Kundeneinlagen Wie die Zinswende die Sparkassen belastet - und was das mit der SVB-Pleite zu tun hat

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Wie die Zinswende die Sparkassen belastet - und was das mit der SVB-Pleite zu tun hat
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Die Filiale Schwelm/Sprockhövel der Sparkasse Haßlinghausen.

Die Filiale Schwelm/Sprockhövel der Sparkasse Haßlinghausen. Foto: Imago Images /Funke Foto Services

Die Pleite der Silicon Valley Bank traf die Finanzbranche ins Mark. Während in den USA Präsident Joe Biden vor die Mikrofone trat, um die Sicherheit der Einlagen zu garantierten, rauschten in Europa viele Bankaktien in den Keller. Für die zinssensitive Commerzbank betrug das Minus zum Wochenauftakt rund 10 Prozent, der Stoxx Europe 600 Banks ETF verlor auf Wochensicht 11,4 Prozent.

Viel Geld führte zum Untergang der Silicon Valley Bank

Der Silicon Valley Bank wurde zum Verhängnis, dass in den vergangenen Jahren die Einlagen deutlich schneller zugenommen haben als die Kreditvergabe. Daraufhin entschied das SVB-Management, das überschüssige Geld in US-Staatsanleihen und andere staatlich geförderte Schuldtitel zu investieren. Dieser Schritt sollte Risiken minimieren – doch genau das wurde der Bank zum Verhängnis.

Denn die rasant gestiegenen Zinsen drückten die Anleihenkurse. Solange der daraus entstandene Buchverlust nicht realisiert wird, ist das kein Problem. Weil jedoch ein sogenannter Bank Run einsetzte – die Kunden also massenhaft Einlagen abzogen – musste die Bank die Anleihen mit Verlust verkaufen. So setzte sich eine Spirale in Gang, die innerhalb weniger Tage zum Untergang der Bank führte.

 

 

 

Milliarden-Abschreibungen bei Sparkassen

Die Schattenseiten der Zinswende zeigen sich nun immer deutlicher, auch in den Bilanzen deutscher Geldinstitute. Auch viele Sparkassen und Genossenschaftsbanken haben ähnlich wie die Bank aus dem Silicon Valley deutlich höhere Kunden-Einlagen als Darlehen, das überschüssige Geld steckt häufig in festverzinslichen Wertpapieren. Durch die erhöhten Zinsen der EZB reduzierte sich auch der Wert dieser Papiere in den Depots. Teils sind die Papiere zehn bis zwanzig Prozent weniger wert. Insgesamt summiert sich der Rückgang auf zehnstellige Summen.

Laut Branchenverband BVR mussten die 737 Genossenschaftsbanken 2022 insgesamt 5,8 Milliarden Euro auf Wertpapiere abschreiben. Nicht viel anders ist das Bild bei den Sparkassen: 250 Institute meldeten Abschreibungen in Höhe von sechs Milliarden Euro.

Unterschiede zwischen SVB und Sparkassen

Der große Unterschied zur SVB: Die Sparkassen und Genossenschaftsbanken können das Problem wohl aussitzen. Denn sie müssen die im Wert gesunkenen Anleihen nicht auf die Schnelle verkaufen, da ein Bank Run wie bei der Silicon Valley Bank nicht zu erwarten ist. Während die SVB ihren Schwerpunkt auf eine Kundengruppe legte - Gründerinnen und Gründer aus der Tech-Branche -, sind die Sparkassen sehr breit aufgestellt. 

Zudem setzen viele Sparkassen eher auf Anleihen mit kurzen Laufzeiten, wo sie ihr Geld nach drei bis fünf Jahren zurückbekommen. Bei diesen Papieren fielen die Kursverluste geringer aus als bei lang laufenden Anleihen, wie sie die SVB bevorzugte. 

Und noch ein weiterer Aspekt macht die Sache für die Sparkassen entspannter: Viele haben zumindest einen Teil ihrer Anleihen abgeschrieben, sodass diese ohne Verluste verkauft werden können. Das war bei der SVB offenbar nicht der Fall.

