Wahl des richtigen ETFs „Billig ist nicht gleich besser“

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Ist die Tracking Difference eine dieser Qualitätskennzahlen?

Fritzen: Ja, genau. Sie ist eine Kennzahl zur Beurteilung der Abbildungsqualität. Als ETF-Anleger erwarte ich, dass mein Investment möglichst nah den gewünschten Index abbildet. Durch zahlreiche Strukturunterschiede auf der Ebene des Fondsmanagements gelingt dies den Anbietern mal besser, mal weniger gut. Die Tracking Difference misst den Performance-Unterschied zwischen Index und ETF. Sie zeigt also, wie gut dem Anbieter das passive Management des ETFs gelingt. Im allgemeinen Sprachgebrauch wird die Tracking Difference gerne mit dem Tracking Error verwechselt. Der Tracking Error ist nicht die Performance-Differenz selbst, sondern deren Volatilität. Er besagt also, mit welcher Sicherheit die gemessene Tracking Difference eintritt. Mit der Tracking Difference lassen sich ETFs unabhängig von der Produkt- und Gebührenstruktur gut miteinander vergleichen. Wenn der eine ETF innerhalb eines Jahres eine Tracking Difference von minus 10 Basispunkten hat und ein anderer von minus 50, dann kann der tatsächliche Performance-Unterschied schon ein Vielfaches der eigentlichen Fondsgebühr ausmachen. Insbesondere bei einem längeren Anlagehorizont ist die Wirkung dieser Differenz auf die Gesamtperformance nicht zuunterschätzen. Worauf achten Sie sonst noch? Fritzen: Eine für ETFs entscheidende Qualitätskomponente sind die Handelskosten. Ein ETF kann noch so gut verwaltet und günstig sein – wenn die Transaktionskosten die identifizierten Produktvorteile ins Negative umkehren, ist dem Investor nicht geholfen. Dementsprechend erstellen wir für unseren Kunden eine Pre-Trade-Analyse, anhand derer sie die Transaktionskosten kalkulieren und uns anschließend als Broker bewerten können.Während des Handels identifizieren wir Spread-Ausweitungen oder potenziell nachteilige Preisverschiebungen. Je größer das Ordervolumen oder je exotischer der zugrundeliegende Markt, desto wichtiger wird die Analyse der Transaktionskosten. Darüber hinaus profitieren unsere Kunden vom Vorteil der Anonymität und unserer Marktdurchdringung.

Als Broker sehen Sie, wie Vermögensverwalter, Family Offices und Institutionelle ETFs nutzen. Überwiegt das taktische, unterjährige Investment?

Fritzen: ETFs sind kostengünstige Werkzeuge, die im aktiven Portfoliomanagement sehr vielseitig eingesetzt werden können. Das gilt für alle Investorentypen und sowohl für taktische als auch strategische Anlagehorizonte. Im taktischen Bereich werden ETFs zur Verwaltung des Cash-Bestands sowie für kurzfristige Performance-Opportunitäten oder als Hedge in fallenden Märkten eingesetzt. Im strategischen Bereich dienen ETFs oftmals als Core- oder Benchmark-Investments. Darüber hinaus werden sie gerne für geringere Anlagebeträge genutzt, bei denen sich der Aufwand einer aktiven Mandatsvergabe nicht lohnt oder kein sinnvolles aktives Investment gefunden wurde. Im Transition Management nutzen Anleger ETFs außerdem als Überbrückung, wenn beispielsweise das Exposure zum Markt erhalten bleiben soll, während ein aktives Mandat ausgeschrieben wird. Kurzum: Es gibt viele Herausforderungen in der Kapitalanlage, die man mit ETFs sinnvoll lösen kann.

Letzteres freut die ETF-Anbieter eher weniger. Ab welcher Haltedauer lohnt sich ein ETF-Investment für die Anbieter?

Fritzen: Die Rentabilitätsrechnung wird von Anbieter zu Anbieter unterschiedlich sein. Fakt ist, dass 61 Prozent aller in Europa domizilierten ETFs ein Anlagevolumen von unter 100 Millionen Euro haben. Darüber hinaus sind nur etwas mehr als ein Drittel aller ETFs für 95 Prozent des gesamten Anlagevolumens verantwortlich. Die Größe der ETFs ist insofern auch für institutionelle Investoren relevant, als dass sie häufig interne oder regulatorische Anlagegrenzen beachten müssen. Deshalb werden ETFs für manche Kundengruppen auch erst ab einer gewissen Mindestgröße investierbar, was man wiederum bei der Selektion berücksichtigen muss. Grundsätzlich denke ich, dass die Emittenten für jedes Investment dankbar sind. Steigende Assets under Management ziehen wiederum neues Anlagevolumen an, sodass auf Dauer ein Bodensatz bestehen bleibt, der wiederum für die Rentabilität hilfreich ist.

Viele Institutionelle verwalten die Anleihen-Seite im Direktbestand selbst. Allerdings sind einige Segmente nahezu leer gefegt. Helfen da ETFs?

Fritzen: ETFs können durchaus eine Alter-native zum Direktinvestment in Anleihen darstellen. Ein Grund für ein ETF-Investment kann die Risikoreduzierung sein. Beim Anlageziel High Yield Corporate Bonds zum Beispiel diversifiziert ein Index-Investment gegenüber einer Direktanlage in einer Anleihe das Ausfallrisiko. Darüber hinaus bekommt der ETF-Investor eine zusätzliche Liquiditätsquelle durch den bei ETFs üblichen Sekundärmarkt, bei dem sogenannte Authorized Participants für die von ihnen betreuten ETFs fortlaufend An- und Verkaufspreise stellen. Insofern sind die börsengehandelten Fonds auch aus diesem Liquiditätsaspekt eine sinnvolle Ergänzung für das Portfolio.