Im Estate Planning Wie Nachfolgeplaner Haftungsrisiken vermeiden

Maximilian Kleyboldt vom FPSB: Haftungsrisiken müssen Estate Planner im Hinterkopf behalten.

Maximilian Kleyboldt vom FPSB: Haftungsrisiken müssen Estate Planner im Hinterkopf behalten. Foto: FPSB

Noch nie hat eine Generation so viel Vermögen an die nächsten Generationen weitergegeben wie derzeit. Laut Zahlen des Statistischen Bundesamtes waren es im vergangenen Jahr 121 Milliarden Euro – ein neuer Rekordstand. Doch das sind nur die steuerlich veranlagten Fälle. Schätzungen wie die des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) gehen davon aus, dass das insgesamt vererbte und verschenkte Vermögen hierzulande jedes Jahr bei rund 400 Milliarden Euro liegt. Dazu kommt, dass die vererbten Vermögen immer komplexer werden. Denn längst geht es nicht allein um Barmittel, sondern auch um Wertpapierdepots, Immobilien oder die Weitergabe von Unternehmen an die nächste Generation. 

Das bedeutet auch, dass der Bedarf an einer umfassenden Nachfolgeplanung zunimmt und die Anforderung an ein professionelles Generationenmanagement des Vermögens steigt. Und damit wird Estate Planning zunehmend wichtiger.

 

Im FPSB Deutschland ist das Estate Planning klar definiert: Der Verband versteht darunter, alle wirtschaftlichen und finanziellen Auswirkungen des Vermögensübergangs seitens des Erblassers, seiner Erben und der nachfolgenden zweiten Generation zu planen und transparent zu machen. Aspekte wie die Liquidität- und Vermögensentwicklung, bezogen auf die individuelle Situation des Vermögensinhabers, stehen im Fokus. Das Estate Planning kann dabei im Rahmen des Financial Planning, also der ganzheitlichen Finanzplanung, erbracht werden oder isoliert als Themenberatung und damit als eigenständige Dienstleistung. Estate Planning wird auch als „Financial Planning zu Ende gedacht“ bezeichnet.

Berührungspunkte mit der Rechts- und Steuerberatung 

Doch ein umfassendes Estate Planning bringt es mit sich, dass dabei auch rechtliche und steuerliche Themen mitzuberücksichtigen sind. Ohne Zweifel gibt es zwischen dem Nachfolge- und Generationenmanagement einerseits und der Rechts- und Steuerberatung andererseits viele potenzielle Berührungspunkte und klare Grenzen. Und damit stellt sich beim Nachfolgemanagement die Frage nach möglichen Haftungsrisiken für den Estate Planner. Soweit es die CFP- und die CFEP-Zertifikatsträger des FPSB Deutschland betrifft, sind diese grundsätzlich den Standesregeln des FPSB Deutschland verpflichtet. 

Verstöße gegen diese Regeln, bei denen es sich um reines Innenrecht des Verbandes handelt, können für ein Mitglied verbandsrechtliche Sanktionen zur Folge haben, die bis zur Aberkennung des Rechts zur Führung des Zertifizierungszeichens und zum Ausschluss aus dem FPSB Deutschland führen können. Doch auch wenn diese Standesregeln die in weiten Teilen ohnehin bestehenden zivilrechtlichen Verhaltens- und Haftungsstandards widerspiegeln, so lohnt es sich dennoch, einen genaueren Blick auf die haftungsrechtlichen Aspekte der Finanzplanung und des Estate Planning zu werfen.

Rechtsdienstleistung darf nur Nebenleistung sein

Da die Berücksichtigung rechtlicher und steuerlicher Aspekte im Rahmen eines umfassenden Estate Planning unumgänglich ist und diese bei der Vermögensübertragung eine besondere Rolle spielen, können sich daraus Fallstricke für den Estate Planner ergeben. Hier spielt das 2008 eingeführte Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG), das regelt, wer überhaupt außergerichtliche Rechtsdienstleistungen erbringen darf, eine wichtige Rolle. Definiert ist hier, dass Rechtsdienstleistungen im Zusammenhang mit einer anderen Tätigkeit nur erbracht werden dürfen, wenn sie als Nebenleistung zum Berufs- oder Tätigkeitsbild gehören. Das Berufsbild des Generationenberaters und des Estate Planners ist klar definiert.

