Verkauf oder Fortführung? Wie die Nachfolgeplanung für Unternehmer gelingen kann

Die Gastautoren Martin Lindenau (links) und Tillmann Bettmer erklären, was Unternehmer bei der Nachfolgeplanung beachten müssen.

Die Gastautoren Martin Lindenau (links) und Tillmann Bettmer erklären, was Unternehmer bei der Nachfolgeplanung für Optionen haben. Bildquelle: Legavis Rechtsanwälte, Geneon Leadership

Ich bin Familienunternehmer. Unsere Firma wurde 1965 in einer Kleinstadt in Baden-Württemberg gegründet und erfreut sich einer stolzen Tradition im Maschinenbau. Wir führen unser Unternehmen in der 3. Generation – Denken in Generationen, Vertrauen und Wertschätzung für unsere Mitarbeiter und Kunden haben uns erfolgreich gemacht und sind uns wichtig.

Nun erreiche ich bald das 59. Lebensjahr, meine Tochter ist Ärztin und mein Sohn hat seine Karriere in der Wissenschaft gemacht. Sie begleiten unsere Firma interessiert und wohlwollend, sind aber Ihre eigenen Wege gegangen.

Leider werde ich nicht mehr jünger und muss mir zwangsläufig Gedanken machen, wie ich meine Nachfolge gestalte. So ein Prozess (das habe ich bei befreundeten Unternehmern gesehen) kann einige Jahre in Anspruch nehmen.

Was sind nun also meine Optionen?

  1. Die Firma verkaufen? Nein – wir bleiben in Familienhand.
  2. Meine Kinder nochmal fragen? Nein – beide wollen nicht.
  3. Eine Stiftung? Ist teuer, komplex und schränkt uns zu sehr ein.
  4. Den beiden Geschäftsführern für Technik und Finanzen die Firma übergeben? Ich sehe bei beiden aber nicht das Potential für den Geschäftsführerposten.
  5. Einen externen Geschäftsführer suchen und ich bleibe alleiniger Gesellschafter?

Mit dieser fünften Möglichkeit habe ich mich intensiv beschäftigt und mir dabei folgende Fragen gestellt:

  • Was bedeutet das für die Firma?
  • Welche Chancen sind damit verbunden?
  • Welche Eigenschaften soll der ideale Kandidat mitbringen?
  • Müssen wir die Organisation und die Strukturen umbauen?
  • Was bedeutet das für mich?
 

Nicht wenige solcher Nachfolgeversuche scheitern – meist aus persönlichen Gründen und unterschiedlichen Erwartungshaltungen. Auch das habe ich bereits in meinem näheren Umfeld erlebt.

Für mich sind hierfür zwei Aspekte entscheidend? Erstens: Vor welchen unternehmerischen Herausforderungen steht unsere Firma in den nächsten fünf Jahren? Der neue Geschäftsführer muss diese bewältigen können. Zweitens: Welche Persönlichkeit passt in unsere Firmenkultur und wie passt sie in unser Team? Den zweiten Punkt zu beantworten, ist vielleicht noch einen Hauch entscheidender für mich.

Zu den persönlichen Anforderungen habe ich mir Folgendes notiert:

  1. Er muss zu unseren Werten der Langfristigkeit, Vertrauen und Wertschätzung passen
  2. Ein Menschenfreund soll er sein – ja, auch ein emotionaler Leader, ein Motivator und guter Zuhörer
  3. Stärken in der Umsetzung und Durchsetzung, die auch zu mutigen Entscheidungen führen
  4. Neugier und die Bereitschaft, immer neu dazu zulernen

224.000 Unternehmens inhaber wollen sich zurückziehen

Diese fiktive Geschichte steht sinnbildlich für die große Zahl an Familienunternehmern, die sich in den nächsten Jahren zurückziehen möchten. Bis Ende 2024 planen laut KfW Mittelstandspanel rund 224.000 Inhaber mittelständischer Firmen ihren Rückzug. Das entspricht sechs Prozent der 3,81 Millionen kleinen und mittleren Unternehmen mit einem Jahresumsatz von bis zu 500 Millionen Euro.

Die Schwierigkeiten, geeignete Kandidaten zu finden werden zunehmen – die Nachfolgelücke im Mittelstand wächst, da jeder Dritte Inhaber mindestens 60 Jahre alt ist. Der demografische Wandel verstärkt diese Entwicklung. 74 Prozent der Befragten sehen es als größte Herausforderung, einen geeigneten Nachfolger zu finden.

Verkauf aus einer Holdingstruktur kann Steuerbelastung verringern

Aus der Perspektive des (anwaltlichen) Nachfolgeberater treten neben die unternehmerischen und familiären Aspekte stets auch steuerliche und gesellschaftsrechtliche Fragestellungen. Sollte sich die Familie für einen Verkauf (Exit) entscheiden, könnte oder sollte zuvor noch eine Holdingstruktur errichtet werden, um die Steuerlast im Zuge des Verkaufs drastisch zu reduzieren.

Wenn ein Unternehmen (GmbH) im Verkaufszeitpunkt aus einer Familienholding (GmbH) heraus verkauft wird, stellt sich die Steuerbelastung wie folgt dar: Der Verkauf an sich ist für die Familienholding steuerfrei. 5 Prozent des Veräußerungserlöses (das heißt bei einem Veräußerungserlös von 100 Millionen Euro sind es  5 Millionen Euro) werden als nicht abzugsfähige Betriebsausgaben der Körperschaftsteuer unterworfen. Der hierauf anzuwendende Steuertarif liegt bei 30 Prozent (Körperschaftsteuer + Gewerbesteuer), so dass die Steuerbelastung bei einem Verkaufserlös lediglich 1,5 Millionen Euro beträgt – ein Bruchteil der Steuerbelastung, die ohne Holdingstruktur entstehen würde.

 

Die steuerlichen Vorteile einer Holdingstruktur sind jedoch nur dann realisierbar, wenn die Holdingstruktur entweder von Anfang an errichtet wurde oder wenn seit der Umstrukturierung eine Übergangsfrist von sieben Jahren vergangen ist, bevor die Familie den Exit vollzieht. Der Erlös in der Holding könnte nun reinvestiert werden, wobei bestimmte Assetklassen nach dem Investmentsteuergesetz (InvStG) auf der GmbH-Ebene gegenüber einem privaten Engagement bevorzug werden.