private banking magazin: Herr Sojer, Sie sind seit 2012 in leitender Position im Private Banking bei der Warburg Bank tätig, haben bewegte Zeiten miterlebt. Was muss man dafür mitbringen?
Klaus Sojer: Wenn Sie in der Kundenbetreuung unterwegs sind, braucht es eine gewisse Lockerheit und Empathie, damit die Arbeit – bei der notwendigen Ernsthaftigkeit – auch Spaß macht. Gewisse Änderungen in unserem Geschäftsfeld sind normal, das hat gar nichts speziell mit der Warburg Bank zu tun. Beispielsweise konnten Kunden früher unter regulatorischen Gesichtspunkten noch ganz anders betreut werden. Diesen Anpassungen können sich auch andere Banken nicht entziehen.
Wenn wir aber speziell auf die Warburg Bank blicken: Die Umstrukturierungen im Private Banking samt Zentralisierungsprozess begannen bereits 2016 – und dauern sieben Jahre später noch immer an.
Sojer: Dieser Prozess wird jetzt abgeschlossen. Bis 2016 hatten wir in der Gruppe mit dem Bankhaus Plump in Bremen, Hallbaum in Hannover, Löbbecke in Berlin und der Schwäbischen Bank in Stuttgart noch vier eigenständige Tochterbanken. Das wäre heutzutage in diesem regulatorischen Rahmen nicht mehr vorstellbar. Im Jahr 2016 war eine der wichtigsten Entscheidungen der Gesellschafter, diese Institute zusammenzuführen. Das war technisch und kulturell eine enorme Herausforderung. Wir mussten etwa das Kernbankensystem von vier Instituten an einem Wochenende wechseln. Und diese Tochterbanken hatten alle eine eigene, erfolgreiche Historie und ein Eigenleben. Das in einer Bank zu vereinen, dauert eine gewisse Zeit.
Sieben Jahre?
Sojer: Wir sind auf der Zielgeraden, haben im letzten Jahr den Personalabbau abgeschlossen, der teilweise noch aus diesen Zeiten resultiert.
Stichwort Personalabbau: Im Jahresabschluss 2022 hieß es, dass die Bank im Rahmen eines sogenannten Freiwilligenprogramms etwa 50 Stellen abbaut, 30 davon im Private Banking. Das ist also bereits passiert?
Sojer: Richtig. Es war ein doppeltes Freiwilligenprogramm. Die Mitarbeitenden konnten sich melden, wir aber auch entscheiden, wen wir ziehen lassen. Es war kein Prozess, bei dem wir Mitarbeitende vor die Tür gesetzt haben, sondern ihnen meist Altersteilzeit oder Vorruhestandsregelungen anbieten konnten. Wenn wir einen Standort schließen, versuchen wir für jeden eine Lösung zu finden. Wichtig ist auch: Im Private Banking haben wir nicht vorrangig Stellen im Kundengeschäft abgebaut. Da sprechen wir zum Beispiel auch über einen Systemadministrator einer ehemaligen Tochterbank, der organisatorisch dem Bereich Private Banking zugeordnet war. Unser Kerngeschäft steht nach diesen Veränderungen stärker im Fokus.
Von wie vielen Beratern reden wir im Private Banking?
Sojer: Im Rahmen des Freiwilligenprogramm haben uns eine Handvoll Berater oder Beraterinnen aus dem Private Banking verlassen, die nicht in Altersteilzeit oder Vorruhestand gegangen sind.
„Wir betreuen weiter Kundinnen und Kunden in Osnabrück, aber nicht mehr an einem Standort, an dem wir jedem erklären müssen, warum wir ihn überhaupt haben.“
Sie wollen die Standorte in Osnabrück und Braunschweig schließen. Waren alle Stellenstreichungen also standortbezogen?
Sojer: In der Regel schon, aber nicht nur. Wir haben den Standort Osnabrück zum Ende Februar geschlossen, bis zum Ende des Jahres folgt Braunschweig. In Osnabrück saßen wir im Gebäude unserer ehemaligen Tochterbank Hallbaum – in der Bahnhofstraße, ein Gebäude mit Schiebetür, in der unmittelbaren Nachbarschaft lagen ein Glücksspiel-Casino und ein Erotikshop. An so einem Ort ist es schwierig, Private Banking nach unseren Vorstellungen umzusetzen. Wenn man sich an so einem Standort immobilientechnisch nicht verändern kann, muss man ihn auch mal verlassen. Das heißt: Wir betreuen weiter Kundinnen und Kunden in Osnabrück, aber nicht mehr an einem Standort, an dem wir jedem erklären müssen, warum wir ihn überhaupt haben.
Aber der Hauptgrund für die Standortschließungen war sicherlich nicht die Immobiliensituation, sondern die Kostenstruktur. Warum hat man sich auf Personalseite nicht schon früher verschlankt?
Sojer: Wir sind ein Familienbetrieb. Da wird Fürsorge oftmals größer geschrieben als bei einer Großbank. Dieser Prozess wäre in einem Konzern womöglich deutlich schneller und drastischer verlaufen. Insofern Hut ab vor den Familien Olearius und Warburg, dass sie einen anderen Weg gewählt haben. Wir hatten ein solches Freiwilligenprogramm zuvor noch nicht und konnten älteren Mitarbeitenden nun einen Übergang in den nächsten Lebensabschnitt ermöglichen. Dass das einmalig kapitalintensiv ist, ist klar. Genauso, dass der Kostendruck in unserem Sektor immer größer wird. Am Ende sind wir eine Bank und müssen Geld verdienen.
Waren die Standorte Osnabrück und Braunschweig profitabel?
Sojer: Unter dem Gesichtspunkt der örtlichen Kosten? Ja. Aber insbesondere Osnabrück war ein kleiner Standort. Zumal wir einen Großteil der Kunden trotz Filialschließung weiter beraten. Bei Standorten mit einer gewissen Historie gibt es häufig eine 80/20-Regel. Mit 20 Prozent der Kundschaft machen sie 80 Prozent der Erträge – und diese Kunden wurden auch vorher nicht in der Filiale betreut. Teilweise wussten die gar nicht, wo wir sitzen.
Heißt: Die Standorte sind weg, aber die Kundenbeziehungen können Sie aufrechterhalten?
Sojer: Die wichtigen Kundinnen und Kunden werden weiter optimal beraten und behalten in der Regel die gleichen Ansprechpartner. Und wenn jemand in Rente geht, hätte sowieso ein Beraterwechsel angestanden. Das abgeschlossene Freiwilligenprogramm ist die Grundlage dafür, dass wir in den kommenden Jahren im Private Banking wieder wachsen können. Dafür brauchen wir – um einmal in die Fußballsprache abzugleiten – ein bisschen Platz in der Kabine. Heute haben wir rund 85 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Private Banking im Bundesgebiet. Aber ich weiß, dass das Private Banking der Warburg Bank in diesem Jahr richtig gut dastehen wird.