Gespräch mit nachdenklichen Vermögensverwaltern „Wenn Wolken aufziehen, geht es schnell und wird brutal“

Vorstandsschef Dirk Rüttgers (li.) und Portfoliomanager David Wehner von Do Investment

Vorstandsschef Dirk Rüttgers (li.) und Portfoliomanager David Wehner von Do Investment: „Unternehmen, auf die der Abgesang läuft“ Foto: Do Investment

private banking magazin: Meine Herren, lassen Sie uns zu Beginn das Jahr noch einmal Revue passieren.

Dirk Rüttgers: Gern, wir starteten damals vorsichtig ins Jahr 2020 ...

... Sie hatten die Pandemie geahnt?

Rüttgers: Das nicht. Wir sichern aber immer dann ab, wenn die Volatilität an den Märkten niedrig liegt. Und das war Anfang 2020 mit Werten bei 12 oder 13 der Fall. Wir hatten also im Dezember 2019 entsprechend günstige langlaufende Put-Optionen gekauft. Außerdem hatten wir noch einen bestehenden Put, der bis März lief. Damit konnten wir die erste Phase im Corona-Crash recht gut abfedern.

Und als die Aktienkurse abgestürzt waren?

Rüttgers: ... schlossen wir den Put, erhöhten die Aktienquote bis aufs Maximum und richteten sie stark auf Technologie aus. Es war schon verrückt, niemand wusste, was mit Pandemie und Lockdown auf uns zukommt. Aber wir wussten, dass man zugreifen sollte, wenn Aktienkurse um 40 Prozent fallen. Wir haben dann aber im Juni und Juli die Quote wieder gesenkt, was im Nachhinein sicherlich zu früh war. In einer weiteren Maßnahme haben wir vor etwa zwei Monaten Technologiewerte reduziert und beispielsweise Amazon verkauft.

Ist die Tech-Rally zu Ende?

Rüttgers: Es spricht einiges dafür. Ich will nicht sagen, dass es so dramatische Verluste geben wird wie nach der Hightech-Blase im Jahr 2000. Aber wir sehen einige große Übertreibungen. Vor ein paar Wochen kamen Air-BNB und der Lieferdienst Doordash an die Börse und sind nun insgesamt mehr wert als SAP und BMW zusammen. Das ist schon etwas merkwürdig.

Lassen Sie so etwas komplett außen vor, oder schauen Sie sich nicht die eine oder andere Sache genauer an?

Rüttgers: Wir lassen es eher außen vor. Wir können nicht dauerhaft die Research-Kapazitäten aufbringen, um auch solche Unternehmen anzusehen. Wir konzentrieren uns auf die großkapitalisierten Werte, von denen wir dann 30 bis 33 Werte ins Portfolio nehmen. Eine der wenigen Ausnahmen ist vielleicht Freenet, die wir immer mal wieder haben. Aber Freenet bringt eine ordentliche Dividendenrendite, sehr stabilen Cashflow und gute Wachstumsaussichten mit.

Ich habe das Gefühl, dass es am Markt derzeit nur sehr teuer und sehr billig gibt. Liege ich richtig?

David Wehner: Ja, das kann stimmen. Unter den 2020 am besten gelaufenen Aktien sind vor allem nicht nur die profitablen Technologiewerte aus der ersten Reihe, sondern solche Unternehmen wie Air-BNB, Doordash, Peloton und Zoom, die gerade erst an die Börse gegangen sind und noch aus der Startup-Phase herauswachsen. Sie stecken noch in der Entwicklung und haben bisher kaum was erwirtschaftet. Auch große Unternehmen wie Tesla und Netflix sind erst seit kurzem profitabel und werden mit sehr hohen Vielfachen bewertet. Tesla hat ein Kurs-Buchwert-Verhältnis von 48, bei BMW und Daimler liegt es etwa bei 1. Tatsächlich gibt es Unternehmen mit reichlich Vorschusslorbeeren und Unternehmen, auf die der Abgesang läuft, vor allem aus der Old Economy. Das ist aber schon seit 2018 der Fall.