Eine Frage des Vertrauens Wie man Familie und das unternehmerische Lebenswerk absichert

Jörg Plesse (links) und Hubert Hoffmann

Jörg Plesse (links) und Hubert Hoffmann: Beide sind Experten für die Themen Financial und Estate Planning und besitzen einiges an Berufserfahrung in den Themen Foto: Christian Scholtysik / Patrick Hipp

 „Was passiert eigentlich in einer solchen Situation mit meiner Familie…? Meinem Unternehmen…?“ Diese und andere Fragen stellte sich Gustav H. im Dezember 2013, als er am Frühstückstisch aus der Zeitung erfuhr, dass Michael Schumacher bei einem Ski-Unfall ein Schädel-Hirn-Trauma erlitten hatte und anschließend nach diversen Operationen ins künstliche Koma versetzt worden war.

Viele dürften eine ähnliche Situation bereits erlebt haben. Sie zeigt, wie unsere Gedankenwelt ab und an funktioniert. Die Wichtigkeit, seine eigene Vorsorge zu regeln, die Absicherung der Familie und des unternehmerischen Lebenswerks zu planen, tritt immer dann in den Vordergrund, wenn in unserem Umfeld eine Situation eintritt, die schwerwiegende Folgen hat. Sei es der Schlaganfall des besten Freundes, die Pflegebedürftigkeit der eigenen Eltern oder eben das Schicksal eines Sportidols.

Und heute, nur rund siebeneinhalb Jahre später, liegen all die gute Vorsätze und der Tatendrang zur Umsetzung einer Vorsorgelösung für Familie und Unternehmen unter einem Berg von Alltäglichem, anderen Prioritäten und mangelnder Einfachheit des Themas begraben. Der zweifache Familienvater und geschäftsführende Gesellschafter eines mittelständischen Produktionsunternehmens steht mit dieser Situation nicht alleine da. Wir alle wünschen uns, dass wir möglichst bis ins hohe Alter geistig und körperlich leistungsfähig sind. Doch die Erfahrung zeigt, dass dieser Wunsch sich nicht immer erfüllt. Daher gehört es zum Pflichtprogramm, in guten Zeiten die Vorsorge für stürmische Tage vorzubereiten.

Planung ist das halbe Leben

Zu Beginn des Planungs- und Umsetzungsprozesses steht eine gründliche Bestandaufnahme im Mittelpunkt. Hierzu zählt die Beantwortung der Fragen: „Wo stehe ich?“, „Was soll alles geregelt werden?“ und „Welche individuellen Wünsche haben ich bezüglich meiner Vorsorgereglung?“. Auch wenn die Inhalte von General- und Vorsorgevollmachten vieler Autoren in den vergangenen Jahren immer weiter standardisiert wurden, so liegt doch die Besonderheit im Detail. Denn keine familiäre oder wirtschaftliche Situation gleicht der anderen. Der nachfolgende Artikel soll einen Überblick über die Begriffe sowie die Gestaltungsmöglichkeiten im Bereich der General- und Vorsorgevollmacht sowie Betreuungs- und Patientenverfügung vermitteln.

Wer handelt für mich, wenn ich selbst nicht mehr in der Lage dazu bin? Das ist die zentrale Fragestellung der privaten und unternehmerischen Vorsorgeregelung. Dabei wird zwischen verschiedenen Begrifflichkeiten unterschieden.

Mit der Vorsorgevollmacht werden eine oder mehrere Personen bevollmächtigt, Aufgaben für den Vollmachtgeber zu erledigen. Dabei wird innerhalb der Vorsorgevollmacht zwischen den Aufgaben der Vermögenssorge (sogenannte Generalvollmacht) sowie den Aufgaben der gesundheitlichen Sorge (auch persönliche Sorge genannt) differenziert. Eine der höchsten Zielsetzungen, die mit einer Vorsorgevollmacht erreicht werden soll, ist die Bestellung eines womöglich familienfremden Betreuers zu verhindern. Die Entscheidungen über die eigene Gesundheit, das private Vermögen, oder die Fortführung des Unternehmens sollte immer in Händen von Menschen liegen, denen uneingeschränkt vertraut wird.

