Umbau in Baltimore Warum Hypothekenanleihen jetzt auch für deutsche Investoren interessant sind

Dave und Leslie Herz sind 2.900 Kilometer geflogen, um in Baltimore dabei zu sein, wenn sich die Branche für Baukredite aus ihren Trümmern erhebt. Dave betreibt eine Psycho-Beratung für Teenager, Leslie makelt mit Immobilien. Sie haben drei Kinder. Ihr Familieneinkommen ist in der Wirtschaftskrise in sich zusammengefallen.

In Baltimore wollen sie ihr Haus retten, das in Boulder, Colorado steht. „Wir sind mit den Raten im Rückstand“, sagt Dave Herz dem Fernsehsender NBC. Den Brief, der den Zwangsverkauf ankündigt, haben die Eheleutevor ein paar Tagen erhalten. Ins Kongresszentrum von Baltimore hat der gemeinnützige Verein Neighborhood Assistance Corporation of America geladen. Chef und Gründer Bruce Marks bringt Baukredit-Schuldner und Banken zusammen, um alte Fehler der Branche auszubügeln.

Fehler aus einer Zeit, in der die Einkommen in Amerika noch höher waren, die Wirtschaft noch rund lief– und Kredite noch ziemlich lax vergeben wurden. Damit holen sie die Baukredit-Branche aus dem Mief der Subprime-Krise und stellen sie wieder auf solide Füße.

Was das mit deutschen Anlegern zu tun hat? Sogenannte Mortgage Backed Securities (MBS) gibt es auch hierzulande zu kaufen. Es sind Anleihen, hinter denen gebündelte Baukredite als Sicherheiten stehen. Die Kreditratenfließen fast direkt an den Käufer des MBS. Der Unterschied zum deutschen Pfandbrief? Bei Letzterem tauchen Kredite und ausgegebene Anleihe in der Bilanz der Pfandbriefbank auf.

Beim MBS lagert der Baufinanzierer Kredite und MBS an externe Vehikel aus. Für die Qualität des MBS zählt damit die Bonität der Kreditschuldner. Und die war bei Subprime-Darlehen … sagen wir mal … arg baufällig und stark einsturzgefährdet. Was MBS in der Finanzkrise in sich zusammenfallen ließ und das ganze Konstrukt in Verruf brachte. Heute erfreuen sich die vernünftig aufgebauten Papiere steigender Beliebtheit. So verzeichnete der US-Fondsdatendienst EPFR für die Kategorie 95 Wochen in Folge Mittelzuflüsse.

Subprime-Krise bringt Branche in Verruf

Auch einige deutsche Anleger erwärmen sich für die Anlageklasse – wenn auch in kleinerem Rahmen. So hört man aus dem Haus Goldman Sachs Asset Management von lebhafter Nachfrage nach dem US Mortgage Backed Securities Portfolio (WKN: 777 467).

Allerdings hält sich das Unternehmen mit weiteren Informationen zurück. Auch bei Blackrock brachte eine Anfrage zum hauseigenen MBS-Fonds nichts. Offener zeigt man sich bei Nordea. Die Fondsgesellschaft hat kürzlich einen Personal-Coup gelandet, indem sie Jeffrey Gundlach in ihre Dienste stellte. Gundlach hat mit seiner Investment-Boutique Double-Line binnen drei Jahren 50 Milliarden Dollar eingesammelt. Er pfeift auf Rentenindizes.

In den USA gilt er als Star. Nun soll er den im September aufgelegten Nordea 1 US Total Return Bond (WKN: A1J 54S) zum Erfolg führen. Eine erste Duftmarke: In nicht einmal vier Monaten flossen 627 Millionen Dollar in den Fonds. Und das, obwohl er gewiss nicht für jeden Anleger gedacht ist. „Käufer müssen mit der Anlageklasse vertraut sein und dürfen sich nicht nur auf vergangene Ergebnisse verlassen“, sagt Nordea-Vertriebsleiter Dan Sauer.

Der Anleihe-Gigant Pimco ist in Deutschland nicht mit einem puren MBS-Produkt unterwegs. „MBS sind aber eine wichtige Renditequelle in zahlreichen Strategien, die wir deutschen Kunden anbieten“, sagt Marco Grzesik, der den Drittvertrieb in Deutschland leitet. Ein gutes Beispiel ist der Total Return Bond (A0K D24), den der amtierende Anleihe-König Bill Gross managt. Hier sind MBS zu 34 Prozent gewichtet.

Ein Blick auf die Portfolio-Renditen und Indizes zeigt, dass man zwischen zwei Kategorien unterscheiden muss: Es gibt die Nicht-Agentur-MBS, bei denen sich das Ausfallrisikonach der Qualität der Kreditschuldner richtet. Hier werden zum Beispiel auch die drei Manager des J.P.Morgan Global Income (A1J 5UZ) fündig, die derzeit rund 10 Prozent Non-Agency-MBS beimischen. Etwa 6 Prozent laufende Rendite ziehen sie aus den Positionen.

Nicht schlecht in Zeiten wie diesen. Agentur-MBS kommen dagegen von den staatlichen Baufinanzierungs-Agenturen Fanny Mae, Freddie Mac und Ginnie Mae. Während Ginnie Mae dem Staat gehört, gelten Papiere der anderen beiden Agenturen als zumindest staatlich garantiert– seit die Regierung sie in der Finanzkrise retten musste.

Es gibt somit kaum ein Ausfallrisiko, dagegen ein kräftiges Zinsrisiko. Denn die MBS gelten als in etwa so sicher wie US-Staatsanleihen. Entsprechend tief sind die aktuellen Renditen – über 3 Prozent spielt sich nichts mehr ab.

Die ganz besondere Gefahr von MBS

Eine weitere nicht zu unterschätzende Besonderheit haben dagegen alle MBS: Sie können während der Laufzeitschrumpfen, wenn Schuldner ihre Kredite vorzeitig tilgen – in Amerika deutlich einfacher als in Deutschland. Dann bekommt der MBS-Anleger sein Geld zum Nennwert zurück. Hat er darüber gekauft, heißt das Sofortverlust.

Hinzu kommt ein Wiederanlagerisiko, denn das Geld muss ja dann irgendwo hin. Und das in Zeitenwie diesen. Auch Familie Herz hat ihren Kredit durch einen neuen, tiefer verzinsten Baukredit abgelöst. Die Zwangsversteigerung ist verhindert. „Es fühlt sich wie ein Neustart an“, sagt Dave. Für ihn – und für eine ganze Branche.

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