Sparkassen können Problem wohl aussitzen

In den vergangenen Wochen gewährten viele Institute einen Blick in die Zahlen. So mussten die 49 Sparkassen in der Region Hessen-Thüringen im vergangenen Jahr knapp 1,3 Milliarden Euro auf Wertpapier-Eigenanlagen abschreiben. Das brachte die Institute jedoch nicht in die Bredouille. Einerseits konnte man den Rückgang weitgehend mit operativem Gewinn auffangen, wie Stefan Reuß, geschäftsführender Präsident des Sparkassen- und Giroverbandes Hessen-Thüringen (SGVHT), erklärte.

Zum anderen haben man Vorsorgereserven in Höhe von 400 Millionen Euro aufgelöst. Diese wurden für „Ausnahmesituationen“ angelegt, erklärte Reuß. „Spätestens jetzt zeigt sich, wie wichtig die Thesaurierung der Überschüsse in all den Jahren gewesen ist. Denn durch den stetigen Thesaurierungsprozess sind die Sparkassen in Hessen und Thüringen solide kapitalisiert und belastbar aufgestellt.“

Auch Bayerns Sparkassenpräsident Ulrich Reuter zeigt sich zuversichtlich. Die Abschreibungen seien „unerfreuliche Phänomene der Übergangszeit“, der Buchverlust der bayerischen Sparkassen in Höhe von 1,6 Milliarden Euro bis Ende der Anleihen-Laufzeit werde sich wieder ausgleichen.

Die Institute des ostdeutschen Sparkassenverbandes (OSV) bilanzierten 1,4 Milliarden Euro Abschreibungen. „Wir gehen davon aus, dass mehr als 90 Prozent dieser vorübergehenden Wertberichtigungen bei Endfälligkeit der Papiere wieder zurückfließen – davon allein 500 Millionen Euro in den nächsten vier Jahren“, erklärte OSV-Geschäftsführer Wolfgang Zender. Denn Sparkassen hielten ihre festverzinslichen Papiere in der Regel bis zur Endfälligkeit, führte er weiter aus. In diesem Fall werden sie zu 100 Prozent zurückgezahlt. Ein Verkauf bestehender Anlagen sei eine Seltenheit, etwa bei vielversprechenden neuen Anlagemöglichkeiten.

 

 

 

Ausschüttungen der Sparkassen könnten sinken

Der Bewertungsaufwand betrage 7,8 Milliarden Euro und liege damit um rund 4 Milliarden Euro höher als im Vorjahr, erklärte Helmut Schleweis, Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes (DSGV). Ursache dafür sei vor allem ein zwischenzeitlich hoher Wertberichtigungsbedarf auf festverzinsliche Wertpapiere.

Auch Schleweis gibt sich langfristig optimistisch: „Wenn die Papiere bis zur Endfälligkeit gehalten werden, dann werden sie zu 100 Prozent zurückgezahlt und holen die zwischenzeitlichen Wertkorrekturen wieder auf. Wir erwarten, dass das der Regelfall bei Sparkassen sein wird“, so der DSGV-Präsident. Die Sparkassen seien 2022 operativ so stark gewesen, dass nur ein kleiner Teil der früher gebildeten Vorsorgereserven eingesetzt werden müsse, um die zeitweiligen Wertkorrekturen finanziell abzupuffern.

Die Kreditrisikovorsorge hingegen falle mit 370 Millionen Euro geringer aus, als ursprünglich angenommen. „Die weithin erwartete Rezession ist ausgeblieben – und wir erwarten sie auch nicht mehr“, sagt Schleweis.

Wechselt der Kurs der Notenbanken?

Die Entwicklung der vergangenen Tage im Zuge der SVB-Pleite könnte auch den Kurs der Notenbanken verändern. Davon ist etwa Eric Vanraes, Portfoliomanager des Strategic Bond Opportunities Fund und Leiter Fixed Income Investments bei der Banque Eric Sturdza überzeugt. „Längerfristig dürften die Erschütterungen des US-Bankensystems in den letzten Tagen der restriktiven Geldpolitik der Fed mit großen Zinserhöhungen den Garaus machen“, so Vanraes und ergänzt: „Letzte Woche schien es noch plausibel, dass sich der Fall SVB als Sturm im Wasserglas erweisen würde. Nun scheint es wahrscheinlicher, dass März und April einen Wendepunkt auf den Anleihemärkten darstellen könnten. Bleibt zu hoffen, dass die Zentralbanken klüger sind als die Banker der SVB.“

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