private banking magazin: Viele Banken im Private Wealth Management führen ihre niedrigen Gewinnmargen auf die durch die Regulierung erhöhten Kosten zurück. Ist das die ganze Wahrheit?
Wolfgang Reittinger: Es stimmt, dass im Private Wealth Management schon seit einiger Zeit der Kostenblock für die Banken steigt. Anteil daran haben auch die zahlreichen Regulierungen. Gleichzeitig macht sich die Branche mit dieser Schuldzuweisung das Leben etwas leicht. Teilweise wird das Argument auch politisch verwendet. Die andere Hälfte der Wahrheit ist, dass die Personalkosten enorm gestiegen sind. Die Branche erlebte von Ende der Neunziger bis zur Finanzkrise einen regelrechten Boom. Erst entdeckten die Geschäftsbanken dieses Kundenfeld für sich, dass zuvor von den klassischen Privatbanken bedient worden war. Später kamen die Sparkassen und Genossenschaftsbanken hinzu.
War das nicht gut fürs Private Wealth Management in Deutschland? Es heißt doch: Konkurrenz belebt das Geschäft.
Reittinger: Das mag sein, aber zunächst führte es dazu, dass die Institute bei der Konkurrenz scharenweise ganze Teams abgeworben haben. Um diese zu locken, wurden entsprechend hohe Angebote gemacht. Folge dessen sind die heutigen hohen Gehälter und Personalkosten. Die Gehälter in der Branche dürften sicherlich um 50 Prozent oder mehr gestiegen sein – und das in nur zehn Jahren.
Und jetzt auch noch das Niedrigzinsumfeld mit all seinen Folgen.
Reittinger: Genau. Zum höheren Kostendruck durch die Personalaufwendungen kamen dann in den vergangenen Jahren gesunkene Verdienstmöglichkeiten hinzu. Durch die stärkere Unsicherheit an den Märkten sind viele Kunden, auch im Private Wealth Management, viel vorsichtiger als früher und handeln entsprechend weniger; insbesondere mit margenstarken Papieren wie zum Beispiel Zertifikaten. Auch wurde auf Bankenseite der Verkaufsprozess schwieriger. Letztlich wurde dadurch weniger Umsatz erzielt. Zudem hat die Regulierung dazu geführt, dass einige Produkte so nicht mehr angeboten werden dürfen. Insgesamt ist die Gewinnmarge durch Einflüsse auf Ertrags- als auch Kostenseite deutlich gesunken.
Wen aus der Branche trifft es am meisten?
Reittinger: Während sich früher große und kleiner Häuser im Private Wealth Management geradezu anstrengen musste, um kein Geld zu verdienen, befinden sich heutzutage vor allem kleinere Banken unter Druck. Die können wie zum Beispiel Merck Finck & Co. sogar sehr gute Geschäftsmodelle haben, allein die Größe der betreuten Kundenvermögen stellt die Institute aber vor große Probleme. Auch Hauck & Aufhäuser ist so ein Fall.
Läuft im Private Wealth Management letztlich alles auf die großen Anbieter hinaus?
Reittinger: Deutsche Bank, Commerzbank und Hypovereinsbank, kurz HVB, haben sicherlich Vorteile durch ihre schiere Größe, das Filialnetz, den Angebotsumfang und die Bekanntheit ihrer Marke. Gerade die Faktoren, flächendeckend aktiv zu sein und über eine riesige Anzahl an bestehenden Kundenbeziehungen zu verfügen, darf man nicht unterschätzen. Bei der Commerzbank oder der HVB würde man nicht als erstes an einen Private-Wealth-Management-Anbieter denken. Für mich sind das aufgrund der genannten Faktoren aber Hidden Champions. Ihr Potential ist vergleichsweise groß.
Was ist mit den klassischen Privatbanken?
Reittinger: Nehmen Sie den Fall der Berenberg Bank. Sie hat vor nicht allzu langer Zeit verkündet, dass man sich auf Kunden ab einer Million Euro konzentrieren will. Das ist im Grundsatz positiv zu werten, da es sich nüchtern betrachtet um eine klare Zielgruppenstrategie handelt, die einem kaufmännischen Zweck dient. Einen anderen Weg scheint das Bankhaus Metzler zu gehen, bei dem der Fokus auf einem schlanken Wertpapierangebot und einer Einzeltitel-Vermögensverwaltung liegt. Ob solche Strategien am Ende dauerhaft erfolgreich sind, wird sich zeigen.
Ist der regionale Fokus eine zielführende Herangehensweise?
Reittinger: Wenn man auf die horrenden Kosten schaut, die ein Filialnetz mit sich bringen, dann ja. Erfolgreiche Beispiele sieht man vor allem bei einigen Vermögensverwaltern – also keine Bankhäuser als solche –, die sich in einer Region etabliert haben. Zu nennen wären da die Münchner Häuser Döttinger/Straubinger und Hartz, Regehr & Partner. Da gibt es viele weitere Beispiele. Bankgründungen mit regionalem Fokus gibt es hingegen kaum. Ein Beispiel der jüngeren Zeit ist das Bankhaus Herzogpark aus München. Das ist aber die Ausnahme. Wenn wir von Trends sprechen, muss man sagen, dass bei den meisten eine Fokussierung auf die eigenen Stärken stattfindet und schwächelnde Theme reduziert werden – siehe das Refokussierunsthema bei der Berenberg Bank..
Wird die Konsolidierung im deutschen Markt generell fortschreiten?
Reittinger: Absolut. Ich würde mich nicht wundern, wenn weitere, insbesondere kleine Banken ihre Eigenständigkeit verlieren würden. Sei es, dass sie aufgekauft werden und ihre Unabhängigkeit verlieren, oder gar in einer Eine-Marke-Strategie aufgehen. Auch ist vorstellbar, dass weitere internationale Institute dem Beispiel der Credit Suisse und LGT folgen werden und sich aus Deutschland zurückziehen. Ich glaube, dass wir das Ende der Konsolidierungsphase jedenfalls noch nicht erreicht haben. Auch wird die neue Normalität an den Kapitalmärkten noch abseits der Produktseite für einigen Anpassungsdruck sorgen.
Das müssen Sie erklären.
Reittinger: Im Private Wealth Management müssen die Anbieter den Kunden zunehmend ihren Mehrwert aufzeigen. Vor allem im aktuellen Marktumfeld ist es ungemein schwierig, die Kunden allein über das Wertpapiergeschäft zufrieden zu stellen. Eine Outperformance zu erzielen ist weitaus komplizierter geworden als früher.
Wolfgang Reittinger im Gespräch „Das Wealth Management von Commerzbank und HVB sind Hidden Champions“
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