40 sind die neuen 30 Wie sich der Charakter des deutschen Leitindex Dax verändert

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In der Gesamtheit muss man aber festhalten, dass die Veränderungen derart geringfügig sind, dass sie schon eher akademischer Natur sind. Verwundert uns diese Beobachtung? Nicht wirklich, denn tatsächlich machen die zehn neuen Indexwerte lediglich rund 14 Prozent des Index aus, wobei allein Airbus als größter Aufnahmekandidat ein Gewicht von etwa 5 Prozent auf sich vereint.

Damit bleibt die klare Dominanz der alten Indexwerte weiterhin bestehen. Mit anderen Worten: Der Kern des DAX bleibt erhalten und wird lediglich mit neuen Indexkandidaten angereichert.

Institutionelle Investoren haben globalen Fokus

Auf den ersten Blick könnte man vermuten, dass die Änderung im Dax auch einen großen Einfluss auf institutionelle Investoren und deren Investitionsverhalten haben könnte. Das ist aber nicht der Fall. Der Grund dafür ist einfach: Auch wenn es sich hart anhört – der Dax spielt keine Rolle für institutionelle Investoren. Lang vorbei sind die Zeiten, in denen sich Investoren an der Zusammensetzung eines deutschen Aktienindexes orientierten. Sie investieren heute global, mindestens aber europäisch. Da ist es vergleichsweise unerheblich, ob dem Dax noch einige mittelgroße Unternehmen beigemischt werden oder nicht.

Selbst als Benchmark spielt der Dax eigentlich keine ernsthafte Rolle mehr bei institutionellen Investoren. Es sind vor allem die Medien, die dem Dax eine große Bedeutung beimessen, die er im echten Leben zumindest für institutionelle Investoren eigentlich schon lange nicht mehr hat.

Institutionelle Investoren schätzen allenfalls den Future, den sie auf den Dax kaufen oder verkaufen können, um mit einem hochliquiden Instrument unkompliziert eine Aktienquote auf- oder abbauen zu können, ohne physisch Aktien kaufen oder verkaufen zu müssen. Aber auch da ist es den Investoren nicht wichtig, wie der Dax sich konkret zusammensetzt, solange seine statistischen Eigenschaften stabil sind und er sich ähnlich entwickelt wie der breite europäische Aktienmarkt.

Wie sich die Bedeutung des Dax entwickelt

Trotz der eher kosmetischen Veränderung der Eigenschaften des Dax sind wir der Meinung, dass die Änderungen grundsätzlich sinnvoll sind und die Bedeutung des Dax als Messlatte für die Wertentwicklung deutscher Aktien und Basisinstrument für Finanzprodukte weiter steigern. Dazu tragen insbesondere die neuen Indexregeln bei, die eine schnellere Anpassung der Indexzusammensetzung ermöglichen und über Anforderungen an den Gewinn und Ausschlussregeln für eine höhere Qualität des Indexportfolios sorgen.

Ist der Dax deswegen nun ein noch lohnenderes Investment? Das ist schwer zu sagen. Am Ende hängt die Attraktivität eines Index von der Attraktivität der enthaltenen Unternehmen ab, und hier ist in Deutschland seit einigen Jahren eine unglückliche Entwicklung zu beobachten. Denn immer wieder entscheiden sich aussichtsreiche deutsche Unternehmen aus verschiedenen Gründen, eine Börsennotierung nicht in Deutschland, sondern in den USA anzustreben.

Das beste Beispiel ist die Firma Biontech, die derzeit Weltmarktführer bei mRNA-Impfstoffen sein dürfte. Wenn sich dieser Trend fortsetzt, sinkt perspektivisch die Attraktivität eines Dax und letztlich auch die des Wirtschaftsstandortes Deutschland.

Damit kommt der deutschen Börse und der gesamten deutschen Politik die Aufgabe zu, Deutschland als Kapitalmarktstandort wieder in hellerem Glanz erscheinen zu lassen. Allein die Tatsache, dass solche Aspekte im gerade abgelaufenen Wahlkampf nicht einmal mehr ein Randthema waren, lässt aber leider vermuten, dass hier auch nach der Wahl keine Wende zum Besseren zu beobachten sein wird.


Über den Autor:

Dr. Christian Jasperneite ist Investmentchef der Privatbank M.M. Warburg & CO in Hamburg. Er trägt die Verantwortung für Fragen im Zusammenhang mit der taktischen und strategischen Allokation. Seine berufliche Karriere begann Jasperneite im Jahr 2000 als Analyst im Makro-Research bei M.M.Warburg & CO.

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