Verantwortliche des Bankhauses Bauer „Wir wollen über neue Beratungskonzepte wachsen“

Norbert Kistermann vom Bankhaus Bauer

Norbert Kistermann vom Bankhaus Bauer: Der Vorstandsvorsitzende will die Geschäftsstrategie im Private Banking nachschärfen Foto: Bankhaus Bauer

Vor fünf Jahren hat das Bankhaus Bauer nach einem Eigentümerwechsel das Private Banking neu aufgestellt. Wo stehen Sie heute?

Norbert Kistermann: Wir befinden uns seit der Übernahme durch unsere heutigen Gesellschafter im Jahr 2015 auf kontinuierlichem Wachstumskurs. Das von Essen aus betriebene Privatkundengeschäft hat daran einen wichtigen und bedeutenden Anteil. Von 2015 bis 2021 haben sich die Assets under Management von unter 200 auf mehr als 600 Millionen Euro verdreifacht. Auf dieses große Wachstum sind wir stolz, auch wenn sich die Wachstumsdynamik nach sehr starken Eröffnungserfolgen der Niederlassung Essen in den letzten Jahren naturgemäß konsolidiert hat.

Stefan Heddergott: Ich bin optimistisch, dass wir schon in diesem Jahr wieder an das Wachstumstempo vor der Pandemie anknüpfen können und werde mich hier entsprechend einbringen. Für die kommenden Jahre haben wir uns eine Expansion der Assets auf mehr als eine Milliarde Euro zum Ziel gesetzt. In den vergangenen Monaten haben wir unsere Geschäftsstrategie nachgeschärft, der zu Folge die Bank mit erweiterten Beratungskonzepten und einer adjustierten Kapitalallokation bereits in diesem Jahr noch stärker in ihren Zielmarkt eindringen wird. Wir sind uns sicher, hieraus additive Wachstumsimpulse zu generieren und damit an unser bisheriges überdurchschnittliches Wachstum anzuknüpfen.

Kistermann: Das ist wichtig zu betonen. Unser Bankhaus wird seine Energie zukünftig noch erkennbar stärker auf das Privatkundengeschäft und insbesondere auf das Thema Gesundheit ausrichten und die bisherigen Firmenkundenaktivitäten erkennbar zurückfahren. In diesem Zusammenhang sind wir froh, Stefan Heddergott für diese Aufgabe gewonnen zu haben. Er widmet sich auf Seiten des Vorstands dediziert der skizzierten Ausrichtung, also der fachlichen und vertrieblichen Konzeption ebenso wie ihrer strukturierten Umsetzung.

Ende 2020 hat das Bankhaus Bauer seinen Sitz von Stuttgart nach Essen verlegt. Was waren die Beweggründe?

Kistermann: Hintergrund hierfür war, dass wir eine deutlich größere Nähe zu unserem Gesellschafterkreis schaffen wollten, mit kurzen Wegen in jeder Hinsicht. Man darf diese Maßnahme aber nicht singulär betrachten, denn vielmehr bildet sie den Abschluss einer Entwicklung, die wir bereits vor fünf Jahren eingeleitet hatten. Im Grunde agieren wir seit dem Eigentümerwechsel Anfang 2015 als Bank mit zwei Sitzen, mein Hauptbüro zum Beispiel war seit Anbeginn in Essen. Im Jahr 2016 haben wir dann das Private Banking neu aufgestellt und dabei auch eine Kunden-Niederlassung in Essen errichtet. Damit haben wir schon vor fünf Jahren die Grundlage für eine dynamische Entwicklung und einen deutlichen Ausbau des Private Bankings gelegt.

Insofern wurde mit der Verlegung des Hauptsitzes der Bank Ende 2020 rechtlich nur noch das nachgezogen, was faktisch bereits seit Jahren der Realität entspricht. Das Private Banking am Standort Essen ist mittlerweile schon größer als das in Stuttgart, und auch zentrale Stabsfunktionen domizilieren in Essen. Das Gros der Mitarbeiter arbeitet mittlerweile dort. Dennoch haben wir immer noch eine tiefe Verwurzelung in der Region. Stuttgart als unser historischer Stammsitz, als Ursprung, bleibt unverändert ein sehr wichtiger Standort für unsere Bank.

Den zunehmenden Kosten der Regulatorik kann man nur mit schlankeren IT-Prozessen begegnen, aber das kostet. Wie stemmt das Bankhaus Bauer das?

Kistermann: Auch wir können uns den Herausforderungen durch steigende regulatorische Anforderungen nicht entziehen. Daher bauen wir unsere IT-Prozesse vor allem bei den Routinetätigkeiten aus. Wo immer es möglich ist, durch Automatisierung und Digitalisierung Prozesseffizienz zu steigern, werden wir das umsetzen. Man muss sich aber gerade in unseren Geschäftsfeldern darüber im Klaren sein, dass die damit verbundenen Einsparpotenziale begrenzt sind, denn wir betreiben ja ganz bewusst kein Retail-Geschäft im Massenmarkt, das fast beliebig skalier- und damit digitalisierbar erscheint.

Vielmehr haben wir uns seit 2015 gezielt auf ertragreiche, wachstumsstarke Geschäftsbereiche mit intensivem Kundenkontakt fokussiert. Der Erfolg dieser Bereiche – sei es nun das Private Banking, das Leasing oder auch die Immobilienzwischenfinanzierung – hängt entscheidend von Netzwerken, persönlichem Kontakt, dem intensiven „Customer-Care“ und dem daraus resultierenden Vertrauensverhältnis ab. Kurzum: Natürlich reduzieren wir Kosten über den Ausbau IT-gestützter Prozesse. Vor allem aber ist für uns wichtig, in den für uns relevanten Geschäftsfeldern möglichst effizient weiteres Wachstum zu generieren. Unsere Antwort auf mehr Regulierungsaufwand und Effizienzdruck ist daher qualitatives Wachstum.

Welche konkreten IT-Themen und Projekte im Privatkundengeschäft beschäftigen Sie zurzeit?

Kistermann: Im IT-Bereich beschäftigen uns sämtliche Prozesse, die sich digitalisieren lassen und damit unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die Möglichkeit geben, sich auf die Kundenbetreuung zu konzentrieren. Zudem geht es uns sicherlich wie den meisten anderen Kreditinstituten auch: Wir mussten 2020 Corona-bedingt einen Teil unserer Beschäftigten ins Homeoffice schicken, von wo sie mitunter auch jetzt noch arbeiten. Diese kurzfristige Umstellung auf Remote-Arbeiten hat etliche regulatorische und technische Anforderungen an unsere IT gestellt, die wir aber alle gut lösen konnten.

Heddergott: Ganz aktuell beschäftigen wir uns im Privatkundengeschäft insbesondere mit zwei Themen. Zum einen werden wir unter der vorerwähnten, überarbeiteten Geschäftsstrategie zukünftig Beratungskonzepte mit erweiterten Dienst- und Wertleistungen anbieten. Und wir werden unsere Expertise im Bereich Gesundheitswesen stärker in die Beratung einbringen und hiermit eine kundenorientierte Branchenausrichtung platzieren. Die Arbeiten an diesen Veränderungen sind in vollem Gange. Der Feinschliff an den Themen ist besonders wichtig, weswegen dieses Projekt für mich eine besonders hohe Priorität hat. Im Ergebnis soll hiervon dann auch der weitere Ausbau des institutionellen Neukundengeschäfts, das sich mit vergleichsweise hohen Anlagevolumina ausgesprochen erfreulich entwickelt, ebenfalls profitieren.