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private banking magazin: Herr Thümmler, Ihre Begeisterung für Whisky ist in den 90er Jahren richtig aufgeblüht, als Sie noch im M&A-Bereich für die Investmentbank UBS Warburg in London gearbeitet haben. Erzählen Sie doch mal, wie beides zusammenkam?
Andreas Thümmler: Einen Faible für Whisky hatte ich schon in Deutschland entwickelt. Aber als ich dann als junger Investmentbanker in London stationiert war, habe ich es mir nicht nehmen lassen, zweimal im Monat nach Schottland oder Irland hochzufliegen, um dort Whiskey-Destillerien zu besuchen. Ich hatte eine Landkarte auf der alle Destillerien verzeichnet waren – da kamen so 150 bis 200 zusammen – und mir in den Kopf gesetzt, einen Großteil davon zu besuchen. Vor Ort wurden dann immer mal wieder Flaschen verkauft, Raritäten, die in der hintersten Ecke des Regals lagen, die für Sammler schon damals ein Vielfaches des Verkaufspreises wert waren. Da hab ich natürlich gesagt: 'Alle Flaschen davon bitte an mich'. Damit war der Trip dann oft schon finanziert. Und so entstand meine Whisky-Sammlung.
Heute umfasst ihre Sammlung nicht nur weit mehr als 2000 Flaschen, sondern sie haben im Jahr 2012 auch Ihre eigene Destillerie gegründet – und damit offenbar einen Nerv getroffen. Die St. Kilian Distillers in Rüdenau, Unterfranken, ist die größte Whisky-Destillerie in Deutschland. Wie ist das Unternehmen entstanden?
Thümmler: Über die Jahre hatte ich eine veritable Sammlung aufgebaut, auch deren Wert verfolgt und habe gemerkt, dass da immense Wertsteigerungen drin sind, die ich gar nicht erwartet hatte. Wir sprechen da von mehreren hundert Prozent Wertzuwachs in zehn Jahren. Da war's schade, dass ich nur Flaschen gesammelt hatte und nicht gleich ein Fass pro Destille gekauft habe. Ich habe dann begonnen, auch mal ganze Fässer zu kaufen, aber schnell gemerkt, dass es bei Destillerien, die einen guten Markennamen haben und überschaubare Mengen produzieren, sehr schwer ist, an ein Fass heranzukommen.
Und dann wollten Sie selbst Fässer abfüllen?
Thümmler: Genau. Irgendwann stand hier in meiner Heimat eine alte Textilfabrik leer. Ich habe mir das Gebäude mit einem irischen Freund, der selbst Master-Destiller und Geschäftsführer von einer Destillerie-Gruppe ist, angeguckt und ihn gefragt, ob man daraus eine Whisky-Destillerie machen kann. Er hat gesagt: 'Ja, aber das ist mit einem Haufen Arbeit und Investments verbunden.' Das war die Geburtsstunde von St. Kilian.

Wie viel produzieren Sie jetzt jährlich?
Thümmler: Das sind etwa 300.000 Liter Alkohol, in dieser Einheit wird die Produktionsmenge meist angegeben. In Fässern kann man ungefähr sagen 2.500 bis 3.000 Fässer Whiskey.
Ist deutscher Whisky – vor einigen Jahren kaum denkbar – am Markt angekommen?
Thümmler: Ja, auf jeden Fall. Als wir gestartet sind, herrschte noch Skepsis im Markt. Whisky aus Deutschland, der kam damals meist von kleinen Schnappsbrennern, die sich auch mal an Whisky probiert haben. Das war von der Qualität her nicht vergleichbar mit schottischem oder irischem Whisky. Dann kamen wir mit St. Kilian, zwar 'Whisky made in Germany', aber im Endeffekt sind wir eine schottische Destillerie auf deutschem Boden. Das komplette Equipment und die Anlage kommen aus Schottland. Da haben die Leute gemerkt: 'Das Zeug kann ja mithalten, mit meinem Whisky von der Insel'. Und mittlerweile haben wir uns eine signifikante Fan-Community aufgebaut.
Ist das Whisky-Sammeln für Sie noch Leidenschaft oder inzwischen vor allem Wertanlage?