Zu den Aufgaben der Vermögenssorge im Rahmen der Generalvollmacht können beispielsweise die Erfüllung von Bank- und Versicherungsgeschäften, die Vertretung gegenüber Behörden, unternehmerische Tätigkeiten, Immobiliengeschäfte oder der Abschluss von Miet- oder Telefonverträgen gehören. Wie der Name schon sagt, handelt es sich um eine generelle Vollmacht, die einen sehr weitreichenden Vertretungsumfang besitzt. Ausgeschlossen von der Vollmacht sind lediglich höchstpersönliche Rechtsgeschäfte, wie zum Beispiel Eheschließung und Testamentserstellung.


Auch wenn Banken und Sparkassen reihenweise Gerichtsprozesse verlieren, in denen sie privatschriftliche Vollmachten nicht akzeptieren, empfiehlt es sich aus Gründen der Akzeptanz, Praktikabilität, Umsetzungsgeschwindigkeit und der Nutzbarkeit des Online-Bankings bei jedem Kreditinstitut die bankeigenen Vollmachtsvordrucke zu verwenden. Zu diesem Zweck bieten auch immer mehr Banken eine sogenannte Bankvorsorgevollmacht an.

Besondere Fragen für Unternehmer

Insbesondere Unternehmer stehen vor einer wichtigen Entscheidung. Denn neben den Rechtsgeschäften des alltäglichen Lebens gilt es insbesondere das eigene Lebenswerk abzusichern und die Funktionsfähigkeit des Unternehmens dauerhaft sicherzustellen. Daher sollten sich Unternehmer vor der Erstellung einer umfangreichen Vollmacht insbesondere mit folgenden Fragestellungen auseinandersetzen:

  • Welche konkreten Anweisungen benötigt der Bevollmächtigte, um das Unternehmen nach außen in seinem Sinne zu vertreten?
  • Soll der Bevollmächtigte auch Prokurist werden?
  • Darf er Beschlüsse in der Gesellschafterversammlung fassen beziehungsweise mit abstimmen?
  • Ist das laut Gesellschaftsvertrag möglich?
  • Soll das Unternehmen in einem solchen Szenario fortgeführt oder veräußert werden?
  • Darf der Bevollmächtigte zum Schutz des Vermögens die Rechtsform verändern?
  • Diese und weitere Fragestellungen müssen darüber hinaus zwingend mit dem Gesellschaftsvertrag harmonisiert werden.

Die Regelungen zur Gesundheitssorge bevollmächtigen dazu, beispielsweise Entscheidungen über medizinische Maßnahmen zu treffen oder das Aufenthaltsbestimmungsrecht auszuüben, also über die Unterbringung in einem Kranken- oder Pflegeheim zu entscheiden. Bezüglich der medizinischen Maßnahmen wird dem Bevollmächtigten gestattet, Maßnahmen durchführen zu lassen oder bereits begonnene Maßnahmen abzubrechen. Beides gilt in der Regel auch für den Fall, dass durch die Behandlung oder Unterlassung medizinischer Maßnahmen beim Vollmachtgeber ein dauerhafter Schaden entstehen könnte.

Dieses Beispiel allein verdeutlicht, wie groß die Vertrauensbasis zwischen Vollmachtgeber und -nehmer sein muss. Der Bevollmächtigte einer Vorsorgevollmacht unterliegt, im Gegensatz zu einem amtlich bestellten Betreuer, nicht der Kontrolle des Betreuungsgerichts. Für einige Dinge bedarf es dennoch der Genehmigung des Gerichts. Hierzu zählt beispielsweise die Anordnung von freiheitsentziehenden Maßnahmen oder die Unterbringung in einer geschlossenen Anstalt.