Große Versprechen, zu wenig dahinter? Was Private-Banking-Broschüren für Unternehmer wirklich leisten

Dirk Wiebusch, Gründer und Geschäftsführer des Instituts für Unternehmerfamilien (IFUF)

Dirk Wiebusch, Gründer und Geschäftsführer des Instituts für Unternehmerfamilien (IFUF): Der Experte wirft einen kritischen Blick auf die Marketingmaterialien der Private-Banking-Sparten mit Spezialangebot für Unternehmerkunden. Foto: Dirk Wiebusch

Seit einiger Zeit sehe ich zunehmend, dass sich die unterschiedlichsten Finanzinstitute – von Banken, Sparkassen und Volksbanken bis zu freien Vermögensverwaltern, Family Offices und weitere – vermehrt um das wichtige Kundensegment der Familienunternehmen und Unternehmerfamilien bemühen. Insbesondere beim Private Banking speziell für diese Zielgruppe. Das ist zunächst natürlich sehr erfreulich. Doch leider gehen viele Institute in diesem Zusammenhang immer noch das Risiko ein, den anspruchsvollen Unternehmerkunden per Broschüre umfangreiche Leistungen zu versprechen, die dann in der Praxis oft doch nicht angewandt werden können. Oder zumindest nicht so einfach und umfangreich, wie im Marketingmaterial dargestellt. Wie können Broschüren und Präsentationen gestaltet sein, damit sie keine leeren Worthülsen, sondern brauchbare Munition für die persönliche Beratung liefern?

Den expliziten Anstoß für diesen Artikel hat mir ein Erlebnis gegeben, das ich neulich bei einem Unternehmerkunden des Instituts Für Unternehmerfamilien (IFUF) hatte. Als Gründer und Geschäftsführer des IFUF war ich dort zu einem Gespräch eingeladen, das zufällig direkt nach einem Gespräch zwischen dem Familienunternehmer und seinem Berater aus der Abteilung Private Banking für Unternehmerfamilien (PB-UF) eines namhaften Finanzinstitutes stattfand.

Wir gaben uns also quasi die Klinke in die Hand, und als ich im Konferenzzimmer noch die Broschüren und die Präsentation des Beraters liegen sah, konnte ich meine professionelle Neugierde nicht mehr zügeln: „Und? Heiße Luft oder was Handfestes?“, fragte ich den Unternehmer mit einem metaphorischen Augenzwinkern. Zu meiner Freude merkte ich sofort, dass der Unternehmer von dem Gespräch nachhaltig begeistert war: „Wissen Sie“, sagt er, „als der zum ersten Mal mit seinen Broschüren zu mir kam, dachte ich: Ui, der trumpft aber ganz schön auf! Aber jetzt merke ich: Das, was da drinsteht, kann der alles genau so umsetzen! Und zwar, sobald ich mein Okay gebe, und nicht erst in ein paar Wochen, Monaten oder gar Jahren!“

Da war ich dann natürlich ganz Ohr, denn oft höre ich von Familienunternehmern das Gegenteil: Die Broschüren versprechen Premium-Services und -Produkte, die sich in der Praxis dann gar nicht blicken lassen oder nur nach langwieriger Bearbeitungszeit oder gar erst noch aufgebaut werden müssen. Diese Erfahrung hat dazu geführt, dass viele Unternehmer Marketingmaterialien mittlerweile beinahe ignorieren – „Ist am Ende eh nur Gerede“. Und selbst die Unternehmer, die sich noch dafür interessieren, finden in den Broschüren oft nicht die Informationen, die sie wirklich sehen möchten. Beides hat seine Gründe:

  • Weite Schere zwischen Versprechen und Umsetzung: Viele Broschüren sind zu theoretisch gehaltet und bieten letztlich mehr Marketing als praxisnahe Information. Das sorgt dafür, dass Leistungen, die dort angepriesen werden, in der qualitativen Umsetzung später doch nicht möglich sind. Oder die Broschüre verspricht schnelle Lösungen, bei denen in der Praxis erst lange Wege gegangen werden müssen. Oder die Leistungen sind überhaupt nur im Netzwerk umsetzbar – oder, oder, oder...
  • Fehlende Segmentreinheit: Aus Kostengründen wird häufig eine einzige Broschüre mit allen Leistungen erstellt, zum Beispiel aus dem Private Banking. Für Unternehmer kann es dann abschreckend sein, zusammen mit Privatpersonen in einen Topf geworfen zu werden, wenn das Institut doch ein Premium-Angebot speziell für das Private Banking von Unternehmerfamilien verspricht. Hier wird dringend eine separate Broschüre für das PB-UF benötigt, um die Segmente und die mit ihnen zusammenhängenden Leistungen klar voneinander zu trennen. Schließlich haben Sie sich nicht den Aufwand gemacht, das PB-UF als separates Segment zu etablieren, um es dann in der Broschüre wieder stiefmütterlich zu behandeln.
  • Text geht zu wenig auf Kundennutzen ein: Ein Unternehmer, der Ihre Unterlagen liest, möchte wissen, was er konkret von der Zusammenarbeit hat. Viele Broschüren konzentrieren sich jedoch stärker auf das „Was können wir?“ als auf das „Was bringt Ihnen das?“ Die Unterlagen sollten das Thema also immer aus dem Blickwinkel des Unternehmers beleuchten und konkret aufzeigen, warum er auf eine entsprechende Leistung zurückgreifen sollte.

Immer wieder sehe ich Broschüren, die grafisch hervorragend aufgearbeitet sind, auf hochwertigem Papier gedruckt wurden und schon beim ersten Blick „Premium“ versprechen. Doch inhaltlich schwankt dann die Qualität plötzlich sehr stark. Und diese Diskrepanz nehmen auch Unternehmer wahr. Sie lassen sich nicht allein durch eine pompöse Aufmachung überzeugen. Und kann man sie dennoch überzeugen, dann muss man hinterher auch liefern können, sonst ist der Vertrauensvorschuss sofort dahin.