Frustration und Ablenkung Wie Familienunternehmen unter den veränderten Rahmenbedingungen leiden

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Doch nicht alle Aufsichtsbehörden und Prüfstellen können hier mithalten – ganz im Gegenteil. Oftmals geht es nicht nur um die niedergeschriebenen Regelungen, sondern um die Umsetzung durch vom Gesetzgeber überforderte Behörden und Prüfstellen. Ein grundsätzliches Überdenken ist vielerorts unabdingbar. Wir brauchen wieder weniger und vor allem sinnvollere Regulierung, die auch wirklich im Täglichen umgesetzt und kontrolliert werden kann sowie gleichzeitig mehr Eigenverantwortung von Unternehmen und Konsumenten.

Die Lage ist ernst. Nehmen wir die mittelständisch geprägte Medizintechnik als Beispiel: „Fast drei Viertel aller Unternehmen sehen Kostensteigerungen beim Marktzugang mit großer oder gar sehr großer Sorge. Jedes dritte Unternehmen sieht gar seine Existenz als gefährdet an“, so das Ergebnis einer Umfrage von DIHK und dem Industrieverband Spectaris im Jahr 2019. Natürlich wird Regulierung viel auf europäischer Ebene entschieden – aber das kann keine Ausrede sein: Deutschland hat hier als größte Volkswirtschaft Gewicht und die Umsetzung passiert immer noch mit einigen Unterschieden auf Ebene der Mitgliedsstaaten.

Schnelle und unbürokratische Entscheidungen werden erschwert

Eine weitere Stärke von Familienunternehmen ist es, schnelle und unbürokratische Entscheidungen zu treffen. Doch ist das in dem beschriebenen Umfeld eben nicht immer möglich. Man merkt es vor allem bei den älteren Unternehmenslenkern, die gar nicht verstehen können, über wie viele Hürden und durch wie viele Ringe man für eigentlich einfache Sachverhalte heute in Deutschland springen muss. Vielerorts kann man sich nicht mehr auf das Wesentliche für Kunden und Unternehmen konzentrieren. Die Ablenkung ist groß und teuer. Das gilt auch für die in der ZEW-Studie genannte Steuerlast: Die Last ist das eine, aber die Komplexität das andere. Oftmals können selbst spezialisierte Steuerberater keine eindeutige und schon gar keine schnelle Antwort mehr geben.

Denken wir an Stärken von Familienunternehmen, fällt uns dazu eine langfristige Ausrichtung und Enkelfähigkeit ein – also der Wunsch und das Ziel, das Unternehmen den nächsten Generationen zu übergeben. Für diese ist es aber unbedingt notwendig, dass Rahmenbedingungen nachhaltig positiv sind, dass man sich auf das Rechtssystem und nicht zuletzt auf eine unternehmensfreundliche Kultur oder wenigstens keine absolute unternehmensfeindliche Kultur verlassen kann. Langfristige Zuversicht und Vertrauen in den Standort sind unabdingbar. Das ist in Deutschland nicht immer gegeben. Für eine nachhaltige Wirtschaft brauchen wir nachhaltige Regeln.

 

Familienunternehmerinnen und -unternehmer wollen etwas schaffen, etwas aufbauen. Das gilt nicht nur für sie, sondern für viele der Mitarbeiter in Familienunternehmen – vom Management bis zur Fachkraft und darüber hinaus. Das ist einer der Motoren, der diese Menschen über Jahre antreibt. Es ist eben nicht der Dienst nach Vorschrift. Eine starke Unternehmenskultur, eine besondere Identifikation der Mitarbeiter, macht Familienunternehmen oftmals stark. Die Frustration sitzt bei den Unternehmer:innen, aber auch bei ihren Mitarbeitern tief in Deutschland. Das ist besonders traurig, da zum Beispiel gerade das Konzept der gutausgebildeten Fachkraft ein wichtiger Erfolgsfaktor in unserer Wirtschaftsgeschichte und gerade für Familienunternehmen in den letzten Jahrzehnten war.