Für das Estate Planning, das als eine ganzheitliche Beratung für den Vermögensübergang interpretiert werden kann, bedeutet das, dass rechtliche Aspekte im Estate Planning nicht mehr als eine Nebendienstleistung sein dürfen. Es gilt also zu klären, ob dies beim Estate Planning der Fall ist. Aus der oben dargestellten genauen Definition des Estate Planning durch den FPSB Deutschland geht hervor, dass das Generationenmanagement in diesem Sinne über die reinen steuerlichen oder rechtlichen Aspekte der Vermögensnachfolge hinausgeht. Estate Planning kann als ganzheitliche Beratung für den Vermögensübergang definiert werden. Von der klassischen Rechtsberatung unterscheidet sich Estate Planning durch seine interdisziplinäre und ganzheitliche Sichtweise.

 

Das heißt: Für den Kunden eines Estate Planners muss klar erkennbar sein, worin die Hauptleistung liegt, und dass eine Abbildung allgemeiner rechtlicher Aspekte nicht mehr als eine Nebendienstleistung ist. Anders ausgedrückt: Soweit die Verwaltung und Optimierung des Kundenvermögens sowie die finanzielle Absicherung des Vermögensinhabers im Vordergrund stehen und nicht der Entwurf und die Umsetzung von Nachfolgelösungen – zum Beispiel unter anderem die eigenständige Aufsetzung von Testamenten oder Vollmachten, dann ist die Betrachtung des Rechtsrahmens im Estate Planning nicht mehr als eine Nebenleistung. Estate Planning ist somit letztlich eine Abbildung der Nachfolgegestaltung im Zusammenhang mit dem Gesamtvermögen. 

Das Estate Planning kann Kunden und Mandanten Entscheidungshilfen bieten, um mögliche Auswirkungen zu simulieren. Einerseits können der aktuellen Generation Auswirkungen aufgezeigt werden. Welche Konsequenzen ergeben sich bei Eintritt des Erbfalls? Welche Auswirkungen ergeben sich für Vermögen und Liquidität? In welchem Rahmen kann ich mir Übertragungen im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge leisten? Anderseits wird aber auch die Nachfolgegeneration angesprochen, und es kann gezeigt werden, welche Auswirkungen sich für sie ergeben. Somit stellt das Estate Planning einen generationsübergreifenden Beratungsansatz dar.

Berechnung der Erbschaftsteuer 

Ähnlich verhält es sich auf der steuerlichen Seite, wo es vor allem um die Berechnung der indikativen Erbschaftsteuer geht. Sie ist beim Estate Planning im Rahmen einer umfassenden Nachfolgeplanung ein unverzichtbarer Baustein. Das ist auch gut nachvollziehbar: Denn wie Erbe steuerlich belastet ist, wirkt sich unmittelbare darauf aus, wie der Betroffene sein Vermögen strukturiert. Schließlich muss er dafür eine ausreichende Liquidität einplanen. Folglich ist es auch keine eigenständige Dienstleistung, die Erbschaftsteuer im Rahmen des Nachfolgemanagements zu berechnen. Stattdessen gilt sie rechtlich als Nebenleistung, sofern sie ausgehend von dem ganzheitlichen Beratungsansatz in den Finanzplan oder Nachfolgeplan integriert wird. 

Berechnet ein Estate Planner beispielhaft die Erbschaftsteuer, bezieht er also eine Kenngröße in die Vermögensplanung mit ein, die für wirtschaftliche Leitentscheidungen notwendig ist. Zudem kann nach der Datenaufnahme der finanziellen Verhältnisse des Kunden und der Berücksichtigung der individuellen nachfolgeorientierten Vorgaben auch das sogenannte Probesterben, wobei sich zeigt, ob die bestehende Nachlassplanung wirklich durchdacht ist, einen Teil der Beratung umfassen. Das Probesterben („Kennen Sie die Auswirkungen und Folgen, wenn Sie gestern verstorben wären?“) aufgrund eines erstellten Vermögensstatus kann häufig der Ausgangspunkt der Beratung sein, um dem Kunden den Nutzen und den Bedarf eines Estate Plannings deutlich zu machen. Die Beratungspraxis zeigt, dass die Beratenden sehr erstaunt sind, welche hohe Erbschaftsteuerlasten anfallen können. 

