Umfrage zum Homeoffice Wie Corona die Büros der Privatbanken verändert hat

Headphones
Artikel hören
Umfrage zum Homeoffice
Wie Corona die Büros der Privatbanken verändert hat
Die Audioversion dieses Artikels wurde künstlich erzeugt.
Teamraum von Vontobel in Zürich.

Ideal für den Austausch mit Kollegen und dem gemeinsamen Tüfteln an neuen Ideen, der Teamraum von Vontobel in Zürich. Foto: Vontobel

Fünf Tage pro Woche Homeoffice, wochenlang. So viel Vertrauen in ihre Angestellten schien für viele Arbeitgeber vor Ausbruch der Corona-Pandemie undenkbar. Dann kam der erste Lockdown im März 2020, und auf einmal ging es doch. Viele Unternehmen mussten ihre Mitarbeiter noch mit Laptops und Diensthandys ausrüsten und schickten sie dann an den heimischen Esstisch.

Besser gewappnet als die meisten Arbeitgeber waren die Privatbanken. „Sie waren bereits vor der Pandemie Vorreiter bei mobil-flexiblen Arbeitsformen inklusive Homeoffice“, sagt Carsten Rogge-Strang, Hauptgeschäftsführer des Arbeitgeberverbands des privaten Bankgewerbes (AGV Banken). Deshalb habe es auch wenig Probleme bei der Umstellung zu Beginn der Pandemie gegeben. „Auch vermeintlich schwierige Anforderungen wie die sichere Datenübertragung aus dem Homeoffice haben erstaunlich schnell reibungslos funktioniert“, so Rogge-Strang.

Das bestätigen auch die Antworten der Banken auf eine Umfrage des private banking magazins zum Einfluss der Pandemie auf die Raumkonzepte der Privatbanken. Teilgenommen haben 14 Banken. Vereinzelt haben Banken technisch aufgerüstet, um besser auf mobiles Arbeiten sowie hybride Beratung eingestellt zu sein. Doch haben die meisten mobiles Arbeiten und hybride Beratung schon vorher ermöglicht.

Der reibungslose Ablauf könnte ein Grund dafür sein, dass das Homeoffice so beliebt ist. Knapp vier Fünftel der Beschäftigten im privaten Bankgewerbe wollen künftig gerne mehr von zu Hause aus arbeiten als vor der Pandemie. Das geht aus einer Beschäftigtenbefragung im privaten Bankgewerbe von Kantar im Auftrag des AGV Banken hervor. Einen der wichtigsten Gründe nennt Rogge-Strang: „Mobiles Arbeiten wirkt entlastend. Das steigert die Arbeitszufriedenheit.“ Mit 68 Prozent stimmen etwas mehr als zwei Drittel der Befragten zu, dass das Arbeiten von zu Hause aus weniger Stress für sie bedeutet.

Die Zufriedenheit kann bei zu viel Homeoffice allerdings ins Gegenteil umschlagen. Von allen Bankern, die mindestens einmal pro Woche im Homeoffice arbeiten, arbeitet mehr als ein Viertel ausschließlich im Homeoffice, doch nur 12 Prozent der Befragten aus dieser Gruppe würden gern dauerhaft aufs Büro verzichten.

Nachteile des Homeoffice

Denn während sich beim mobilen Arbeiten die Arbeitszeit flexibler einteilen lässt, sich Beruf und Privatleben einfacher vereinbaren lassen und die Mehrheit der Banker effizienter arbeitet, leiden Zusammenarbeit, Teamgeist und das Führungsverhalten. So geben beispielsweise nur 21 Prozent der Befragten an, dass der Teamgeist im Homeoffice besser oder erheblich besser als im Büro ist, 31 Prozent sagen, dass er geringer oder deutlich geringer ist. Besonders stark leidet der informelle Austausch. 17 Prozent schätzen ihn besser als im Büro ein, 41 Prozent schlechter.

Und auch wenn Mitarbeiter und Banken aus der langen Pandemiezeit gelernt haben: Der virtuelle Kaffee per MS Teams, Chats und E-Mails können den Plausch in der Teeküche oder in der Mittagspause doch nicht ersetzen. „Wir beobachten, dass sich besonders neue, aber auch viele weitere Beschäftigte gern im Büro treffen wollen. Für sie sind der informelle Austausch, das soziale Miteinander und die Arbeit in Kreativprozessen in Präsenz enorm wichtig“, sagt Rogge-Strang. Das bestätigen auch die Antworten unserer Umfrage.

Wenig verwunderlich also, dass Angestellte gern das Beste aus beiden Welten hätten und am liebsten mehrmals pro Woche, aber nicht täglich, im Homeoffice arbeiten. Das geben 49 Prozent der Befragten an, die mindestens einmal pro Woche von zu Hause aus arbeiten. 2021 wollten noch 46 Prozent der Angestellten mehrmals pro Woche mobil arbeiten. Auch der Wunsch, ausschließlich oder täglich im Homeoffice zu arbeiten, hat im Vergleich zum Vorjahr zugenommen.

