Private-Markets-Spezialist zur aktuellen Marktlage Was die Börsen-Turbulenzen für die Privatmärkte bedeuten

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Zweitens kombinieren PE-Investoren meist verschiedene Methoden, um den fairen Wert einer Firma zu berechnen – und können diese Methoden unterschiedlich gewichten. Die drei wichtigsten Orientierungspunkte bei der Bewertung sind Vergleichszahlen von börsennotierten Unternehmen, vergleichbare Transaktionen mit nicht-börsennotierten Unternehmen sowie Discounted-Cashflow-Modelle.  Wenn sich die Multiples an den Börsen also stark verzerren oder unpassend erscheinen, können Private-Equity-Investoren zum Beispiel die Discounted-Cash-Flow-Modelle höher gewichten anstatt die Vergleichswerte für Multiples an den Börsen. Dies verringert die Bewertungsvolatilität. 

Viel Kapital im Markt trifft auf weniger Firmen

Und drittens beeinflussen Angebot und Nachfrage nach privatem Kapital die Bewertungen auf den Private Markets. Auf der Angebotsseite sehen wir derzeit sehr viel investierbares Kapital mit entsprechendem Anlagedruck. Dieses Kapital trifft auf der Nachfrageseite auf eine abnehmende Zahl von Firmen, die aktuell Funding suchen – denn bei hoher Volatilität an den Börsen halten sich auch viele Firmen mit Fundings zurück. Die Kombination beider Faktoren sorgt im Ergebnis dafür, dass sich die Bewertungsrückgänge an den Private Markets in Grenzen halten dürften. Auch dürfte das Bewertungsniveau insgesamt höher als an den öffentlichen Börsen bleiben. Dies sollte insbesondere bei Leveraged-Buyout-Transaktionen der Fall sein, bei denen die Kaufpreise eher auf Cashflows als auf Umsätzen basieren und die Kaufpreise zum Teil mit relativ kostengünstigen Fremdmitteln finanziert werden.

Diese Beobachtungen sind weit entfernt davon, reine Theorie zu sein, wie die Erfahrungen mit unserem eigenen Portfolio zeigen. Dieses besteht schließlich in erster Linie aus privaten Unternehmen und einigen wenigen börsennotierten Firmen, sich aber noch in einer Lockup-Phase nach dem Börsengang befinden. Unsere börsennotierten Bestände sind wahrscheinlich in hohem Maße mit den Rückgängen an den breiten Märkten korreliert.

 

Mit den privaten Unternehmensbeteiligungen sieht es aber anders aus: Ausgehend von den Erfahrungen vergangener Marktzyklen gehen wir davon aus, dass unsere Anteile an nicht-börsennotierten Firmen nur etwa 60 Prozent der Abwärtsbewegung der Börsen mitmachen. Wenn die öffentlichen Märkte nun also beispielsweise um 20 Prozent fallen und wir 80 Prozent unserer Bestände in nicht-börsennotierten Unternehmen haben, können wir nach unseren Modellen mit einem Rückgang des Gesamtportfolios von etwa 13 und 14 Prozent rechnen. 

Kurzum: Solange die Fundamentaldaten und die Investmenthypothese hinter den nicht-börsennotierten Firmen, die wir halten, intakt sind, haben wir keinen Anlass zur Beunruhigung. Schließlich sind die Standards, nach denen wir Investments eingehen, darauf ausgelegt, gewisse Rückgänge der Bewertungsmultiplikatoren auszuhalten. 

Es geht aber in turbulenten Zeiten darum, nicht nur Rückschläge auszuhalten, sondern auch aktiv nach neuen Gelegenheiten zu suchen. Auf den Private Markets tauchen diese in der Regel zuerst auf dem Sekundärmarkt auf, wenn Investoren beginnen, Private-Equity-Bestände zu verkaufen, um erhöhte Allokationen abzubauen oder Liquidität freizusetzen. Oft setzt sich diese Bewegung dann fort in andere Bereiche hinein – von Wachstumsfinanzierungen über Co-Investments bis hin zu Private Credit. 

Die Krux für die Investoren liegt in der Asset Allocation. Wenn es an den Börsen zu Verwerfungen kommt, die Marktpreise der Assets im Portfolio also rasch sinken, dann steigt der rechnerische Anteil der Private-Markets-Allokationen, weil deren Bewertungen weniger stark und langsamer sinken. Damit entstehen – zumindest optisch – Überallokationen im Private Markets-Bereich. Eine unbeabsichtigte Folge kann dann sein, dass Investoren keine neuen Engagements auf den Private Markets eingehen oder sogar ihre besten Investments auf dem Sekundärmarkt verkaufen. Die Geschichte zeigt, dass Investoren auf diese Weise oft einige der besten Jahrgänge verpassen. Investoren tun also gut daran, sich bei der Betrachtung ihrer nicht-börsennotierten Investments nicht erschrecken zu lassen von den Turbulenzen an den Börsen. 

Über den Autor:
Jeff Diehl ist geschäftsführender Gesellschafter und Leiter des Bereichs Investitionen bei Adams Street Partners. Bevor er im Jahr 2000 zu dem Private-Markets-Spezialisten kam, war Diehl bei The Parthenon Group, einem in Boston ansässigen Strategieberatungs- und Investment-Unternehmen, tätig.

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