Produktangebot, Spreads und Service-Level Warum einige Zertifikate-Anbieter den Markt dominieren

Professor Alexander Zureck (li.) und Promotionsstudent Philippe Krahnhof

Professor Alexander Zureck (li.) und Promotionsstudent Philippe Krahnhof: Gemeinsam haben sie die Zusammenhänge auf dem hiesigen Derivate-Markt bei Marktvolumen und Produktgattungen untersucht. Foto: Tom Schulte

Die aktuelle, anhaltende Niedrigzinsphase wird auch unter der neuen Notenbankchefin Christine Lagarde zunächst fortgesetzt. Unter verschiedenen Beweggründen setzen sich Anleger daher mit dem Thema auseinander, welche Alternativen der Kapitalmarkt zu klassischen Anlage- und Sparprodukten bietet. Die Verbraucherzentrale stellt auf ihrer Internetseite neben dem (klassischen) Tages- und Festgeld auch Aktien- und Investmentfonds, Exchange Traded Funds, Offene Immobilienfonds, Gold, Silber und Platin als weitere Produktklassen vor. Die „Wirtschaftswoche“ nennt darüber hinaus auch Aktienanleihen und Anlagezertifikate als Ergänzungsmöglichkeit.

Der Anfrageanstieg letzterer ist unter anderem auf das anhaltende niedrige Zinsniveau sowie auf die Erfüllung der regulatorischen Auflagen seitens der Emittenten zurückzuführen. Auch der Deutsche Derivate Verband identifiziert die Niedrigzinsphase als Chance, dass Anlagezertifikate ein Portfolio nach individuellen Chancen- und Risikoneigungen ergänzen können.

Die schiere Produktmasse

Die Niedrigzinsphase lässt zwar einerseits Kreditnehmer durch geringere Finanzierungskosten profitieren. Andererseits wird es jedoch für Investoren schwieriger mit risikoarmen Produkten eine Rendite zu erzielen, welche mindestens mit dem Niveau der Inflation gleichzusetzten ist.

In dieser Arbeit werden keine Möglichkeiten erörtert, mit denen Anleger dieses Problem lösen können. Vielmehr wird ausschließlich der Markt für strukturierte Produkte und Hebelprodukte, welche eine Alternative darstellen, untersucht. Strukturierte Produkte fassen dabei alle Ausgestaltungen von Anlagezertifikaten für Privatanleger zusammen.

Diese Produkte werden aus mehreren Bestandteilen zusammengesetzt und abhängig von der Struktur entsteht eine eigenständige Produktgattung, wie zum Beispiel die Gattung der Kapitalschutzzertifikate. Die Bafin definiert ein derartiges (strukturiertes) Finanzinstrument als „Anlagegegenstand, bei dem ein Kassainstrument mit einem oder mehreren derivativen Finanzinstrument(en) […] fest zu einer rechtlichen und wirtschaftlichen Einheit verbunden ist“.

Eine zentrale Schwierigkeit für den Geldanleger ist die Masse an angebotenen Produkten. Am 24. November 2019 konnten auf der Internetseite der Börse Frankfurt unter dem Reiter Zertifikate über 1,7 Millionen Produkte gefunden werden, wie nachfolgende Tabelle visualisiert.

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Produktsuche über die Frankfurter Börse

  Quelle: Börse Frankfurt (24. November 2019), eigene Darstellung


Eingespielte Produktgattungen

Der DDV wurde am 14. Februar 2008 als Branchenvertretung von 15 bedeutenden Emittenten derivativer Wertpapiere (in Deutschland) gegründet. Laut eigenen Angaben decken diese Emittenten (seit Juli 2010) mindestens 90 Prozent des Gesamtmarktes ab. Mit insgesamt neun Fördermitgliedern, darunter auch die Börsen Frankfurt und Stuttgart, will der DDV als politischer Interessenverband die (regulatorischen) Rahmenbedingungen für den Betrieb von strukturierten Produkten weiterentwickeln und verbessern.

Des Weiteren möchte der Verband „die Verbesserung der Verständlichkeit und Transparenz der Produkte sowie den Schutz der Anleger“ unterstützen. Dazu wurden auf der Internetseite mehrere wissensvermittelnde Dokumente veröffentlicht, welche auch für die folgenden Produkterläuterungen in dieser Arbeit verwendet werden. Der DDV teilt den Markt für strukturierte Produkte dabei grundsätzlich zwischen Anlage- und Hebelprodukte auf. Diese Trennung ist auch auf den Internetseiten der Emittenten üblich.

Gruppe der Hebelprodukte

Grundsätzlich bieten Hebelprodukte Anlegern die Möglichkeit, mit einem geringeren Kapitaleinsatz als zum Erwerb des Basiswerts erforderlich wäre an der Entwicklung eines Basiswerts zu partizipieren. Dadurch sind die relativen Preisveränderungen der Hebelprodukte stets höher als die des zugrunde liegenden Basiswerts. Der DDV sortiert sowohl Faktor-Zertifikate, klassische Optionsscheine, Discount-Optionsscheine, Stay-High- und Stay-Low-Optionsscheine, Knock-Out-Produkte als auch Inline-Options-scheine in die Gruppe der Hebelprodukte ein.

In Abgrenzung zu den Hebelprodukten finden sich zahlreiche, im Vergleich eher konservative, Anlageprodukte im Derivate-Universum. Emittenten kombinieren verschiedene Kassa- und Terminmarkt-Instrumente, damit die Anlageprodukte gezielt hervorgerufene Eigenschaften (Chancen und Risiken) aufweisen. Einzeln betrachtet weisen diese Instrumente in aller Regel einen geringeren Wert auf als der Preis, zu dem Anleger das Produkt kaufen können.