Warren Buffetts Outperformance Seit 50 Jahren schlauer als der Markt

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Warum wird Berkshire Hathaway kaum kopiert?

Über Warren Buffett gibt es unzählige Bücher. Doch je mehr deren Autoren schreiben, desto weiter entfernen sie sich von der Kernbotschaft: Hauptquelle des Erfolgs ist die langfristige Anlage in dauerhaft erfolgreichen Unternehmen, für die nicht zu viel bezahlt wird. Dieses Prinzip lässt sich im Investmentalltag auch relativ unkompliziert von anderen Anlegern umsetzen. Lediglich das Ausmaß der Outperformance ist nicht wiederholbar. Hierfür ist die (nur extrem schwer kopierbare) rechtliche Konstruktion einer Holdinggesellschaft mit großem Versicherungsgeschäft notwendig, die es erlaubt, sich zu verschulden, ohne die sonst hiermit verbundenen Risiken und Kosten einzugehen.

Viele Anlagemanager behaupten, dass sie sich in ihrem Investmentstil an Buffett orientieren. Doch ihre Fonds sind meistens Mogelpackungen, die letztlich ihre Anleger enttäuschen. Eine Ausnahme hiervon stellt die Investmentfirma Bowen, Hanes & Co. von Harold „Jay“ Bowen III dar, der sich tatsächlich relativ genau an Buffetts Stil ausrichtet. Damit hat er den Pensionsfonds für die Polizei und Feuerwehr der Stadt Tampa (Florida) zu einer der langfristig erfolgreichsten Versorgungskassen in den USA gemacht.

Trotz eines Aktienanteils von nur zirka 75 Prozent (das Übrige sind Renten und Liquidität) gelang es Bowen (beziehungsweise vor ihm seinem Vater), seit 41 Jahren eine Durchschnittsperformance von 12,3 Prozent jährlich zu erzielen. Dies sind rund 1,2 Prozent pro Jahr mehr als der S&P 500.

Bowen konnte also den Performance-Nachteil durch seine Rentenquote durch die richtige Aktienauswahl mehr als ausgleichen. Laut einer Auswertung von Wilshire erreichte der Fonds zum Stichtag 30. September 2014 in den zehn Jahren davor eine Performance von 9,2 Prozent jährlich. Der Durchschnittlich von US-Pensionsfonds vergleichbarer Größe (weniger als eine Milliarde US-Dollar) lag nur bei 7,6 Prozent im Jahr.

Trotz der überragenden Performance und relativ niedriger Gebühren ist die Stadt Tampa ist der einzige große institutionelle Kunde von Bowen. Der Hauptgrund hierfür ist, dass Investment-Consultants in der Regel von einer Anlage in seine Fonds stark abraten. Bowans Vorgehen ist für sie nur sehr schwer nachzuvollziehen.

Weiterhin halten Consultants die Strategie der Konzentration auf die Anlageklasse Aktien sowie den Fokus auf gute Einzelwerte für viel zu riskant. Diese Ansicht resultiert aus der modernen Finanzmarkttheorie und der in ihr verankerten Vorstellung von effizienten Märkten. Unter dieser Annahme bringt das Investment in hervorragende Unternehmen keine Vorteile, da ja die absehbare zukünftige Entwicklung sowieso so schon im Kurs enthalten ist. Nur ein hoher Grad von Diversifikation sowie eine möglichst enge Annäherung an Benchmark-Indizes würden hingegen Absicherung gegen unerwartete Ereignisse schaffen.

Buffett hingegen postuliert, dass die gründliche Analyse von Investments das Risiko besser mindert als eine zu breite Diversifikation, weil diese nur dazu führt, dass man Anlagen kauft, die man nicht versteht. Dies ist automatisch der Fall, wenn man Wertpapiere unabhängig von ihrer Bewertung nur deswegen erwirbt, weil sie entweder a) in irgendeinem Marktindex eine signifikante Gewichtung haben; oder b) früher einmal aufgrund niedriger Korrelationen das Risiko zu mindern schienen. Die hohen Verluste, die Anleger während der Finanzkrise durch für sie unerwartete Risiken erlitten, haben Buffett zwar eindrucksvoll bestätigt, was die Consultants jedoch nicht weiter stört.

Harold „Jay“ Bowen III ist mit der schizophrenen Situation konfrontiert, dass er entweder seinen erfolgreichen – an Buffett orientierten – Investmentstil aufgibt und damit seine Performance zerstört, oder sich an Consultants anpasst und dann mehr Kunden gewinnt. Bisher hat er konsequent an seinem bisherigen Weg festgehalten, wobei er davon abhängig ist, dass die Stadt Tampa weiter hinter ihm steht. Dass viele andere Vermögensverwalter einen anderen Weg gehen und sich lieber an unsinnigen Consultantvorgaben orientieren, als keine Fonds zu verkaufen, ist aber auch verständlich.

