Das seit 1798 bestehende Bankhaus Warburg hat ein weiteres turbulentes Geschäftsjahr hinter sich. Die Warburg-Gruppe, zu der nach dem endgültigen Anteilsverkauf der Warburg Hypothekenbank unter anderem noch die Privatbank M.M. Warburg & CO und das Family Office Marcard, Stein & Co gehören, hat das Geschäftsjahr 2022 im Zuge von Aufräumarbeiten mit einem Jahresfehlbetrag von 34,6 Millionen Euro abgeschlossen – nach einem leicht positiven Jahresergebnis von 0,1 Millionen Euro in 2021.
Zum Vergleich mit dem Bilanz-Check des Vorjahres ist zu beachten, dass im Geschäftsbericht 2022 nur noch die Werte für die Privatbank M.M. Warburg & CO KGaA angegeben werden und nicht mehr wie in den Vorjahren auch übergreifende Werte für die Warburg-Gruppe, wobei letztere nach der endgültigen Veräußerung der Hypothekenbank, der Veräußerung der Warburg Invest sowie dem Verkauf der Beteiligung an der W&Z FinTech zum 1. Januar dieses Jahres weiter verschlankt wurde.
Eigenkapitalrendite und Aufwand-Ertrag-Verhältnis verfehlen Zielwerte
Die Eigenkapitalrendite des Instituts fällt mit -13,3 Prozent deutlich negativ aus, nachdem im Vorjahr mit 0,02 Prozent eine schwarze Null stand. Ein für Banken angemessener Zielwert von 8 bis 10 Prozent ist damit weit entfernt. Die Cost-Income-Ratio hat sich 2022 mit 105,2 Prozent im Vergleich zum Wert des Vorjahres von 106,3 Prozent immerhin leicht verbessert, verfehlt aber ebenfalls einen adäquaten Wert von etwa 80 Prozent. Die Eigenmittelquote hat sich mit 21,2 Prozent Ende 2022 im Vergleich zu 2021 mit 23,0 Prozent leicht verschlechtert. Die Liquiditätsdeckungsquote (Liquidity Coverage Ratio) weist indes einen hervorragenden Wert von 171,7 Prozent auf (Vorjahr 165,9 Prozent), ebenso wie die Net Stable Funding Ratio mit einem Wert von 198,1 Prozent (Vorjahr 194,8 Prozent).
Wichtiger Treiber für den Ergebnisrückgang war der Provisionsüberschuss mit einem Rückgang von 13,4 Prozent auf nur noch 83,5 Millionen Euro 2022 im Vergleich zu 96,4 Millionen Euro 2021. Diese Entwicklung ist ein Spiegelbild der als Folge des Krieges in der Ukraine angespannten Lage an den internationalen Kapitalmärkten. Zumindest im ersten Halbjahr 2023 sollte die positive Entwicklung der Kapitalmärkte dem Provisionsüberschuss wieder Rückenwind verleihen.
Zinsüberschuss steigt, Geschäftsvolumen weiter rückläufig
Im Gegenzug konnte der Zinsüberschuss um 83,3 Prozent deutlich auf 70,8 Millionen Euro 2022 im Vergleich zu 38,6 Millionen Euro 2021 gesteigert werden. Hier profitiert Warburg einerseits von der strukturellen Wende hin zu höheren Zinsen und damit besseren Möglichkeiten zur Generierung von Margen und andererseits von unternehmensspezifischen Sondereffekten wie der Auflösung von Zinsswaps und erhöhten Ausschüttungen verbundener Unternehmen, was die Frage nach der mittelfristigen Nachhaltigkeit dieser positiven Entwicklung aufwirft.
Das Geschäftsvolumen von Warburg war weiter rückläufig, abzulesen zum Beispiel am Rückgang der Bilanzsumme um 7,1 Prozent von 4,3 Milliarden Euro 2021 auf 4 Milliarden Euro 2022. Deutlich sichtbar ist auch der Rückgang der Forderungen an Kunden um 30,2 Prozent von 822 Millionen Euro 2021 auf 573,7 Millionen Euro 2022. Verlustbedingt sank auch das Eigenkapital 13,3 Prozent von 260,1 Millionen Euro 2021 auf 225,5 Millionen Euro 2022.
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Der Personalaufwand der Warburg stieg 2022 deutlich um 8,6 Prozent auf 78,7 Millionen Euro im Vergleich zu 72,4 Millionen Euro 2021, trotz eines Rückgangs der Anzahl der Mitarbeiter von 698 auf 688. Laut Geschäftsbericht handelt es sich dabei um einen außerordentlichen Effekt im Zusammenhang mit dem Abbau von Stellen im Rahmen eines Freiwilligenprogramms, für das Abfindungen zu bezahlen sind, wofür wiederum Rückstellungen gebildet werden mussten.