Mit steigender Geldentwertung Wie die Inflation die Geldpolitik und Portfolios aus dem Gleichgewicht bringt

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Eine vor sich hin galoppierende Inflation war noch nie gut für Aktien. Als der US-Verbraucherpreisindex veröffentlicht wurde, endete eine lange Gewinnphase des S&P 500, die weniger zinssensitiven Zykliker und Substanzwerte hielten sich aber besser. Europäische sowie japanische Aktien legten sogar zu. Wir glauben, dass diese Märkte und Marktsegmente langfristig sogar von einer höheren Teuerung profitieren können.

Hinzu kommt, dass die Dividenden sogar real gestiegen sind. Unternehmen mit regelmäßigen Ausschüttungen waren in der Vergangenheit stets weniger risikoanfällig. Nach zehn Jahren Minderertrag zählen sie jetzt zu den wenigen recht attraktiv bewerteten Titeln.

Wir rechnen auch nicht mit einem ungeordneten Ausverkauf am Anleihenmarkt. Die Realrenditen sind so extrem niedrig, dass die Nominalrenditen wohl auch dann noch steigen, wenn die Inflation in den nächsten Monaten nachlässt. Wir schätzen, dass Investoren flexibel sein müssen – und auch in Nischenmärkte investieren sollten. Dazu zählen etwa kurz laufende Credits, variabel verzinsliche Loans, Hybridanleihen und chinesische Anleihen.

Mehr Vielfalt im Portfolio

Die jüngsten Zahlen sprechen aber unserer Ansicht nach vor allem für einen größeren Portfolioanteil alternativer Assetklassen. Wenn Anleihen und Aktien zu teuer sind, könnten nicht börsennotierte Titel und ausgewählte, liquide alternative Strategien interessant werden. Aussichtsreich scheinen auch Marktsegmente zu sein, deren Renditen meist über der Inflationsrate lagen.


Ein Beispiel: Rohstoffe. Die Energiepreise scheinen wieder etwas nachzugeben, während die Edelmetallpreise angesichts der zunehmenden Inflation steigen. Mit letztereb kann man sich mitunter vor einer anhaltenden Teuerung schützen. Börsennotierte und nicht börsennotierte Immobilien – Sachwerte mit indexierten Mieten – verzeichneten meist ebenfalls Renditen über der langfristigen Teuerung. Auch Währungsstrategien können dann interessant sein; die hohe implizite Wechselkursvolatilität sorgt vielleicht sogar für einen guten Einstiegszeitpunkt.

Es bleibt also ein wenig Hoffnung. Wir glauben, dass auf diese Weise der Unsicherheit und Volatilität und den vielleicht auch nachhaltigeren Verbraucherpreisschocks in den nächsten Monaten etwas entgegenzusetzen ist. Letztlich erwarten wir zwar eine höhere und anhaltendere, aber keine wirklich extreme Inflation. Und doch kann die Teuerung die Geldpolitik 2022 aus dem Gleichgewicht bringen. Damit unsere Portfolios nicht auch aus dem Gleichgewicht geraten, braucht es eine kluge Diversifikation.


Über den Autor:

Erik Knutzen ist Co-Leiter des Investment-Teams für quantitative und Multi-Asset-Strategien sowie Investmentchef für Multi-Asset-Strategien bei Neuberger Berman.
Knutzen kam 2014 zum US-amerikanischen Asset Manager. Zuvor arbeitete er bei NEPC, LLC, wo er seit 2008 als Investmentchef tätig war.

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