Goliath im Vorteil Warum große Dienstleister dem technologischen Wandel trotzen

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2. Ein fester Kundenstamm führt bei Dienstleistungen dazu, dass die Kundenakquisitionskosten für neue Marktteilnehmer unverhältnismäßig hoch sind.

Tatsächlich sind Verbraucher eher bereit, ihren Online-Lebensmittelhändler zu wechseln als ihren Finanzberater, Arzt oder das örtliche Krankenhaus. Der rasante Hype um Robo-Advisors ist beispielsweise weitgehend abgeklungen, als sich herausstellte, dass potenzielle Disruptoren wie Personal Capital, Betterment und Nutmeg den traditionellen Vermögensverwaltern ohne Zugang zu großen Vertriebsnetzen nicht wirklich Paroli bieten können. Stattdessen erwarben etablierte Vermögensverwalter hybride Beratungssysteme oder bauten sie gleich selbst.

3. Dienstleistungsunternehmen haben erlebt, wie gefährlich es sein kann, sich zurückzulehnen.

Sie konnten miterleben, wie eine ganze Reihe von Einzelhandels- und Produktionsunternehmen von Technologie-affinen Newcomern aus dem Markt gedrängt wurde. Entsprechend sind sich also der Tatsache mehr als bewusst, dass technologische Innovationen gleichbedeutend sind mit dem Grundsatz anpassen oder aussterben.

Jene, die die Zeichen der Zeit erkannt haben, trennen sich bereits von veralteten Systemen, investieren in größerem Umfang in neue Technologien und ergänzen die interne Entwicklung durch strategische Technologiezukäufe. So experimentieren einige Unternehmen beispielsweise mit der Private Blockchain als Clearing- und Abwicklungssystem. Dies kannibalisiert zwar die hohen Investitionen in die bestehenden Systeme, schafft aber die Voraussetzungen für künftigen Erfolg.

Was bedeutet diese Entwicklung für die Anleger?

Entscheidend ist, dass sie erkennen, dass der technologische Wandel auch den Dienstleistungssektor beherrschen wird. Dabei wird es in Teilen des Dienstleistungssektors, in denen regulatorische Hürden und Schwierigkeiten bei der Kundenakquise weniger abschreckend sind, natürlich neue disruptive Marktteilnehmer geben.

Ein Beispiel hierfür sind digitale Zahlungsplattformen für Verbraucher und Neobanken, die sich Zugang zu bisher unterversorgten Kundensegmenten verschaffen. Dazu zählen Unternehmen wie N26, Square, Alipay und Mercado Pago. Ein weiteres Beispiel sind aufstrebende Märkte wie Indien und Brasilien, in denen die Zahl der Nichtbankkunden und der unterversorgten Bevölkerung tendenziell größer ist und die weniger über einen traditionellen, konventionellen Dienstleistungssektor verfügen.

Taimur Hyat von PGIM
Quelle: PGIM

Aber: Anders als im verarbeitenden Gewerbe und Einzelhandel wird eine kleine Gruppe bestehender, Tech-orientierter Dienstleistungsunternehmen den vor uns liegenden digitalen Wandel nicht nur überstehen, sondern in dieser Umbruchphase sogar profitieren und wachsen.


Über den Autor:
Taimur Hyat leitet das operative Geschäft (COO) beim Vermögensverwalter PGIM.

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