Wasser statt Wind Hurrikan Harvey lässt Cat Bonds ungeschoren

Nur mal zum Vergleich: Als Ende Juni ein Witzbold durch die Straßen von Berlin schwamm, waren zuvor innerhalb eines Tages 144 Liter Regen pro Quadratmeter gefallen. Das entspricht einer 14,4 Zentimeter hohen Wassersäule.

In Texas ist diese Säule 1,24 Meter hoch, reicht also bis zur Hüfte. Es seien die stärksten Regenfälle, die jemals bei einem Hurrikan gemessen wurden, berichtet Credit Suisse. Man könnte auch sagen, Wirbelsturm Harvey hat den Texanern den Himmel auf den Kopf fallen lassen.

Wobei das gesamte Ausmaß noch nicht klar ist. Die Rating-Agentur Moody’s setzte ihre Schätzung für den Südosten von Texas auf 51 bis 75 Milliarden US-Dollar hoch. Das meiste komme von kaputten Häusern und Autos: 30 bis 40 Milliarden Dollar. 10 bis 15 Milliarden Dollar kosten Ausfälle in Handel und Industrie, und 5 bis 10 Milliarden Dollar gingen für zerstörte Infrastruktur drauf, heißt es von Moody’s.

Ein klarer Fall für die Inhaber von Katastrophenanleihen (Cat Bonds), sollte man meinen. Denn diese Anleihen funktionieren wie eine Versicherung: Anleger kaufen die Papiere, erhalten regelmäßige Zinsen, die sich aus den Versicherungsprämien speisen, und zahlen, wenn ein Schaden zu begleichen ist. Rückversicherer lagern über Cat Bonds Risiken aus und holen dafür Geld rein. Auf 86 Milliarden Dollar schätzt die Rating-Agentur S&P den Markt derzeit.

Cat-Bond-Fondsmanager geben sich von Harvey weitgehend unbeeindruckt. „Die Positionen, die wir halten, beziehen sich speziell auf die Küstenregion von Texas. Aufgrund ihrer Seniorität decken sie jedoch keine Hochwasserschäden ab. Wir erwarten daher nicht, dass Hurrikan Harvey eine Zahlungsverpflichtung auf diese Anleihen auslöst“, sagt Gregor Gawron, Leiter für Versicherungsanleihen (Insurance Linked Securities) bei Lombard Odier Investment Managers.

Auch anderswo beruhigt man: „Die meisten Investment-Risiken beziehen sich auf Wind, Flutkatastrophen sind größtenteils unversichert und werden sich deshalb nur gering auswirken“, heißt es in einem Kommentar von Securis Investments. Das klingt zynisch, ist aber sachlich richtig. Immerhin springt bis zu einem gewissen Grad das National Flood Insurance Program (NFIP) der USA ein.

In der Tat sollen die reinen Schäden durch den Sturm bei lediglich 2,3 Milliarden Dollar liegen. Vorerst. „Das liegt unter den Werten, ab denen Katastrophenanleihen zu zahlen beginnen“, schätzt man auf dem Cat-Bond-Portal Artemis.bm. Cat-Bond-Manager seien generell davon überzeugt, dass sich Harvey nicht auf ihre Portfolios auswirkt.

Von Konkurrent Twelve Capital heißt es: „Zurzeit sieht es so aus, dass Cat Bonds nicht von dem Hurrikan betroffen sind. Es wird aber ein paar Wochen dauern, bis der tatsächliche Schaden feststeht.“

Ausgestanden ist die Sache tatsächlich noch nicht, wie der auf Cat Bonds spezialisierte Investmentbanker Paul Schultz dem „Insurance Journal“ sagte. Investoren könnten noch im Laufe des Jahres betroffen werden, falls es noch mehr Katastrophen gibt. Einige Anleihen bündeln nämlich Sturm-Risiken über verschiedene Staaten hinweg.

Und das muss man ja eindeutig festhalten: Die Atlantische Hurrikan-Saison endet erst am 30. November. Bis dahin kann noch einiges passieren.

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