Gesellschaftlicher Wandel, politischer Einfluss und mehr Diese Investmentvorteile birgt der Markt für Mietimmobilien in der Apac-Region

Headphones
Artikel hören
Gesellschaftlicher Wandel, politischer Einfluss und mehr
Diese Investmentvorteile birgt der Markt für Mietimmobilien in der Apac-Region
Die Audioversion dieses Artikels wurde künstlich erzeugt.
Regina Lim

Regina Lim von M&G Real Estate: „Mehrfamilienhäuser von institutionellen Eigentümern machen in den USA, dem größten Markt der Welt, rund 40 Prozent des Mietwohnungsmarktes aus. Im Apac-Raum hat derzeit nur Japan einen großen und liquiden Markt für Mehrfamilienhäuser.“ Foto: M&G

Die Stadtbevölkerung im asiatisch-pazifischen Raum (Apac) hat sich in den vergangenen 15 Jahren verdoppelt. Mittlerweile lebt hier mit rund 2,2 Milliarden Menschen die Hälfte aller Städter weltweit. Die Vereinten Nationen erwarten, dass diese Zahl bis zum Jahr 2050 um weitere 50 Prozent zunehmen. Das treibt die Nachfrage nach ohnehin schon teuren Mietwohnungen in den Ballungszentren. Wohnimmobilien etablieren sich also in der Apac-Region als chancenreiche Anlageklasse.  Sich wandelnde Marktdynamiken und die Zinsentwicklung tragen dazu noch bei.

Mehr Zuwanderung, kleinere Haushaltsgrößen

Nach der Pandemie bemühen sich Regierungen der Apac-Staaten noch intensiver darum, internationale Arbeitskräfte und Studierende in die Region zu holen. Sie sollen dabei helfen, die Wirtschaft wieder anzukurbeln und den Arbeitskräftemangel zu beheben. Allein Australien hat in diesem Jahr seine jährliche Obergrenze für die dauerhafte Einwanderung um mehr als 20 Prozent auf 195.000 erhöht, um qualifizierte Fachkräfte für die Bereiche Gesundheit, Bildung, Ingenieurwesen und Landwirtschaft zu gewinnen.

Die Zahl der internationalen Studierenden war in Australien und Südkorea in den fünf Jahren vor der Pandemie stetig um 10-15 Prozent jährlich gestiegen. Auch jetzt geht sie wieder deutlich nach oben, denn der Wohlstand, beispielsweise bei chinesischen oder indischen Eltern, wächst, und Bildung erhält einen immer höheren Stellenwert.

In Japan und Südkorea steigt außerdem die Zahl der Ein- und Zweipersonenhaushalte (siehe Grafik), denn bei steigender Lebenserwartung werden weniger Ehen geschlossen und außerdem mehr geschieden.

Um diesen Trends gerecht zu werden und mehr und dazu auch erschwinglichen Wohnraum zu schaffen, mussten einige Hindernisse beseitigt werden. In einigen Fällen standen Planungsauflagen oder eine schleppende Bereitstellung von Grundstücken dem Bau neuer Wohnungen im Weg. In anderen Städten ließ die hohe Nachfrage die Preise in die Höhe schießen. In Australien war das Angebot stets höher als die Nachfrage. Aktuell stehen dort weniger Wohnungen leer als vor der Pandemie (siehe Grafik).

 

Das Korea Real Estate Board hat im Juni berechnet, dass die Hauspreise in Südkoreas Hauptstadt Seoul zwischen 2018 und 2021 aufgrund der niedrigen Hypothekenzinsen und der reichlich vorhandenen Marktliquidität um fast 70 Prozent nach oben gegangen sind. In Australien, Japan und Südkorea benötigen Käufer heute zehn bis 15 Jahreseinkommen, um ein Haus zu erwerben.

Die Folge gestiegener Hypothekenzinsen ist, dass Wohnungen noch weniger erschwinglich werden. Daher ist das Mieten einer Wohnung oft günstiger als der Kauf, insbesondere für junge Berufstätige, die am Anfang ihrer Karriere stehen. Die Durchschnittsmiete für Wohnungen in Mehrfamilienhäusern in Japan und Südkorea beträgt 20-25 Prozent des durchschnittlichen Monatslohns, verglichen mit 40-50 Prozent des Monatseinkommens, die man aufwenden muss, um eine Hypothek zu bedienen, so aktuelle Daten der Ministerien für Land, Infrastruktur und Transport (Japan: MLIT, Korea: MOLIT). 

Einstellung zum Eigentum ändert sich

Historisch gesehen leben die Menschen in Asien lieber in Wohneigentum. Allerdings ist der Anteil der Mieter in den letzten zehn Jahren stetig gestiegen. Offiziellen Statistiken zufolge, wohnen in Japan und Südkorea inzwischen mehr als die Hälfte aller Haushalte zur Miete, anstatt ein Haus oder eine Wohnung zu kaufen. Beispielhaft dafür sind die Erhebungen des Ministeriums für Land, Infrastruktur und Transport (Südkorea) und vom Ministerium für innere Angelegenheiten und Kommunikation (Japan). Das liegt einmal an den hohen Preisen, aber auch an einer veränderten Haltung: Da immer mehr Menschen alleinstehend sind und Paare kinderlos bleiben, ist es für viele nicht mehr so wichtig, Eigentum an einem festen Standort, beispielsweise in der Nähe einer Schule zu besitzen. Darüber hinaus ist es gerade bei der jüngeren Generation normal geworden, zur Miete zu wohnen.

