Wichtiger Beitrag der Private-Banking-Berater Wie das Kundenwertmanagement verstecktes Kundenpotenzial heben kann

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Einfach umzusetzendes Scoring-Modell

Soweit die Theorie, doch in der Praxis werden bisher hauptsächlich leicht zugängliche Kriterien berücksichtigt. Schon der Deckungsbeitrag wird kaum berechnet, geschweige denn noch aussagekräftigere Werte wie der Customer Lifetime Value. Tatsächlich ist dieser schwierig zu bestimmen, weil dafür meist die Informationen fehlen.

Um dennoch strategisch verwendbare Kundenwerte zu bestimmen, empfiehlt sich die stärkere Einbeziehung des Kundenberaters, der schließlich seine Kunden am besten kennt. Bei manchen kann es etwa trotz negativen Deckungsbeitrags sinnvoll sein, die Geschäftsbeziehung aufrechtzuerhalten, weil sie als Multiplikatoren die Akquise unterstützen.

Für die Abbildung solcher Überlegungen eignet sich das Scoring-Modell, das qualitative und quantitative Aspekte einzeln bewertet, aber anschließend gewichtet und zu einem eindimensionalen Kundenwert zusammenführt. Damit dabei unbedingt erforderliche Faktoren nicht durch unwichtige mit hoher Wertung überkompensiert werden können, werden die Werttreiber multiplikativ verknüpft. Eine Null für ein zentrales Kriterium hat auf diese Weise Knock-Out-Wirkung. Um den damit verbundenen großen Einfluss von Extrembewertungen wieder herauszurechnen, muss zusätzlich eine additive Verknüpfung stattfinden.

Zu den monetären Werttreibern im Scoring-Modell zählen die gegenwärtigen finanziellen Beiträge des Kunden und das Cross-Selling-Potenzial. In die Beiträge fließt der absolute Umsatz ein, aber auch der relative Ertrag der Kundenbeziehung sowie der Return on Assets.

Weitere wichtige Größen sind der Durchschnittsumsatz je Bankauftrag und der Share of Wallet, der maximal ist, wenn der Kunde alle seine Finanzanlagen mit nur einer Bank abwickelt. Ebenfalls monetär zu fassen ist das Cross-Selling-Potenzial, für das der Bedarf an zusätzlichen Finanzdienstleistungen zu ermitteln ist, welche die Bank selbst nicht anbietet.

Nicht-monetäre Werttreiber im Scoring-Modell sind das Referenz-, das Informations- und das Garantiepotenzial. Je zufriedener der Kunde, desto häufiger empfiehlt er die Bank weiter, wobei natürlich finanziell potente Adressaten lukrativer sind.

Auch qualitativ hochwertige Tipps für eine Ausweitung des Angebotes der Bank steigern den Kundenwert. Dasselbe trifft auf einen hohen Bindungsgrad zu – und der ist umso höher, je länger die Kundenbeziehung bereits besteht und je kooperationswilliger der Kunde ist.

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Kundenberater im Zentrum

Betrachtet man das Scoring-Modell genau, so wird eines deutlich: Der Kundenberater ist der zentrale Dreh- und Angelpunkt für die Feststellung des Kundenwertes. Vorteile des Modells sind die vergleichsweise sehr geringen Kosten, die hohe Transparenz und die Einbeziehung sowohl monetärer als auch qualitativer Größen.

Bleibt die Frage, was konkret aus den Kundenbewertungen folgt. Zum einen lassen sich damit die Affinitäten der Berater zu einzelnen Kunden objektivieren, zum anderen Änderungen für die Ansprache des Kunden und die ihm angebotenen Leistungen ableiten. In lukrativere Kunden wird mehr Zeit und Geld gesteckt und zwar in genau der Art und Weise, dass die vorhandenen Potenziale bestmöglich ausgeschöpft werden.

Denn: Der eine Kunde wird mit großer Wahrscheinlichkeit noch mehr in bestimmte Anlageformen investieren, der andere eher Freunden und Bekannten den Private Banker anpreisen. Da muss der Umgang mit diesen beiden Kundentypen unterschiedlich sein.

Das TME Institut hat ein Whitepaper zum Kundenwertmanagement verfasst, welches zum Download bereitsteht.


Über die Autoren:
Stefan Roßbach ist Gründungspartner der Beratungsgesellschaft TME und sitzt im Management Board. Er ist zudem Vorstandsmitglied des TME Instituts, einer Forschungsplattform. Mit seiner über 20-jährigen Expertise in der Financial-Service-Industrie liegt sein Fokus auf der Entwicklung innovativer Geschäftsmodelle im Direct and Digital Banking.

Stephan Paxmann ist Gründer und Vorstand der TME. Zuvor war er im International Banking des Allianz-Mutterkonzerns in München und Paris sowie in der strategischen Konzernentwicklung der Commerzbank in Frankfurt tätig. Seine Expertise im Digital Banking baute der Wirtschaftsinformatiker durch seine Tätigkeit für die Beratungsfirmen eConsilium in London und IMG St. Gallen sowie als Global Programme Manager bei der Deutschen Bank in Frankfurt und New York auf.

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