Handlungsfeld für Innovation im Private Banking: Demokratisierung von Anlageklassen
Und dennoch lassen sich im Private Banking weitere Handlungsfelder für Innovationen identifizieren. Ein Beispiel hierfür ist der Trend zur Demokratisierung von bisher illiquiden beziehungsweise nur für Anleger mit einem sehr großen investierbaren Vermögen zugänglichen Anlageklassen wie Immobilien oder Private Equity. Demokratisierung bedeutet, dass eine Investition in diese Märkte bereits in kleineren Losgrößen möglich ist. Dies ermöglicht es einem viel breiteren Kreis von Anlegern, in diese Anlageklassen zu investieren. Dabei müssen sie kein Klumpenrisiko in ihrem Anlageportfolio in Kauf nehmen, um auf diese Weise von deren Renditechancen zu profitieren und insgesamt eine bessere Diversifikation ihres Anlageportfolios zu erreichen.
Beispiele für Innovatoren in diese Richtung sind Moonfare oder Liqid. Regulatorische Impulse wie das Inkrafttreten der überarbeiteten Eltif-Verordnung der EU im Januar 2024 treiben diese Entwicklung auch voran. In diesem Bereich kann man bereits als Anbieter mit mittelständischen Strukturen als Innovator tätig sein, wie neue Anbieter wie zum Beispiel Porta Equity zeigen.
Anlagelösungen für bisher illiquide Anlageklassen wie Private Equity und Immobilien zu schaffen, eignet sich sehr gut als erfolgreiche Innovation und zur Erweiterung der Assets under Management der Private-Banking-Branche. Durch kleinere Losgrößen senken Private-Banking-Anbieter die Eintrittshürde für Investoren ab, weil eine Beimischung dieser Anlageklassen kein Klumpenrisiko im individuellen Anlegerportfolio erzeugt. Gleichzeitig entsteht ein großer neuer Markt, indem in Bezug auf Private Equity und Immobilien nun nicht mehr nur das besonders vermögende, sondern auch das besonders innovationsfreudige Kundenklientel angesprochen werden kann.
Eltif-Fonds mit einer ISIN zu nutzen, stellt für die meisten Anleger ein vertrautes Anlagevehikel dar, das bereits von Wertpapieranlagen her bekannt ist. Für Anlagen in Immobilien gilt zudem, dass sie eine vertraute Anlageklasse sind, die den Anlegern nicht nur bekannt, sondern überwiegend auch mental positiv besetzt ist. Nicht zuletzt bieten Anlagevehikel für Erneuerbare Energien die Möglichkeit, nachhaltigkeitsaffinen Anlegern eine doppelte Dividende in Form der finanziellen Rendite und in Form eines Beitrags zur Nachhaltigkeitstransformation schmackhaft zu machen. Insgesamt bietet sich die Chance, zusätzliches Geldvermögen von Anlegern in renditeträchtigere Anlagen zu transformieren und somit den Kuchen für den Kunden und die Private-Banking-Branche insgesamt größer zu machen.
Versucht man, einen überschlagsartigen Business Case zu entwickeln, so sind 3 Effekte zu unterscheiden:
- Umwandlung von bestehenden risikobehafteten Anlagen, insbesondere Aktien und Investmenfonds, in die oben genannten neuen Assetklassen. Diese Umwandlung hätte aus Sicht der Anleger gegebenenfalls Diversifikationsvorteile, aber würde die Gesamtrendite nur marginal beeinflussen
- Investition von Sichteinlagen in diese Assetklassen, welches zu einem Nettowachstum des verwalteten Vermögens führen würde – zum Vorteil von Anlegern und der Branche
- Wandlung insbesondere von illiquiden Immobilieninvestments, der mit Abstand größten Assetklasse, in liquide Finanzinstrumente
Naturgemäß ist es mit vielen Tücken behaftet, das langfristige Potenzial abzuschätzen . Geht man der Einfachheit halber davon aus, dass 10 Prozent der Sichteinlagen im Private Banking und in gleicher Größe Volumen aus Immobilien in depotfähiges, verwaltetes Ver,ägem umgewandelt werden könnten, ergibt sich ein Potenzial von 300 Milliarden Euro, oder ein zusätzliches Ertragspotenzial von 2,5 – 3 Milliarden Euro für die Branche.
Schritt-für-Schritt-Anleitung für Innovatoren
Im ersten Schritt sollten sich im Private Banking tätige Player bewusst machen, dass Innovationen in der Branche trotz ihres konservativen Images erfolgreich umgesetzt werden können und dass dies auch mittelständischen Playern möglich ist. Da die Innovationsdurchsetzung aber kein Selbstläufer ist, sollten sich Innovatoren der innovationstheoretischen Erfolgskriterien bewusst sein und neue Produkt- und Serviceangebote dahingehend überprüfen. Zudem sollten sie sich auf Zielgruppen fokussieren, die offen für innovative Angebote sind. Bei richtiger Umsetzung haben erfolgreiche Innovatoren somit nicht nur die Chance, den bestehenden Kuchen im Private Banking umzuverteilen, sondern diesen auch erheblich zu vergrößern.
Über die Gastautoren:
Gösta Jamin lehrt an der Hochschule für Wirtschaft und Gesellschaft Ludwigshafen als Professor für Finanzwirtschaft und Bankbetriebslehre. Zudem begleitet er als Berater Banken und Finanz-
dienstleister bei der digitalen Transformation.
Dr. Norbert Paddags ist Geschäftsführer der Dr. Paddags Consulting, die Banken und Dienstleister in Financial Services zu allen Fragestellungen des Digital Wealth Managements berät. Des Weiteren ist er freiberuflicher Dozent für Volkswirtschaftslehre an der Hochschule für Wirtschaft und Gesellschaft Ludwigshafen.