Guy Stern über GARS „Wir lassen uns das Portfolio nicht von einem Rechner zusammenstellen“

Guy Stern, Manager des Global Absolute Return Strategies (GARS) von Standard Life

Guy Stern, Manager des Global Absolute Return Strategies (GARS) von Standard Life

private banking magazin: Ihr Portfolio erscheint mitunter wie ein willkürliches Sammelsurium. Wir vermissen eine Linie.

Guy Stern: Dass wir viele Anlagestrategien gleichzeitig verfolgen, heißt nicht, dass uns eine klare Linie fehlt. Ganz im Gegenteil: Durch einzelne Analysen und Berechnungen entsteht zunächst ein kleines Universum aus normalerweise zwischen 45 und 60 verschiedenen Anlageideen, die allesamt Geld bringen sollen. Die müssen wir zu einem Portfolio zusammenstellen, sodass die Renditen unverändert bleiben, die Risiken aber minimiert werden. Die wichtigste Frage lautet dann: Was ist hoch korreliert, negativ korreliert oder nicht korreliert? Das Ganze soll ein Gebäude werden, das sehr stabil ist und trotzdem die benötigte Rendite schafft.

private banking magazin: Das klingt nach einer Menge Rechenarbeit.

Stern: Nicht nur. Sicherlich haben wir eine ganze Abteilung, die sich nur mit Risiken beschäftigt. Sie gibt uns zu jeder einzelnen Strategie die Risikokennzahlen, den Risikobeitrag zum Gesamtportfolio und die Risikozahl des Gesamtportfolios selbst. Wir lassen uns das Portfolio aber nicht von einem Rechner zusammenstellen. Wir entwickeln es selbst und lassen den Rechner prüfen, ob es sinnvoll ist.

private banking magazin: Wie viele Ideen schaffen es ins Portfolio?

Stern: Normalerweise 25 bis 30.

private banking magazin: Risikokennzahlen ändern sich ständig …

Stern: In der Tat. Es gibt kaum etwas instabileres am Markt als Volatilität und Korrelation.

private banking magazin: Gibt es eine Sicherung, die Unfälle vermeidet, wenn sich plötzlich was ändert?

Stern: Nein. Aber wir messen die Portfolioanteile nicht am Nominalwert, sondern am Risikobeitrag. Da haben wir klare Grenzen. Wenn wir diese Grenzen berechnen, unterstellen wir immer, dass alles miteinander komplett korreliert, also in dieselbe Richtung läuft. Damit wissen wir, wie riskant unser Portfolio in diesem Extremfall ist.

private banking magazin: Eine Art Was-Wäre-Wenn-Spielchen.

Stern: Genau, und zwar täglich.

private banking magazin: Und wenn alles tatsächlich mal aus dem Ruder läuft und im Gleichschritt abwärts marschiert, wie 2008? Haben Sie eine Reißleine?

Stern: Nein, so funktioniert es nicht. Wir haben keinen Mechanismus, der das eine macht, wenn das andere passiert. Stattdessen ist das Portfolio so aufgebaut, dass sich die Anlagen gegenseitig abfedern.

private banking magazin: Ihr Universum ist global und damit ziemlich groß. Gibt es Anlageklassen, die Sie nie anfassen würden?

Stern: Grundsätzlich nicht. Es gilt aber unser Grundsatz, dass wir immer nur bei den hochliquiden und täglich bepreisten Strategien bleiben, die Makro-Charakter haben. Da müssen Milliardensummen täglich handelbar sein. Schon aus dem Grund müssen wir leider viele gute Ideen verwerfen, weil sie das nicht erfüllen.

private banking magazin: Haben Sie ein Beispiel?

