Generationen-Management Was leere Schreibtische mit Kreuzfahrten verbindet

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Yacht: Wie Pensionäre Ruhe finden für einen Törn, erläutert Dirk Wiebusch. Foto: Pexels / Rachel Claire

Im Zuge der voranschreitenden Digitalisierung wird die Finanzberatung immer stärker von Daten und mathematischen Modellen unterstützt. Eines dieser Modelle, das in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen hat, ist das Lebenszyklusmodell, nach dem mittlerweile viele Finanzdienstleister ihre Kunden clustern. Das hat auch durchaus seinen Sinn, doch an einer Stelle hat das Modell leider oft noch Schwächen. Und zwar immer dann, wenn es um Familienunternehmer geht. Denn für Unternehmer bräuchte man eigentlich zwei unterschiedliche Modelle.

Lebenszyklus und Firmenzyklus

Betreuen Sie einen Unternehmer als Privatkunden oder als Firmenkunden? So oder so werden Sie bereits festgestellt haben: Das lässt sich bei Familienunternehmern gar nicht so einfach auseinanderhalten. Denn die Firma beeinflusst praktisch zu jedem Zeitpunkt auch das Privatleben des Unternehmers. Oder anders gesagt: Beim Unternehmer läuft parallel zum persönlichen und sozialen Lebenszyklus noch ein Firmenzyklus mit. Und dieser hat oft nicht nur einen ganz anderen Verlauf, sondern er kann sogar den Lebenszyklus aus dem Rhythmus werfen. Und dann hilft Ihnen als Berater ein einfaches Lebenszyklusmodell allein auch nicht mehr weiter.

Warum der Firmenzyklus immer mit von der Partie ist

Stellen wir uns der Einfachheit halber mal das Leben eines normalen Angestellten vor: Er macht als junger Mensch seine Ausbildung oder schließt ein Studium ab, findet einen Job, verdient Geld, heiratet und bekommt Kinder, steigt in seinem Job auf, altert und geht irgendwann in Rente. Auf rein privater Seite läuft auch das Leben eines Unternehmers in etwa auf dieselbe Weise ab. Was jedoch beim Angestellten selten der Fall sein wird, ist, dass der Unternehmer privat den Gürtel enger schnallen muss, da das Privatvermögen gerade zur Unterstützung der Firma benötigt wird. Oder dass er unverhofft auf das sprichwörtliche Gold stößt und sich schon mit Ende 20, Anfang 30 ein eigenes Haus finanzieren kann. Private Ausgaben sind für Unternehmer immer an den Firmenzyklus gebunden, ganz anders als beim Angestellten, und in der Gründungsphase sowie in den letzten Jahren als aktiver Unternehmer handeln sie ohnehin völlig anders als ein Angestellter im gleichen Alter.

Derartige „Knicke“ im Lebenszyklus entstehen durch den Einfluss des Firmenzyklus. Und genau aus diesem Grund behalten Sie als Finanzberater am besten immer beide Zyklen im Auge. Das macht die Clusterung selbstverständlich schwieriger – aber eben auch deutlich präziser und nützlicher für eine einfühlsame, zielsichere Beratung.

Der private Lebenszyklus des Unternehmers

Selbst wenn wir plötzliche Veränderungen im Firmenzyklus mal außen vor lassen, unterscheidet sich der Lebenszyklus eines Unternehmers an einigen entscheidenden Stellen vom Lebenszyklus eines Angestellten:

Wenn sich junge Unternehmer verlieben, verloben und verheiraten, dann läuft das meist genauso ab wie bei Angestellten. Bei mir persönlich glich das damals einem „Friendly Takeover“ durch meine Frau, die als erste Amtshandlung zum Einzug in die erste gemeinsame Wohnung gleich den Großteil meiner Junggesellen-Einrichtung entsorgte.

Kommen dann irgendwann Kinder dazu, muss das Eheleben oft ganz neu erfunden werden. Bei Unternehmern stellt sich dann jedoch die Frage: Wann arbeite ich wieder in der Firma? Unternehmerinnen sitzen oft deutlich schneller wieder am Schreibtisch, während Unternehmer früh der Ehefrau die Kinder überlassen. Die sich wandelnden Rollenbilder könnten das in Zukunft noch ändern, aber aktuell ist es wirklich so: Unternehmer und Unternehmerinnen wollen so schnell wie möglich wieder die Hebel in die Hand nehmen.

Wenn die Kinder dann in den Kindergarten, die Grundschule, die weiterführende Schule, ans Gymnasium oder an die Uni kommen, richtet man sich wiederum darauf ein.

Danach gehen die Kinder selbst arbeiten oder studieren und sind bald aus dem Haus. Das ist der Beginn der Empty-Nest-Phase, die wiederum eine Neuerfindung der Ehe erfordert. In dieser Phase treten leider auch Eheprobleme statistisch am häufigsten auf, da plötzlich viel private Zeit frei wird und man eventuell feststellt, dass man gar nicht mehr so richtig zusammenpasst, jetzt, wo die Kinder als Bindeglied fehlen. Unternehmer bekommen das meist noch stärker zu spüren als Angestellte, da sie zeitlich so stark eingebunden sind.

Zu guter Letzt kommt noch eine Phase, die quasi einzigartig für Unternehmer im Vergleich zu Angestellten ist: die Empty-Desk-Phase (meist 10 bis 20 Jahre nach der Empty-Nest-Phase). Diese Phase tritt ein, wenn der Unternehmer schließlich altersbedingt aus seiner Firma ausscheidet. Dann bekommt man es als Ehepartner mit einem „Power-Rentner“ zu tun, der es gewohnt ist, im Jahr 5.000 Arbeitsstunden zu leisten, jetzt aber ständig zu Hause ist und nicht abschalten kann.
Die Empty-Desk-Phase ist auch der Grund, aus dem Sie als Berater am besten frühzeitig mit Ihren Kunden über die Zeit im Ruhestand sprechen. Fragen Sie Ihre Kunden gerne schon mal einige Jahre vor der Rente, wie sie sich das vorstellen. Und fragen Sie den Ehepartner gerne mal, was er oder sie dann mit dem Power-Rentner in der Ehe machen möchte.