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private banking magazin: Herr Wilczura, Sie sind Co-Gründer von Spiritory. Skizzieren Sie bitte kurz die Idee hinter der Plattform.
Janis Wilczura: Spiritory ist eine börsenähnliche Handelsplattform für Whisky und Spirituosen. Käufer können Gebote abgeben, Verkäufer können Angebote einstellen. Wenn beide Preise übereinstimmen, kommt es zu einer Transaktion.
Warum ist diese Art der Preisbildung wichtig?
Ein grundlegendes Problem im Whisky-Handel ist die Preistransparenz. Ein Händler kann in seinem Webshop Wunschpreise aufrufen. Wenn eine Flasche für 2.000 Euro angeboten wird, heißt das aber nicht, dass sie diesen Wert auch hat. Wir wollen diese Intransparenz aufbrechen, indem wir auch die Käuferseite in die Preisbildung einbeziehen.
Der Wert eines Whiskys hängt auch von der Qualität ab. Wie stellen Sie eine einheitliche Qualität der gehandelten Flaschen sicher?
Wilczura: Wir arbeiten mit standardisierten Produktseiten und haben einen klaren Qualitätsstandard definiert. Der Zustand der Flasche muss sein, als ob sie direkt aus einem Shop käme, sowohl was Verpackung, Etikett als auch den Füllstand angeht. Letzterer ist besonders bei älteren Flaschen ein entscheidender Faktor, um den Wert zu bestimmen.
Whisky hat als Anlageklasse in den vergangenen Jahren zunehmend Interesse bei Investoren geweckt.
Wilczura: Nicht ohne Grund. 2022 war seltener Whisky laut Frank Knight Report mit einer Wertsteigerung von 582 Prozent in zehn Jahren die beste alternative Anlageklasse. Auch die besten Aktienindizes konnten da nicht mithalten. Diese Entwicklung beruhte auf einem starken Trend: Whisky, insbesondere Premium-Whisky, war eines der am stärksten nachgefragten Produkte – nicht nur im deutschsprachigen Raum, sondern vor allem international.
Woher stammt die hohe Nachfrage, ausgerechnet nach Whisky?
Wilczura: Ein wichtiger Faktor sind die Emerging Markets wie China, Indien oder Brasilien, Gesellschaften, in denen sich Vermögende stark über Konsum und Prestige definieren. Im Spirituosen-Bereich ist Whisky die absolute Speerspitze. Das Problem: Whisky muss lange gelagert werden. Wenn die Nachfrage steigt, können Händler auf der Angebotsseite nicht kurzfristig reagieren. Wer heute einen 30 Jahre alten Whisky kaufen möchte, ist auf das angewiesen, was vor 30 Jahren produziert wurde.
2022 war das Jahr der Sachwertinvestments. Nicht nur der Whisky-Markt befand sich damals auf einem Höhepunkt. Wie haben sich die Preise seitdem entwickelt?
Wilczura: Nach dem Höhepunkt 2022 kam die Zinswende und die Nachfrage nach Whisky als Wertanlage und Inflationsschutz ging zurück. Whisky ist zwar immer noch die beste alternative Anlageklasse der vergangenen zehn Jahre, aber wir reden nicht mehr von 580, sondern von 280 Prozent Wertsteigerung. Seit Mitte 2024 sehen wir jedoch eine deutliche Stabilisierung. In den vergangenen Wochen und Monaten haben einige Flaschen auch wieder kurzfristig hohe Renditen erzielt.
Wann eignet sich ein Whisky als Investment?
Wilczura: Wer einen Whisky als Wertanlage kauft, kann bereits mit 200 Euro einsteigen, nach oben geht es bis in den Millionenbereich. Die meisten Anleger starten zwischen 200 und 1.000 Euro pro Flasche. In diesem Bereich ist die Liquidität höher – Flaschen können im Zweifelsfall schneller verkauft werden als eine 50.000-Euro-Flasche, von der es weltweit nur fünf Stück gibt.
Worauf sollten Einsteiger besonders achten?
Wilczura: Zentral ist die Marke. Die Qualität ist wichtig, aber nicht automatisch entscheidend für den Preis – ähnlich wie im Automobilsektor ist das Prestige ausschlaggebend. In Schottland sind das etwa Marken wie Macallan, Bowmore oder Ardbeg. Sehr interessant ist auch der japanische Markt mit Marken wie Yamazaki, die als handwerkliche Speerspitze der Industrie gelten. Spannend sind zudem die „Lost Distilleries“ – Brennereien, die vor Jahren geschlossen wurden. In Schottland wären das zum Beispiel Port Ellen oder Brora, in Japan Hanyu oder Karuizawa. Wer keine tiefe Expertise hat, sollte sich auf die großen Marken und geschlossene Destillerien konzentrieren.
Schottland ist traditionell der wichtigste Whisky-Produzent. Wie hat sich der Markt dort entwickelt?
Wilczura: Schottland ist nach wie vor das Maß der Dinge, wenn es um Premium-Whisky geht. Die etablierten Destillerien haben in den vergangenen Jahren ihre Produktion zwar ausgeweitet, können aber dennoch die steigende Nachfrage kaum bedienen. Das liegt vor allem daran, dass gerade die besonders gefragten alten Whiskys naturgemäß nur in begrenzter Stückzahl verfügbar sind. Interessant ist auch, dass viele schottische Destillerien inzwischen zu großen Konzernen gehören, die die Preispolitik entsprechend steuern.
Welche Rolle spielt der erwähnte chinesische Markt?