Der kommerzielle Misserfolg von Bowen zeigt deutlich, warum Buffett so selten kopiert wird: Consultants mögen (beziehungswiese verstehen) seinen Investmentstil nicht. Deswegen sind an ihm orientierte Fonds im institutionellen Bereich praktisch unverkäuflich.

Im Privatkundenbereich scheinen es viele Investmentmanager für ausreichend zu halten, dass sie sich das Etikett „an Buffett orientiert“ ankleben, ohne dann jedoch seine Prinzipien diszipliniert zu befolgen. Denn das Schwierige ist nicht so sehr die Orientierung an seiner Auswahlmethode, sondern ihre konsequente Einhaltung. In der Praxis des Fondsmanagements gibt es viele Zwänge und Verführungen zum kurzfristigen Aktionismus.

Deshalb fällt es vielen Fondsmanagern sehr schwer, Gewinne nicht zu früh zu realisieren; Fehlinvestments schnell zu bereinigen; mit genügend Liquidität auf Einstiegschancen zu lauern; sowie an Aktien langfristig erfolgreicher Unternehmen festzuhalten, selbst wenn bei diesen die Kursentwicklung zunächst enttäuscht. Insofern gilt auch hier: Das Original ist und bleibt besser als fast alle (Pseudo)-Kopien. Für einen vom Anlagestil Buffetts und Mungers überzeugten Anleger erscheint die direkte Anlage bei Berkshire Hathaway nach wie vor als erste Wahl.

Doch wie geht es nach einem Abschied der hochbetagten Masterminds weiter?

Die nächsten 50 Jahre

Der aktuelle Jahresbericht von Berkshire Hathaway liest sich so etwas wie eine Abschiedsbotschaft: Buffett und Munger reflektieren in ihren Aktionärsbriefen über Erfolge und Misserfolge der Vergangenheit. Buffett gibt einen Ausblick darauf, wie er sich die nächsten 50 Jahre vorstellt, ohne allerdings zu konkret auf mögliche operative Nachfolger einzugehen. Lediglich sein Sohn Howard wird als zukünftiger Aufseher benannt.

Dass sich der Erfolg nicht in dem Ausmaß wie bisher wiederholen lässt, ist schon allein wegen der inzwischen erreichten Größe klar: Mit ungefähr 350 Milliarden US-Dollar Marktkapitalisierung ist Berkshire Hathaway inzwischen in die Kategorie der größten Unternehmen der Welt hineingewachsen, was flexibles Agieren immer schwieriger macht.

Dennoch gehen Buffett und Munger davon aus, dass sich ihre Gesellschaft auch in Zukunft etwas besser entwickeln wird als der gesamte Aktienmarkt. Denn Berkshire Hathaway hat eine spezifische Unternehmenskultur, die auf langfristigen Wertaufbau ausgerichtet ist. Gerade diese Kultur gilt es zu erhalten, da sie sich laut Buffett immer mehr zu einem Wettbewerbsvorteil im Private Equity-Markt entwickelt.

Dieser Bereich wird von ihm schon seit Längerem als besonders aussichtsreich einschätzt. Denn konkurrierende Beteiligungsgesellschaften sind heutzutage vorwiegend auf kurzfristige Return-Maximierung ausgerichtet und saugen vielfach nur Eigenkapital aus den von ihnen akquirierten Firmen heraus, was diese dann aber langfristig schwächt. Dies ist gerade für mittelständische Unternehmer eine unerträgliche Vorstellung, die nur aufgrund eines fehlenden Nachfolgers verkaufen, oder die einen starken Partner zur langfristigen Entwicklung des Geschäfts suchen. Für sie drängt sich sich Berkshire Hathaway als Investor geradezu auf.

Je mehr die übrige Finanzbranche von irrelevanten Theorien bestimmt wird, undiszipliniert agiert oder auf Abzocke ausgelegt ist, umso bessere Einstiegsmöglichkeiten verbleiben für die Holding aus Omaha. Insofern wäre es für ihre Aktionäre eigentlich eine gute Nachricht, wenn Buffetts und Mungers Investmentansatz weiterhin zumeist ignoriert wird.


Über den Autor:
Karl-Heinz Thielmann ist der Vorstand von Long-Term Investing Research - Institut für die langfristige Kapitalanlage.

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