So viel Homeoffice erlauben die Banken

Auch hier stimmen die Ergebnisse mit unserer Umfrage unter den Privatbanken überein. Mehr als die Hälfte der teilnehmenden Banken beobachtet entweder, dass ihre Mitarbeiter durchschnittlich zwei Tage pro Woche von zu Hause aus arbeiten, oder legt diese Zahl als Obergrenze fest. Zudem ist der erlaubte oder beobachtete Homeoffice-Anteil abhängig davon, in welcher Abteilung die Angestellten arbeiten. So genehmigt die Hypovereinsbank Mitarbeitern mit Kundenkontakt maximal 20 Prozent Homeoffice, anderen Abteilungen 40 Prozent. Bei der Fürst Fugger Privatbank dürfen Mitarbeiter sogar bis zu 80 Prozent ihrer Zeit flexibel arbeiten. Auch dort bleiben die Kollegen im Schnitt ein oder zwei Tage zu Hause.

Mehrere Banken wie Donner und Reuschel, die Merkur Privatbank, Oddo BHF, die Quirin Privatbank und die Südwestbank setzen auf flexible Regelungen und individuelle Vereinbarungen mit Führungskräften. Fast alle von uns befragten Banken erlauben ihren Mitarbeitern, mindestens einen Tag pro Woche außerhalb der Bank zu arbeiten.

Die einzige Ausnahme bildet die Berenberg-Bank, die täglich ins Büro bittet. „Wir sehen nach einer Zeit des hybriden Arbeitens, dass insbesondere die Teamarbeit und unser Service für die Kunden optimiert werden, wenn die Kolleginnen und Kollegen zusammen im Büro arbeiten“, begründet ein Sprecher auf Anfrage. Und weiter: „Wir sind überzeugt, dass die enge Zusammenarbeit und der Aufbau von persönlichen Beziehungen und Netzwerken wesentliche Bestandteile unseres Erfolgs und unserer Unternehmensidentität sind.“

Arbeit ohne Büro: möglich aber unerwünscht

Unbestritten ist, dass die Pandemie dennoch ein Treiber des flexiblen Arbeitens ist. Die meisten Banken haben Betriebsvereinbarungen zum mobilen Arbeiten eingeführt. Schon vor Ausbruch der Corona-Pandemie hat aber bereits mehr als die Hälfte der Banker zumindest ab und an im Homeoffice gearbeitet. Das sind Zahlen der Kantar-Umfrage aus dem Februar 2020. Im Februar 2022 haben nur 28 Prozent der Befragten angeben, nie mobil zu arbeiten. „Damit ist das Potenzial auch weitgehend ausgeschöpft. Denn es gibt Aufgaben, die sich zu Hause nicht oder nur schwer erledigen lassen wie beispielsweise im Filialvertrieb, im Handel oder im Umgang mit nicht-digitalisierten Dokumenten, die in der Bank verbleiben müssen“, so Rogge-Strang.

 

 

Die Pandemie hat offengelegt, was passiert, wenn ein Großteil der Private Banker über Wochen nicht im Büro arbeitet. Es ist möglich. „Es ist zugleich aber als Dauerzustand von den Kolleginnen und Kollegen sowie auch unseren Kunden nicht gewünscht“, sagt dazu ein Sprecher der Warburg-Bank. Und ergänzt: „Die Pandemie hat die Bedeutung des Büros beziehungsweise von Besprechungsräumen als Orte der Begegnung gestärkt.“ Das Büro als Ort des persönlichen Austauschs: Dieser Aspekt zieht sich durch unsere Umfrage. So steht der persönliche Austausch mit Kollegen an erster Stelle bei der Antwort auf die Frage, warum Mitarbeiter im Büro arbeiten wollen.

Wie die Pandemie die Funktion des Büros verändert hat

Dass es für persönliche Gespräche keinen Ersatz gibt, überrascht nicht. Die Lockdowns haben aber gezeigt, wie wichtig dieser Aspekt ist. Die Fürst Fugger Bank hat darauf reagiert und „Begegnungsräume mit Sitzgruppen und Kaffeeautomaten geschaffen, mit dem Ziel, einen kreativen, zwanglosen Austausch zu fördern“, so ein Sprecher der Bank. Einige Mitbewerber gehen weiter. Sie setzen auf den Trend flexibler Arbeitsplätze, um die Kommunikation der Mitarbeiter untereinander zu fördern. Dieses Konzept hat schon vor der Pandemie an Fahrt gewonnen, die flexiblere Arbeitsweise hat diesen Trend noch beschleunigt. Die Bethmannbank beispielsweise hat ihr Büro in Frankfurt schon vor drei Jahren umgebaut. Nun sollen alle weiteren 13 Standorte folgen. Damals beim Umbau des Frankfurter Büros sei man allerdings noch von einer höheren Belegung ausgegangen. „In der Zentrale in Frankfurt werden wir einige Arbeitsplätze abbauen und die so gewonnenen Flächen in größere Teammeeting-Bereiche umgestalten“, so ein Sprecher der Bank.

Ähnlich geht Donner & Reuschel vor, die Flächen für unterschiedliche Situationen wie vertrauliche Gespräche, kreativen Austausch oder konzentriertes Arbeiten schaffen. Die entsprechenden Räume kann man dann via App buchen. Auch die Quirin Privatbank wird ihre Fläche nicht reduzieren. Christian Ohswald, Leiter Privatkundengeschäft Quirin Privatbank: „Vielmehr definieren wir die Funktion von Büros neu. Arbeiten können Menschen von überall, das hat Corona gezeigt. Für Austausch, Weiterentwicklung, Zuhören und gegenseitiges Lernen bekommt das Büro hingegen eine neue Relevanz.“

Wie hat Ihnen der Artikel gefallen?

Danke für Ihre Bewertung
Leser bewerteten diesen Artikel durchschnittlich mit 0 Sternen