Frustration und Ablenkung Wie Familienunternehmen unter den veränderten Rahmenbedingungen leiden

Andreas Lesniewicz hat als Geschäftsführer des Salmuth'schen Family Investment Office die Investmentgesellschaft Conren mit gegründet

Andreas Lesniewicz hat als Geschäftsführer des Salmuth'schen Family Investment Office die Investmentgesellschaft Conren mit gegründet: In seinem Gastbeitrag beleuchtet er aus Investorensicht die Probleme von deutschen Familienunternehmen. Foto: Conren

Keine Überraschung, sondern eine Bestätigung unserer aller Befürchtungen: Nach einem Studien-Update des Leibniz-Zentrums für europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) verliert Deutschland im Vergleich mit anderen Wirtschaftsstandorten an Attraktivität für Familienunternehmen. Im „Länderindex Familienunternehmen“ belegt die Bundesrepublik nur den 18. von 21 Plätzen. Globale Spitzenreiter sind die USA, gefolgt von Kanada, Schweden und der Schweiz. Insbesondere in den Bereichen Bürokratie, Steuerlast, Energieversorgung und Bildungswesen besteht ein starker Reformbedarf.

Dieses Ranking deckt sich gut mit unseren Erfahrungen von börsengelisteten Familienunternehmen in Europa: So bieten zum Beispiel die Studiengewinner Schweiz (9 Millionen Einwohner) und Schweden (10 Millionen Einwohner), nach den Riesen Europas mit Frankreich (68 Millionen Einwohner) und Deutschland (83 Millionen Einwohner), die meisten börsengelisteten Familienunternehmen – und das sowohl nach Marktkapitalisierung als auch nach Anzahl.

Wir sehen auch hieran, dass die Wirkung von Rahmenbedingungen langfristig ist. Die Unternehmen haben Jahre oder Jahrzehnte mit positiven Rahmenbedingungen gebraucht, um in die Gruppe von größeren, börsengelisteten Familienunternehmen vorzustoßen. Die zugrundeliegende Kultur im Land, in der Politik und bei den Behörden ist hierbei oft entscheidend.

Einzelne Regeln ergeben Sinn – die Summe an Regulierung hemmt

Wir spüren die Probleme alle täglich. Jeder, der unternehmerisch tätig ist, kennt das frustrierende Gefühl, wie wenig der aufgebrachten Zeit, Energie und des Gehirnschmalzes wirklich auf die Straße gebracht wird. Und wie viel des täglichen Schweißes an Regulierung, Bürokratie oder eigentlich Selbstverständlichem hängen bleibt. Frustrierend ist hier nicht unbedingt die eine unsinnige Regel oder die andere unverständliche Diskussion mit Behörden oder Prüfstellen. Es ist die Gesamtheit, die Nerven und viel Energie kostet. Das kann für die oder den Einzelnen frustrierend sein, für unsere Wirtschaft und damit für unsere Gesellschaft ist das aber hoch gefährlich: ein schleichender Niedergang.

Besonders unter schlechten Rahmenbedingungen leiden nicht unbedingt die großen, wirklich internationalen Konzerne mit Produktions-, Forschungs- und Vertriebsstandorten in aller Welt, sondern vor allem die kleinen und mittelgroßen Unternehmen. Für die Großen sind diese Schwierigkeiten und der einhergehende Kostendruck oftmals sogar ein Wettbewerbsvorteil, eine Möglichkeit sich kleinerer Wettbewerber zu entledigen. Familienunternehmen aller Größen leiden überproportional. Schlechte Rahmenbedingungen untergraben ihre typischen Stärken und wirken als Katalysatoren für ihre inhärenten Schwächen.

 

Eine der großen Stärken, gerade von deutschen Familienunternehmen, ist ihre Innovationskraft: Oftmals schaffen sie es, Produkte oder Produktionsprozesse mit einem Bruchteil der Ressourcen und Zeit großer anonymer Konzerne zu entwickeln. Jahre- und jahrzehntelang wird das Entwicklungs-, Produkt- und Produktions-Know-how so Schritt für Schritt weiter ausgebaut. Doch gerade hierfür brauchen sie die richtigen Rahmenbedingungen, wenn es zum Beispiel um Zulassung und Dokumentationsvorschriften geht. Das wird immer wichtiger, da neue Lösungen spezialisierter und damit auch immer komplizierter werden. Gleichzeitig hat sich der Innovationszyklus merklich beschleunigt.