Abseits des Testaments Wie Versicherungen vor Erbstreitigkeiten schützen können

Hans Heinrich Thyssen-Bornemisza will alles anders machen. In seiner Kindheit erlebt er, wie eine Familie durch einen Erbstreit auseinanderbricht. 1926 stirbt „Heinis“ Großvater, Stahlbaron August Thyssen. Daraufhin zerstreiten sich die Nachkommen. Unkittbar.

1947 erbt Thyssen-Bornemisza selbst von seinem Vater diverse Firmen und die Hälfte der Gemäldesammlung der Thyssen-Dynastie, die er über Jahre zu einer der bedeutendsten Kunstkollektionen weltweit ausbaut.

Doch nicht nur alte Meister sammelt er, sondern auch Ehen. Fünf Mal ist er verheiratet, Maria del Carmen Cervera ist seine letzte große Liebe. Ihren Sohn Borja adoptiert der Industrielle 1985, es ist das fünft e Kind des Mäzens.

Die Aufteilung seines Vermögens will Thyssen-Bornemisza noch zu Lebzeiten organisieren. Teil des Plans ist die Gründung der Thyssen-Bornemisza-Gruppe, ein Wirrwarr aus 300 Firmen.

Leiten soll die Gruppe sein ältester Sohn Georg Heinrich, in dem Vertrag sind auch die Erbansprüche geregelt. Der Frieden ist aber dahin, als Maria ihren Mann dazu überredet, den Großteil der Gemälde aus der Schweiz in ihr Heimatland Spanien zu überführen.

Der Sohn fühlt sich hintergangen. Es folgt ein jahrelanger Rechtsstreit. 2002 schließlich schafft es der schwer kranke Vater, seine leiblichen Kinder um einen Tisch zu versammeln und den Krieg beizulegen, sein Erbe zu ordnen.

Am Ende also alles gut? Mitnichten. Dieses Vertragswerk wiederum führt nun zum Streit zwischen Thyssen-Bornemiszas Frau und ihrem Sohn. „Sie hat mir immer gesagt, dass mir gar nichts zustehe; nur das, was sie mir geben wolle“, so Borja gegenüber der Illustrierten „Hola“.

Die Mutter sieht die Quelle allen Übels in der Schwiegertochter, die ihrem Sohn den Kopf verdreht haben soll. Sie fürchtet jetzt um ihre Kunstsammlung.

Das Erbe zerstört den Familienfrieden

Das Beispiel zeigt: Geht es ums Erbe, ist es mit dem Familienfrieden meist vorbei. Sich früh damit zu befassen und sein Erbe vernünftig zu regeln, ist gerade bei großen Vermögen sowie Unternehmern Pflicht.

„Versicherungen können im Rahmen der Vermögensnachfolgeplanung ein interessantes Instrument zur Vermögensverteilung außerhalb der testamentarischen Nachfolgeregelung darstellen“, sagt Helmut Quast, Geschäftsführer des HSBC Trinkaus Family Office.

Im Vergleich zu anderen Strategien sei die Versicherung kostengünstig, sicher und vor allem einfach, ergänzt Rolf D. Maul. „Im Markt ist deutlich erkennbar, dass wieder eine Bevorzugung dieser einfachen, aber extrem effektiven Instrumente vor anderen, oft komplexen und kostenintensiven Strukturen stattfindet“, so der Regionalleiter Private Banking Solutions Deutschland bei der Zurich-Gruppe.

Versicherungen eignen sich zum Beispiel dazu, Personen zu begünstigen, die sonst nicht in den Genuss eines Erbes kommen. Die Aufteilung des Nachlasses hat per Gesetz eine bestimmte Reihenfolge, wie die Grafik zeigt.



Lebt der Erblasser aber mit einer Partnerin zusammen, die er nicht geheiratet hat, muss er regeln, dass sie einen Anteil bekommt – und sicherstellen, dass sie möglichst wenig Erbschaftsteuer zahlt. Denn ihr Freibetrag beträgt nur 20.000 Euro.

Ein Modell, das sich hier anbietet, ist die Überkreuz-Versicherung. Dabei schließen beide Partner eine Risikolebensversicherung ab. Die Frau schließt den Vertrag auf das Leben ihres Partners ab. Sie ist Versicherungsnehmerin und zahlt die Beiträge. Ihr Partner ist die versicherte Person, deren Tod also die Versicherung auslöst. Gleichzeitig ist die Frau Bezugsberechtigte: Sie bekommt beim Tod ihres Partners das Geld. Der Mann macht es jeweils umgekehrt. Stirbt nun also der Mann, erhält die Frau die Versicherungsleistung aus ihrem eigenen Vertrag – steuerfrei. Denkbar ist dieses Modell in allen möglichen Variationen.

Will der Vater seinem Sohn aus erster Ehe etwas vermachen, ohne dass die Ex-Ehefrau Zugriff auf das Geld erhält, bietet sich eine Risikolebensversicherung mit sogenannter Termfix-Klausel an. Dann kommt der Sohn erst ab einem bestimmten Alter an das Geld. „Damit geht das Vermögen auf die nächste Generation über, ohne dass der Erblasser das Ruder ganz aus der Hand gibt“, sagt Maul.