 

Aus all dem wird klar, dass beim Estate Planner das Vermögen des Kunden und dessen Übergang auf die nachfolgenden Generationen klar im Mittelpunkt der Betrachtung steht. Erst wenn es um die eigentliche rechtliche und steuerliche Umsetzung der testamentarischen Regelungen geht, dann bedeutet dies eine Rechtsberatung. Und dann muss ein Rechtsbeistand oder ein Steuerberater eingeschaltet werden. Idealtypisch arbeitet hier die Zertifikatsträger des FPSB Deutschland eng und gemeinsam arbeitsteilig mit den rechts- und steuerberatenden Berufen zusammen. Das Themenspektrum für Nachfolgeberatung und Estate Planning ist sehr komplex. In der Beratungspraxis ergibt sich aus rechtlicher und steuerlicher Sicht ein großes Universum von Themenstellungen, die ein Nachfolgeplaner im Austausch mit dem Vermögensinhaber erörtern kann. Die Einkleidung der Beratungsleistung in Verträge und die entsprechende Umsetzung obliegt den rechts- und steuerberatenden Berufen.

Bausteine eines Nachfolgeplanes

Die Bausteine eines Nachfolgeplanes oder „Estate Plan“ haben keine feste Struktur, da der Einzelfall und die Individualität den Rahmen bestimmen. Elemente einer entsprechenden Dokumentation, die dann wiederum die Grundlage für ein Strategiegespräch mit den Beteiligten bietet, können unter anderem folgende sein:

  • Darstellung der aktuellen Situation und somit Ausgangslage für die persönliche Nachfolgeplanung, verbunden mit einem Vermögensstatus, idealtypisch mit einer Einnahmen- und Ausgabenrechnung, einer Vermögensentwicklung und den persönlichen Zielen
  • Executive Summary – Ziele und wichtigste Ergebnisse im Überblick
  • Status quo: Erbfallsimulation – Gesetzliche Erbfolge und/oder Testamentsentwurf (1. und 2. Erbgang);
  • Diskussion von Spannungsfeldern (u. a. gesetzliche Erbfolge, Erbschaftsteuer, Unternehmensnachfolge und Gesellschaftsverträge)
  • Darlegung von Gestaltungsoptionen
  • Vergleich von Alternativen in Bezug auf die Wünsche und Ziele
  • Wirkung und Bewertung im Vermögenskontext (Bezug auf Nettovermögen sowie Liquiditätsentwicklung)
  • Umsetzung und nächste Schritte

FPSB Positionspapier „Haftung in der ganzheitlichen Beratung – Financial Planning und Estate Planning in der Beratungspraxis“

Da die gesamten Zusammenhänge sehr komplex sind, haben Peter Balzer von der Kanzlei Sernetz·Schäfer und Maximilian Kleyboldt das 2017 veröffentlichte Haftungspapier im vergangenen Jahr aktualisiert und neben dem Financial Planning insbesondere um den Bereich des Estate Planning ergänzt. Im neu erschienen Positionspapier „Haftung in der ganzheitlichen Beratung – Financial Planning und Estate Planning in der Beratungspraxis“ greifen beide Fragestellungen auf, die in Bezug auf die Erstellung einer Finanzplanung und aktuell erweitert um das Estate Planning aus haftungsrechtlicher Sicht von Bedeutung sind. Hierbei werden zum einen vorhandene Haftungsrisiken identifiziert und zum anderen Möglichkeiten zur Eingrenzung dieser Risiken aufgezeigt. 

Link zu den Beratungsgrundsätzen der CFEP®- Zertifikatsträger


Über den Autor:

Maximilian Kleyboldt ist Certified FInan­cial Planner und gehört seit 2012 dem Vorstand des Financial Planning Standard Board Deutschland an, dem Zertifizierungsverband der Finanzplaner, Generationenberater sowie Estate Planner. Er ist Direktor im Wealth Planning der Bethmann Bank sowie Gründungsmitglied und seit 2009 Vorstand im Netzwerk der Finanz­ und Erbschaftsplaner.

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