Thümmler: Beides. Das Sammeln ist mit Entdeckungsreisen verbunden, auf denen ich in der Vergangenheit viele Bekanntschaften gemacht und auch Freundschaften geschlossen habe. Zum anderen ist es natürlich knallharte Wertanlage – wobei die Sammlung an sich im Vergleich zu der Destillerie und dem Bestand, den wir dort in den vergangenen Jahren aufgebaut haben, in den Hintergrund tritt.
„Whisky gegen die Inflation“ – nur ein Spruch, oder würden Sie Whisky wirklich als werterhaltendes Asset ansehen?
Thümmler: Ich würde es mindestens als werterhaltend ansehen. Aber in Zeichen signifikanter Inflation, wie wir sie jetzt haben, sogar als wertsteigernd. Natürlich kommt es darauf an, dass man die richtigen Marken sammelt und kauft. Es erfordert Knowhow und Gefühl dafür. Wenn man sich die Wertentwicklung schottischer Whiskys in den vergangenen vierzig Jahren anschaut, sind im Durchschnitt Steigerungen von mehr als zehn Prozent ganz normal. Wenn man einen Korb bilden würde und dort zum Beispiel die Top-Zehn-Marken zusammenfasst, liegt die Rendite deutlich höher. Dann kann es auch sein, dass man mit einer Sammlung in zehn Jahren bis zu tausend Prozent macht. So in etwa war das zu Beginn auch bei mir.
Wenn man als Neuling Whisky als Wertanlage kaufen will: Gibt es ein paar Merkmale, auf die man achten sollte?
Thümmler: Es sollte eine Premiummarke sein. Der Whisky sollte sich vom Preis her ab 50 Euro aufwärts bewegen, nicht darunter. Dann ist es wichtig, dass man sich auf einige wenige Destillerien fokussiert, diese dann aber konsequent sammelt, sodass man mal eine vollständige Serie hat, vielleicht auch in mehrfacher Ausführung. Das ist einträglicher als wenn man eine Querbeet-Sammlung von hundert Destillerien hat, wo vielleicht mal ein Volltreffer dabei ist.
Der Whisky-Markt hat in den vergangenen Jahren einen Boom erlebt. Sehen Sie die Gefahr, dass der Markt überhitzt? Ist das vielleicht in Teilen schon passiert?
Thümmler: Es ist nicht gerade die Zeit, um Schnäppchen zu machen. Dass der Markt überspekuliert ist, würde ich aber auch nicht sagen. Ich glaube, dass gerade in dieser inflationären Phase, in der viel Liquidität von traditionellen Anlageklassen in Real Assets umgeschichtet wird, noch viel Geld in den Markt reinfließt. Und der große Vorteil an Whisky ist: Wenn man die Flasche verschlossen lässt, hält sich die quasi ewig.
Welche Whiskys – eine aus dem höheren, eine aus dem niedrigeren Preissegment – würden bei Ihnen nicht lange im Regal stehen bleiben und wären damit als Anlage unbrauchbar? Weihnachten steht ja auch vor der Tür. Vielleicht ist ein Geschenktipp dabei...
Thümmler: St.-Kilian-Whisky kann ich ja jetzt nicht ins Feld führen. Der wäre für mich natürlich an erster Stelle. Unabhängig davon: Einen Johnny Walker Black Label Blended Whisky sollte man im Regal haben und der ist bei mir relativ schnell weg. Preislich etwas höher angesiedelt wäre der Lagavulin, 16 Jahre, ein torfiger Single Malt Scotch. Auch der würde bei mir nicht alt werden – und der würde sich auch unter dem Weihnachtsbaum gut machen.
Über den Gesprächspartner:
Andreas Thümmler ist eine Kultfigur der deutschen Tech-Szene. Nach seiner Zeit als Investmentbanker gründete er das Beratungshaus Corporate Finance Partners, das sich auf M&A-Deals in der Tech-Industrie spezialisierte. 2015 ging das Unternehmen mit Axcit Capital Management zu Axcit Capital Partners zusammen. 2008 gründete Thümmler zudem den Growth Equity Funds VCDE Venture Partners. Ab 2012 baute er als Geschäftsführer in Rüdenau St. Kilian auf, heute Deutschlands größte Whisky-Destille.