Weinkolumne von Oliver Morath für die Finanzwelt Rut und Wiess: Warum ich Weine nur noch beim Winzer kaufe

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Vor 20 Jahren habe ich im Chianti einen Wein bei Antinori gekauft, einen Allerweltswein, den jeder wahrscheinlich sogar im Supermarkt kaufen könnte. Das, was diesen Wein für mich so viele Jahre zu etwas Besonderen gemacht hat, war, dass Antinori an diesem Tag ein kleines abseits gelegenes Kloster eröffnet hatte als Verkaufsstelle und neue Produktionsstätte, tatsächlich war ich einer der ersten Kunden, der dieses Kloster betreten hat.

 

 

Das Kaufen beim Winzer bedeutet nicht nur Probieren, sich den Keller ansehen, den Winzer kennen lernen sondern es bedeutet für mich auch immer bleibende Eindrücke zu sammeln, an die man sich gerne zurück erinnert. Wenn man den Wein viele Jahre später aus dem Keller holt und gemeinsam trinkt, sind es diese Momente, die einen schönen Abend schöner machen können, die Gesprächsthemen liefern und mich meist in der Vergangenheit schwelgen lassen.

Ich könnte hier viele Beispiele nennen, das würde aber den Rahmen sprengen, deswegen möchte ich nur drei zum Besten geben, allerdings drei, die ich persönlich nie vergessen werde.

Weinkisten in Weinkeller. Die Kisten sind beschriftet mit Ratti Barolo Conca 2016.
Weinkisten des Ratti Weinguts, die Barolo von 2016 enthalten. © Oliver Morath

Und nun wird es doch noch italienisch. Vor vielen Jahren war ich mit meinem lieben Freund Klaus-Uwe im Piemont und wir machten auch eine Winzer-Tour. Wir wollten unbedingt den neugeschaffenen Keller von Renato Ratti, einer der wirklichen Größen in der Langhe, besichtigen.
Wir parkten unser Auto auf dem Parkplatz im Ort und gingen die letzten Meter zu Fuß.

Endlich angekommen, standen wir vor einem Meisterwerk der Architektur. Freudig gingen wir durchs Tor in Richtung Weinkeller. Ich sagte noch: „Viel ist hier aber nicht los.“ Es stellte sich heraus, dass niemand mehr da war. Also wollten wir von dannen ziehen, nur war mittlerweile das Riesentor wie von Geisterhand geschlossen.

Ich werde Ratti nie vergessen, denn dieses Gelände zu verlassen war ein Abenteuer. Nach einigen Kraftanstrengungen ist es uns aber gelungen. Ratti Weine haben wir dann am Folgetag in der Enoteca Comunale gekauft und auch erfahren, dass der neue Keller für den Vertrieb noch gar nicht geöffnet war. Letztes Jahr konnte ich den Besuch endlich nachholen – es hat sich gelohnt.