Betongold statt Blattgold Wie man Unternehmern Wertpapiere näherbringen kann

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Taktvoll vorgehen

Zahlen lügen nicht und auch hartnäckige Verfechter des Betongolds werden in Anbetracht handfester Zahlen eingestehen, dass der potenzielle Gewinn im Wertpapiersektor typischerweise größer ist als bei Immobilien. Doch wichtig ist dabei: Stellen Sie solche historischen Vergleiche niemals mit erhobenem Zeigefinger an! Ein einfaches „Hätten Sie damals in XY investiert, hätten Sie heute einen höheren Ertrag“ klingt in den Ohren eines Unternehmers mit Verantwortung gegenüber der Firma und der eigenen Familie schnell wie ein „Sie haben damals die falsche Entscheidung getroffen!“.

Dieser Teil des Gesprächs hat also auch mit emotionalen Aspekten zu tun. In einem meiner letzten Artikel können Sie sich zur Orientierung elf Fragen und Sätze anschauen, mit denen Sie diese Information möglichst taktvoll verpacken und beim Unternehmer punkten können.

 

Eine erprobte Möglichkeit dazu ist es, die Diskrepanz zwischen den Erträgen in beiden Optionen aufzuzeigen und dann zu fragen: „Was waren damals Ihre Gründe, sich für Immobilien zu entscheiden?“ Das sorgt nicht nur dafür, dass der Unternehmer seine eigene Entscheidung im Rückblick überdenkt – der Satz kann Ihnen gleichzeitig wichtige Informationen über die damaligen Umstände und die Entscheidungsfindungsstrategien des Unternehmers geben.

Wie man von der Vergangenheit in die Zukunft gelangt

Haben Sie den Unternehmer bereits dafür sensibilisiert, dass Wertpapiere eine lohnenswerte Alternative zu Immobilien sein können, gilt es nun, ihn auf zwei Arten davon zu überzeugen, von einem Immobilien- auf ein Wertpapiervermögen umzusteigen beziehungsweise sogar bestehende Immobilien zu verkaufen und stattdessen Wertpapiere zu kaufen:

  1. Emotional: Der Unternehmer braucht eine glaubwürdige Story für den Umstieg, die zu seinen Gegebenheiten (Alter, Vermögen etc.) passt. 
  2. Rational: Er braucht handfeste Argumente für oder gegen die beiden Investitionsoptionen, die er aus Unternehmersicht bewerten kann. 

Punkt Nummer 1 lässt sich vergleichsweise einfach über passende Zahlen bewerkstelligen, die wiederum zu den persönlichen Umständen des Unternehmers passen. Ein Beispiel: 1990 war die BMW-Stammaktie noch umgerechnet 7 Euro wert (damals noch in Deutsche Mark, versteht sich). Heute steht sie bei etwa 90 Euro. Das sind 83 Euro Kursgewinn und ca. 2 Euro Dividende. 2 Euro auf 7 Euro sind laufende Einnahmen von 25 Prozent, und das ganz ohne Kursgewinn. Mit einem solchen Return on Investment sprechen Sie die Sprache des Unternehmers und haben die Chance, ihn vom Wert der Wertpapiere zu überzeugen.

Punkt zwei kann ebenfalls mit Fakten bewerkstelligt werden, allerdings ist dazu eine noch stärkere Ausarbeitung notwendig. Ich empfehle hier immer, Tabellen mit den Vor- und Nachteilen der beiden Anlageformen zu erstellen. So hat der Unternehmer auf einen Blick alle wichtigen Fakten vor sich. Die angesprochenen Punkte werden selbstverständlich wieder an die Anforderungen und Umstände des Unternehmers angepasst. Zur Verdeutlichung möchte ich Ihnen hier zunächst einige allgemeingültige Punkte als Impuls mitgeben (diese sind natürlich nicht vollständig, endgültig und individuell – das übernehmen bitte Sie selbst, bezogen auf Ihre Region und Ihre Kunden):

