert. Was müsste noch passieren, bis Sie in Industrieländer umschichten?

Gerdes:
Auf der einen Seite ist ohne Zweifel Emerging Markets zurzeit der am schlechtesten laufende Aktienbereich. Ich sehe in der Tat viele Risiken. Auf der anderen Seite sind Emerging Markets aktuell die mit Abstand billigsten Märkte, viel Negatives ist schon in den Preisen enthalten. Wir glauben, dass das Chance-Risiko-Verhältnis mittelfristig günstig ist, was nicht heißt, dass die nächsten Monate nicht noch unangenehm werden könnten.

Wie Sie wissen, schlägt unser Herz für aktives Management. Wie stehen Sie zum Thema aktive versus passive Geldanlagen?

Gerdes:
Wir sind offenbar Dinosaurier, fast alle unsere Mandate sind aktiv gemanagt. Das ist keine Dogmatik, vielmehr Pragmatismus: Ich bin davon überzeugt, dass sich aktives Management lohnt, dass es Sinn macht, sich aktiv Gedanken über die Geldanlage zu machen. Bei uns bleibt nach Kosten durchaus etwas hängen. Uns gelingt es, auch nach Kosten, den Markt zu schlagen, wenn auch nur moderat. Für ein großes Anlageportfolio lohnt sich ein Mehr von 20 Basispunkten aber.
Was ist Ihr Erfolgsrezept beim aktiven Management?

Gerdes:
Ein Patentrezept bezüglich der Auswahl von Managern habe ich nicht. Ich habe aber in den vielen Jahren in der Branche die Beobachtung gemacht, dass erfolgreiche Manager immer wieder die gleiche Eigenschaft haben: Sie müssen Überzeugungstäter sein. Erfolgreiche Portfolio-Manager leiden mit, wenn etwas schiefläuft, sie identifizieren sich voll und ganz mit ihrem Produkt, sie müssen für ihre Sache brennen. 50 % macht die Persönlichkeit des Portfolio-Managers aus, 50 % die Organisation. Das versuchen wir zu berücksichtigen bei der Auswahl unserer Fondsmanager.

Lassen Sie uns über alternative Anlageformen sprechen. Wie stehen Sie zu alternativen Risikoprämien?

Gerdes:
Es gibt eine Reihe von Dingen, die gut funktionieren. Angefangen hat das mit der Risikoprämie für den Aktienmarkt, andere Quellen sind Value, Small Caps, Momentum. Manche Risikoprämien sind umstrittener, etwa die Illiquiditätsprämie für Private Equity. Wir sind der Überzeugung, dass Private Equity eine Prämie von 2 % gegenüber Aktien bringt. Qualität könnte als fünfte Prämie genannt werden.

Wie denken Sie über Minimum Variance-Ansätze? Eigentlich sollte ein höheres Risiko ja entlohnt werden.

Gerdes:
Minimum Variance funktioniert zumindest temporär, auch wenn dies im Rahmen der Modernen Portfoliotheorie nicht bewiesen werden kann. In der Tat hieß es früher: mehr Risiko, mehr Ertrag. Schaut man sich aber die vergangenen 40 oder 50 Jahre an, zeigt sich, dass das nicht stimmt. So ist die Volatilität im Nasdaq viel höher als im S&P 500, über lange Zeiträume müsste sich der NASDAQ also viel besser entwickelt haben, was nicht der Fall ist. Risiko wird also nicht immer adäquat vergütet.