Wilczura: China ist ein sehr spannender Markt, der kontinuierlich wächst. Interessant ist, dass die Chinesen zunehmend eine „China First“-Politik verfolgen – sie versuchen, die Menschen zum Konsum lokaler Produkte zu bewegen. Es gibt mittlerweile auch chinesische Whisky-Destillerien. Aber im Premium-Segment wird es noch Jahrzehnte dauern, bis die mit den etablierten Produzenten konkurrieren können. Schließlich braucht es 20, 30 Jahre, um entsprechend gealterte Whiskys anbieten zu können.
Und wie sieht es mit deutschen Whiskys aus?
Wilczura: Den deutschen Markt kann man nicht mit den etablierten Märkten vergleichen. Es gibt sehr vereinzelte Ausnahmen wie etwa St. Kilian, die nach schottischem Vorbild produzieren. Ihre limitierte „Exceptional Mizunara“-Abfüllung hat durchaus Investment-Potenzial gezeigt. Aber man muss im deutschen Whisky sehr selektiv sein und sich sehr gut auskennen, um hier investieren zu können.
Bei Whisky-Investments stellt sich auch die Frage nach der richtigen Lagerung.
Wilczura: Das Gute am Whisky ist: Er kann im Gegensatz zu Wein nicht schlecht werden. Alles über 40 Prozent Alkoholgehalt ist chemisch stabil. Die Qualität lässt sich in der Regel am Füllstand erkennen – verliert der Whisky Alkohol, ist das zu erkennen, ohne die Flasche zu öffnen. Für die Lagerung reicht ein trockener Keller mit wenig Licht und niedriger Luftfeuchtigkeit. Ein Profi-Tipp: Mit Parafilm, das man günstig kaufen kann, lassen sich Deckel und Korken zusätzlich versiegeln, um der Verdampfung des Alkohols entgegenzuwirken. Die einzige echte Gefahr ist direkte Sonneneinstrahlung – UV-Strahlen können den Whisky tatsächlich schädigen. Ansonsten ist Whisky im Vergleich zu anderen Sammlerobjekten pflegeleicht.
Wie wird sich der Markt in den nächsten fünf Jahren entwickeln?
Wilczura: Wenn wir nicht in eine weitere Weltwirtschaftskrise rutschen und sich die geopolitische Lage beruhigt, gehe ich von einer signifikanten Erholung aus. Meine mittelfristige Prognose ist, dass wir in den nächsten fünf Jahren wieder das Preisniveau von 2021 erreichen. Der Aktienmarkt bewegt sich eher im Zickzack, der Whisky-Markt in Wellen. Wir haben jetzt den Boden einer Welle gesehen. Über einen Zeitraum von fünf Jahren werden wir uns wieder an das Allzeithoch von 2022 heranarbeiten.
Das klingt verheißungsvoll. Allerdings muss ich gestehen: Ich bin kein Whisky-Trinker.
Wilczura: Man sollte dem Produkt auch als Anleger nicht komplett abgeneigt sein. Alternative Investments haben auch mit Spaß und Interesse zu tun. Selbst wenn der Whisky-Markt einbrechen sollte: Im schlimmsten Fall hat man einen 30 oder 40 Jahre alten Whisky zu Hause, den man immer noch trinken kann. Das ist das Worst-Case-Szenario.
Drei Whisky-Tipps von Spiritory-Gründer Janis Wilczura:
Macallan 10 Years Old Sherry Oak (um 200 Euro): Macallan ist die Speerspitze im Whisky-Investment. Als eine, wenn nicht sogar die prestigereichste Whisky-Marke der Welt steht, Macallan wie keine anderer Name für hochwertigen und luxuriösen Whisky. Der „Macallan 10 Years Old Sherry Oak“ ist eine ehemalige Abfüllung aus der Core-Range, die sowohl mit Qualität, Verfügbarkeit und Preisentwicklungspotential ein großartiger Einstieg in das Thema Whisky-Investment darstellt.
Alte Bowmore Editions, zum Beispiel „Bowmore Claret Bordeaux Wine Casked“ (um 800 Euro): Bowmore hat sich nicht zu letzt durch die Kooperation mit Aston Martin in das Luxussegment hochkatapultiert. Auch hier stehen besonders ältere Abfüllungen im Fokus. Der Bowmore Claret, ein Whisky, der in Bordeaux Wein Fässer gefinished wurde gehört zu einer der beliebtesten Abfüllungen, welche in den letzten zwei Jahrzehnten ihren Preis bereits vervielfachen konnte.
Hanyu Cards-Series, zum Beispiel „Hanyu 2000 Five Of Hearts Cask Nr.9100“: Hanyu gehört zu den „Lost-Distilleries“, wird aber durch ihre Familiengeschichte, nicht wie andere Marken wieder aufgelebt. Die „Cards“-Serie, ist eine der berühmtesten Serien der ehemaligen Hanyu-Brennerei, welche erst nach der Schließung aufgelegt wurde und verschieden Hanyu-Jahrgänge in Form eines kompletten Karten-Set beinhaltet. Einige Flaschen aus dem „Cards“-Set haben ihren Wert kurzfristig wieder verdoppeln können. Spannend könnten daher Flaschen wie „Hanyu 2000 Five Of Hearts Cask Nr. 9100“ sein.
Über den Interviewten:
Janis Wilczura ist Geschäftsführer und Mitgründer des Münchener Start-ups Spiritory, ein Online-Marktplatz für Whisky und Spirituosen. Wilczura ist einer der führenden deutschen Experten für Whisky-Investments und selbst Sammler und Investor.