Stern: Anfang 2009 waren Wandelanleihen fantastisch billig. Die in ihnen enthaltenen Kaufoptionen für Aktien waren so gut wie nichts wert. Damit waren sie praktisch Unternehmensanleihen mit kostenloser Aktienbeteiligung. Aber um ein vernünftig gemischtes Portfolio aus Wandelanleihen zusammenzustellen, ist dieser Markt einfach zu klein. Das war Schade. Denn Wandelanleihen haben sich seitdem extrem gut entwickelt.

private banking magazin: Haben Sie wenigstens bei Hochzinsanleihen zugegriffen? Die hatten danach auch Wahnsinnszuwächse.

Stern: Ja, da gibt es viel mehr Emittenten mit über einer Milliarde Euro Volumen, und zusätzlich gibt es auch noch Derivate. Wir hatten also genug Möglichkeiten, um in diesem Markt zu operieren.

private banking magazin: Nun geht nicht jede Anlage-Idee auf. Haben Sie dann einen Stoppkurs, der Sie rausschmeißt?

Stern: Ich bin darin vielleicht ein bisschen militant, aber ich finde Stoppkurse nicht gut. Sie sind wie ein Programm, um Geld zu verlieren. Bei uns ist jede Strategie darauf ausgelegt, irgendwann Geld zu bringen. Aber nicht jede zur selben Zeit. Wir prüfen für jede Strategie im Vorfeld, in welchem Umfeld sie gut und in welchem sie schlecht laufen wird. Kurzfristig wird immer irgendeine Strategie einen Verlust bringen. Sie ist deshalb aber nicht schlecht. Sie tut genau das, was wir für dieses Umfeld erwartet haben. Dann muss man sie auch nicht mit einem Stopp-Loss aus dem Fonds werfen. In derselben Zeit werden andere Strategien gut laufen und Gewinne bringen, die die Verluste mehr als aufwiegen. Das ist der Sinn der negativen Korrelation.

private banking magazin: Damit ist es nicht schlimm, dass Sie seit einiger Zeit auf den Dollar setzen, der Euro aber steigt.

Stern: Überhaupt nicht. Es ist doch ganz klar, dass der Euro steigt, wenn Investoren ein bisschen relaxter werden und Aktien kaufen. Unsere Gewinne mit Aktien und Hochzinsanleihen laufen sehr gut und machen den Verlust aus der Dollar-Position mehr als wett.

private banking magazin: Also kein Grund, die Position aufzulösen.

Stern: Wir sind noch immer der Meinung, dass der Euro gegenüber dem Dollar überbewertet ist. Und solange wir dieser Meinung sind, bleibt die Position im Fonds.

private banking magazin: Und wenn nicht mehr?

Stern: Wenn sich unsere Meinung zu einer Strategie ändert und wir sie nicht mehr für lukrativ halten, dann nehmen wir sie aus dem Portfolio. Egal ob mit Gewinn oder Verlust.

private banking magazin: Welche Themen im Fonds sind derzeit besonders wichtig?

Stern: Eines ist die Frage, was rohstoffreiche Länder mit ihrem Reichtum anstellen. Mexiko ist beispielsweise ein sehr ölreiches Land. Es nutzt die Einnahmen, um die Fiskalpolitik zu stützen. Wir glauben, dass das die Währung aufwerten lässt und haben sie deshalb über mexikanische Staatsanleihen im Portfolio. Bei Kanada, einem anderen ressourcenreichen Land, ist die Währung dagegen überbewertet.

private banking magazin: Haben die was falschgemacht?

Stern: In Kanada gibt es ein Überangebot an Immobilien und ein viel zu großes Volumen an privaten Krediten. Wenn ich mir die Bankbilanzen dort ansehe, frage ich mich, ob das alles nachhaltig sein kann. Deshalb haben wir den kanadischen gegen den amerikanischen Dollar verkauft.

private banking magazin: Hat jemand wie Sie eigentlich noch so etwas Langweiliges wie einen klassischen Aktienfonds?

Stern: Der Kern meines privaten Vermögens liegt im GARS-Fonds. Aber ich habe ab und zu ein paar verrückte Ideen, die ich mit Aktienfonds umsetze. Zurzeit sind das die Themen Wasser und Energie.

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