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Wirtschaftliche Folgen Was mit der Corona-Krise auf Schwellenländer zukommt

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Hohe Risiken in Argentinien und Südafrika

Unter den großen Schwellenländern und Frontier Markets bewerten wir derzeit vor allem  Argentinien kritisch. Begab das Land im Jahr 2017 eine von Investoren überzeichnete 100-jährige US-Dollar-Anleihe, musste es wenig später einen IWF-Rettungsplan in Höhe von 57 Milliarden US-Dollar in Anspruch nehmen – der größte Kredit, den die Institution jemals in nur wenigen Monaten stemmen musste. Und damit nicht genug: Argentinien benötigt darüber hinaus zusätzliche Hilfen vom IWF.

Auch Südafrika beurteilen wir vorsichtig. Dort haben sich die strukturellen Probleme durch die Corona-Krise noch verschärft: Die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen ist seit einiger Zeit in Frage gestellt, da die Haushalte durch die nun anfallenden Ausgaben und Transfers an staatliche Unternehmen ständig belastet werden. Diese Probleme können sich in Druck auf die Zahlungsbilanz verwandeln, wenn die Portfolioabflüsse sich verstärken.

Türkei unter Druck

Auch die Situation in der Türkei erscheint aufgrund der jüngsten Beschleunigung des Abbaus der Devisenreserven besorgniserregend. Das Land sieht sich jetzt mit Spitzenwerten bei der Rückzahlung seiner Auslandsschulden konfrontiert. Zusätzlich bleiben die Zuflüsse aus dem Tourismussektor aufgrund der Pandemie aus. Zwar ist die Staatsverschuldung der Türkei relativ niedrig, aber ihre öffentlichen Finanzen waren in den vergangenen zwei Jahren nach einer Währungskrise, einer Rezession und einer aggressiven, kreditgetriebenen wirtschaftlichen Erholung angespannt. Mit einer weiteren Rezession in diesem Jahr könnte die Türkei letztendlich ein Kandidat für die Unterstützung des IWF sein.

Sonderziehungsrechte als Lösung?

Dort und auch in anderen Ländern stellen sich nun die gleichen Fragen zum „Moral Hazard“ – und ob die Pandemie die Bilanz dieser Länder nachhaltig belasten könnte. Derzeit ist nicht klar ersichtlich, ob die gängige Praxis des IWF, mit Krediten einzuspringen, das richtige oder zumindest das einzige Instrument sein sollte. Eine Debatte über eine außerordentliche Zuteilung von Sonderziehungsrechten ist im Gange; diese waren zuletzt 2009 – als Teil der kollektiven Antwort auf die Rezession aufgrund der Finanzkrise – im Gespräch.

Diese Sonderziehungsrechte kommen einer „internationalen Währung“ am nächsten, sie werden den IWF-Mitgliedern entsprechend ihren Quoten zugeteilt und können von ihnen in „harte Währung“ umgewandelt werden, um beispielsweise dem Zahlungsbilanzdruck zu begegnen. Eine besondere Zuteilung von Sonderziehungsrechten entspräche durch die Umrechnung in harte Währung einer Mischung aus Geldschöpfung und gemeinschaftlicher Haftung zwischen fragilen und starken Volkswirtschaften. Ein solcher Schritt hängt jedoch von den Mitgliedern ab – und insbesondere von den USA, die beim IWF über ein Vetorecht verfügen.

Auch in diesen Fragen muss der richtige, verhältnismäßige Weg gefunden werden zwischen den Verfechtern einer harten Linie, die auf strikten Bedingungen für den Erhalt von IWF-Hilfen bestehen –  und denjenigen, die eine Krise der Schwellenländer zügig mit einer Geldschwemme lösen möchten und dafür bereit sind, gegebenenfalls auch Misswirtschaft in Kauf zu nehmen.

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