Offenlegungsverordnung Wie die SFDR die Fondsbranche auf den Kopf stellt

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Womit wir bei den eingangs erwähnten Zahlen 6, 8 und 9 wären. In Artikeln mit diesen Nummern geht es darum, welche „vorvertraglichen Informationen“ ein Anleger erhalten muss. Sprich: Was muss er wissen, bevor er unterschreibt?

Beginnen wir mit Artikel 9. Absatz 1 beginnt mit den Worten: „Wird mit einem Finanzprodukt eine nachhaltige Investition angestrebt ...“ und Absatz 3 mit: „Wird mit einem Finanzprodukt eine Reduzierung der CO2-Emission angestrebt ...“. Maren Schmitz erklärt: „Der gesamte Fonds muss ökologische und soziale Ziele verfolgen und auch über ihre Wirkung berichten. Zusätzlich darf er nicht in Anlagen investieren, die sich zeitgleich nachteilig auswirken können“, so die auf Finanzdienstleistung spezialisierte Partnerin beim Wirtschaftsprüfer KPMG. Sie bezeichnet Artikel 9 deshalb auch als den Goldstandard der Nachhaltigkeit. Einen anderen Begriff benutzt der auf nachhaltige Anlagen spezialisierte Matthias Hadinek, Berater bei Curentis: Dark Green.

Für Artikel-9-Produkte liegt die Transparenz-Messlatte besonders hoch: Laut Schmitz müssen die Produktanbieter regelmäßig berichten, was ihr Produkt bewirkt und ob und wie es das Nachhaltigkeitsziel erreicht. Die nötigen Datenfelder seien ab dem kommenden Jahr auszufüllen.

Etwas lockerer geht es in Artikel 8 zu. Er beginnt mit: „Werden mit einem Finanzprodukt unter anderem ökologische oder soziale Merkmale oder eine Kombination aus diesen Merkmalen beworben ...“ Die Floskel „unter anderem“ legt nahe, dass nicht der gesamte Fonds nachhaltig sein muss. Ein Minimum ist im Text aber nicht genannt.

In Artikel 8 dürften schon mal all jene Fonds landen, die Begriffe wie „ESG“ „Nachhaltig“ oder „Sustainable“ im Namen tragen. Schließlich ist der Fondsname immer eine Form von Eigenwerbung, und um Werbung geht es ja hier. Die Anbieter müssen Datenpunkte ausfüllen und Berichte verfassen und liefern. Vielleicht erwischt diese Regel nicht alle Mogelpackungen, zurückgehen dürfte ihr Anteil allemal.

Wer Artikel 8 und 9 nicht erfüllen kann, landet schließlich in Artikel 6, der somit das Auffangbecken ist. Er legt fest, dass Anleger erfahren sollen, ob und wie nachhaltig ihr Produkt ist. Und vor allem: Wenn der Produktanbieter „Nachhaltigkeitsrisiken als nicht relevant erachtet“, dann muss er das „klar und knapp“ begründen. Das gilt auch für Finanzberater, denen Nachhaltigkeit nicht wichtig ist.

Das muss nicht automatisch heißen, dass alle Artikel-6-Fonds schmutzig sind. Expertin Schmitz weist darauf hin, dass in sogenannten Comply-Produkten (comply = befolgen, einhalten) schon Ausschlusslisten greifen können und Nachhaltigkeit ein Teil des Anlageansatzes sein kann. Nur wirbt der Fonds eben nicht damit, oder der Anbieter kann oder will die Regeln nach Artikel 8 nicht befolgen. Oder er ist sich schlicht nicht sicher, ob er die Artikel-8-Ansprüche erfüllen kann und geht vorsichtshalber auf Artikel 6.

Kein Zweifel, die SFDR krempelt die Finanzwelt gehörig um. Sie dürfte den IT-Abteilungen reichliche Überstunden bescheren und Funktionären einiges Kopfzerbrechen bereiten. Aber sie wird auch dafür sorgen, dass bei einigen grün angestrichenen Produkten und Anbietern die Farbe abblättert. Sie setzt Nicht-Nachhaltigkeit mit einem Extra-Risiko gleich, das der Anleger nun bewusst akzeptieren muss. Und sie erzeugt auch eine gewisse Spannung, was denn eigentlich passiert, wenn Wirtschaftsprüfer und/oder Behörden den ersten Mogelpackungen auf die Spur kommen.

Das Analysehaus Morningstar hat die Angaben der Fondsanbieter bereits ausgewertet und einen entsprechenden Datenpunkt eingeführt. Am 7. Juni sah die Welt so aus: Von über 8.000 registrierten Fonds waren genau 1.600 in Artikel 8 eingeschlüsselt und 223 in Artikel 9. Doch es wird noch einiges passieren, denn Fonds können sehr wohl von Artikel 6 auf 8 oder 9 hüpfen oder eben zurück. Frei nach Michael Schanze heißt es für die Finanzbranche: „Sechs, acht oder neun, du musst dich entscheiden, sortier‘ den Fonds ein!“ Nur eben ohne Plopp.

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