Auch Regierungen denken um. Um das Wohnungsproblem in den Griff zu bekommen, haben Singapur, Hongkong, Australien und Südkorea in den letzten zehn Jahren die Stempelsteuer erhöht, die bei der Beurkundung von Dokumenten anfällt. So will man die Zahl der Vermieter, die in Wohnungen investieren, verringern und Preis-Eskalationen eindämmen. Abhängig vom Wohnsitz oder der Anzahl der Immobilien im Besitz eines einzelnen Eigentümers, kann diese Steuer beispielsweise in Singapur bis zu 65 Prozent betragen, in Hongkong bis zu 7,5 Prozent und in Sydney bis zu 15 Prozent

Um das Wachstum des Mietsektors zu fördern, hat die chinesische Regierung in den letzten fünf Jahren junge Familien ermutigt, eher zu mieten als zu kaufen. Seit 2017 wurden Hunderte von Standorten für Mietwohnungen ausgewiesen und über 200.000 Mehrfamilienhäuser geschaffen. In Südkorea wurden Ende 2015 Mietwohnungs-REITs eingeführt, um Investitionen des privaten Sektors in Mietwohnungen zu fördern. Die Mittel für wichtige Wohnungsbauprojekte im Rahmen öffentlich-privater Partnerschaften konnten so durch REITs getragen werden und nicht durch den Staat. Das Interesse institutioneller Anleger an dieser Investitionsmöglichkeit war groß, besonders weil die Risiken in Bezug auf mögliche Verwertbarkeit oder Leerstände als gering angesehen wurden.

Allein die politischen und steuerlichen Anreize, die in diesem Jahr initiiert wurden, machen deutlich, dass sich Mietwohnungen in den nächsten Jahrzehnten zu einem ausbaufähigen Sektor entwickeln könnten, der sich für institutionelle Investitionen eignet. Australien beispielsweise hat die Grund- und Quellensteuern gesenkt, um Build-to-Rent-Projekte (BTR) zu fördern. Nach unserer Einschätzung ist diese Maßnahme nahezu einzigartig im Apac-Raum.

Zu den wenigen Ausnahmen zählt ein Beispiel aus Shanghai, wo die Stadtregierung bestimmte Grundstücke für Mehrfamilien-/BTR-Projekte auswies, die hauptsächlich an staatliche Unternehmen verkauft wurden. Der Mindestpreis war dabei etwa 60-70 Prozent niedriger als bei Grundstücken, die für den Verkauf von Wohnungen vorgesehen waren.

Auch in Südkorea lässt sich eine Institutionalisierung des Mietwohnungssektors beobachten. Das traditionelle "Build-to-Sell"-Modell der Bauträger funktioniert nicht mehr, seit Mieter auf monatliche Zahlungen umsteigen, statt einmalig ein sogenanntes Jeonsei zu entrichten. Das ist ein pauschales Mietkautionssystem, bei dem in der Regel etwa 70-80 Prozent des Immobilienwerts hinterlegt werden müssen. Weniger Liquidität und höhere Darlehenszinsen schränken Einzelvermieter bei Wohnungskäufen stark ein.

 

Außerdem schätzen immer mehr Mieter die Vorteile institutioneller Eigentümer, die ihnen professionelle Hausverwaltung, rechtliche Absicherung und die Gewissheit bieten, dass das Mietverhältnis auf Wunsch verlängert werden kann. Das zeigt auch der Erfolg der in den letzten zwei Jahren in Seoul entwickelten neuen Wohnprojekte, wie etwa die SK D&D Episode oder die Mangrove Co-Living-Projekte, die über mehrere Standorte Seouls verteilt sind. Diese haben einen hohen Vermietungsgrad und erzielten Mieten über dem Marktniveau. Je mehr Mieter sich an diese veränderte Art zu Wohnen gewöhnen, desto mehr Investitionsmöglichkeiten für Mehrfamilienhäuser mit attraktiven Einnahmerenditen und einem langfristigen Wachstumspotenzial wird es geben.

Wir sind der Meinung, dass der institutionelle Mietwohnungssektor in der Apac-Region über ein erhebliches Wachstumspotenzial verfügt, insbesondere in aufstrebenden Märkten wie Australien und Südkorea. Im Vergleich: Mehrfamilienhäuser von institutionellen Eigentümern machen in den USA, dem größten Markt der Welt, rund 40 Prozent des Mietwohnungsmarktes aus.

Im asiatisch-pazifischen Raum hat derzeit nur Japan einen großen und liquiden Markt für Mehrfamilienhäuser. JLL schätzt, dass sich in diesem Land aktuell mehr als 95 Prozent des verfügbaren Mietwohnungsbestands der gesamten Apac-Region befinden.

Nach unseren Berechnungen werden Investitionen in Apac-Wohnimmobilien in den nächsten zehn Jahren um das 2,5-fache wachsen. Das wären etwa 12 –15 Prozent des gesamten Investitionsvolumens im asiatisch-pazifischen Raum. Dies wird den Wohnsektor in den nächsten zehn Jahren zu einer wichtigen, liquiden Anlageklasse werden lassen.

Über die Autorin:

Regina Lim verfügt über mehr als 20 Jahre Erfahrung in der Immobilienbranche. Bevor sie zu M&G Real Estate kam, war sie bei JLL Leiterin der strategischen Beratung und Kapitalmarktforschung im asiatisch-pazifischen Raum und in Südostasien. Vor dieser Zeit hatte sie verantwortungsvolle Positionen bei der Standard Chartered Bank, UBS und der (URA) inne.

Wie hat Ihnen der Artikel gefallen?

Danke für Ihre Bewertung
Leser bewerteten diesen Artikel durchschnittlich mit 0 Sternen