Vermietete Wohnimmobilien Wertpapiere
Vorteile
  • Einmalige Investition, Vertragsschlüsse, danach kaum weitere Arbeit notwendig
  • Greifbarer Vermögenswert
  • Gefühlt geringe Wertschwankungen, da nicht jeden Tag bewertet
  • Einmalige Investition, keine weitere Arbeit notwendig
  • Wertpapiere können jederzeit verkauft werden
  • Wertpapiere bleiben immer aktuell, da fortwährend neue Teilnehmer am Wertpapiergeschäft hinzustoßen
Nachteile
  • An- und Verkauf sind mit vergleichsweise hohen Investitionen verbunden
  • Insgesamt etwas aufwendiger (Vertragsschluss etc.)
  • Suche nach Mietern bzw. Mieterfluktuation erzeugt Arbeit für den Besitzer oder Kosten über den Verwalter
  • Transaktions- und laufende Kosten (Reparaturrücklagen, Steuern etc.)
  • Unregelmäßige Wertschätzungen können beim Verkauf zu bösen Überraschungen führen
  • Veränderungen auf dem Miet- und Wohnungsmarkt sorgen für schwankendes Potenzial bei den durchsetzbaren Mietpreisen
  • Schwer greifbarer Vermögenswert mit stark eingeschränkten Kontrollmöglichkeiten
  • Transaktions- und laufende Kosten
  • Zwischenzeitliche Wertschwankungen sind möglich, selbst wenn das Endergebnis positiv ist

Wie bereits erwähnt, rate ich Ihnen, hier Punkte herauszusuchen und zu ergänzen, von denen Sie wissen, dass sie für den Unternehmerkunden besonders relevant sind. Zum Beispiel ist es für viele Unternehmer schwierig, die Kontrolle über das eigene Vermögen abzugeben, wie in meinem letzten Podcast diskutiert. 

 

Dieser Minuspunkt bei Wertpapieren hat also ein noch größeres Gewicht für die Kontrollfans unter Ihren Kunden, während für andere insbesondere die schwankenden Potenziale auf Basis der aktuellen Immobilientrends relevant sind, die ich in meinem 2-tägigen Live-Online-Workshop Private Banking für Unternehmerfamilien anhand der zehn aktuell größten Trends nachzeichne.

Stark bleiben zahlt sich langfristig aus

Zu guter Letzt ein Tipp: Machen Sie sich darauf gefasst, dass das von Ihnen erstellte Wertpapierportfolio vom Unternehmer immer etwas unfair behandelt werden wird. Diejenigen unter Ihnen, die schon viel Erfahrung auf dem Gebiet gesammelt haben, wissen genau, wovon ich spreche: Sie haben einen hervorragenden Zehnjahresplan mit dem Familienunternehmer ausgearbeitet und auf den Weg gebracht. Sie haben ihm sogar erklärt, dass der Wert des Portfolios zunächst schwanken kann und er hat zugesagt. Und dann ruft er doch schon nach einem halben Jahr bei Ihnen an und fragt, wie es denn sein könne, dass das Wertpapiervermögen um 3 Prozent gesunken ist.

Da können Sie natürlich dagegenhalten, dass Schwankungen ganz normal sind, dass der Immobilienwert auch gerade um denselben Prozentsatz gesunken ist, etc. Und der Unternehmer wird Ihnen nur dagegenhalten: „Ach, über kurz oder lang sind Immobilien doch immer stabil!” Vergessen Sie also nicht: Immobilien haben den Vorteil, dass sie für den Unternehmer anfassbar sind und deshalb weniger wie Kontrollverlust wirken. Deshalb wird er sie immer als sicherer empfinden als Wertpapiere, selbst wenn beide Optionen aktuell schwächeln.

Wieder einmal zählt an dieser Stelle der subjektive Wohlfühlfaktor. Dieser sorgt nicht nur dafür, dass Sie sich in einer Finanzwelt positiv abheben, in der sich Produkte, Dienstleistungen und Preise immer stärker ähneln – er sorgt auch dafür, dass sie derartige kleine Panikattacken durchstehen können. Denn vertraut der Unternehmer Ihnen, fällt es ihm auch leichter, Schwankungen zu verkraften, bis der Kurs wieder nach oben geht.

Wertpapiere stehen nicht mehr auf verlorenem Posten

Möchten Sie als Berater Ihren Unternehmerkunden Wertpapiere ans Herz legen, gilt es zunächst eine Reihe von Widerständen zu überwinden, von der natürlichen Präferenz der Unternehmer für handfeste Investitionsobjekte bis zu ihrem Unwillen, die Kontrolle über die Geldanlage abzugeben. Mit den passenden sachlichen Argumenten und emotionaler Einfühlsamkeit lassen sich jedoch auch diese Hürden nehmen. Adaptieren Sie die hier vorgestellten Argumente und Gesprächsstrategien gemäß der Kundentypologie und Sie werden sehen, dass Sie doch noch den einen oder anderen Unternehmer zum Nach- und Umdenken in Bezug auf Wertpapiere und Immobilien bringen werden.

 


Über den Autor:
Dirk Wiebusch ist Gründer und Geschäftsführer des Instituts für Unternehmerfamilien (IFUF). Er berät seit mehr als 25 Jahren Familienunternehmen und Unternehmerfamilien. Seine Erfahrung gibt Wiebusch in Seminaren und Vorträgen an Finanzdienstleister weiter.

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