VuV-Vorsitzender Andreas Grünewald „Kundenvertrauen lässt sich von Fintechs nicht digitalisieren“

Vorstandsvorsitzender des Verbandes unabhängiger Vermögensverwalter (VuV) seit April 2014: Andreas Grünewald

Vorstandsvorsitzender des Verbandes unabhängiger Vermögensverwalter (VuV) seit April 2014: Andreas Grünewald

Droht dem Stand der Vermögensverwalter Konkurrenz durch Fintech-Unternehmen, die Anlegern dank Algorithmen die Online-Vermögensverwaltung ermöglichen? Keineswegs, findet Andreas Grünewald, der Vorstandsvorsitzendes des Verbands unabhängiger Vermögensverwalter (VuV): „Das erhebliche Potenzial von digitaler Finanztechnologie ist offenkundig. Eine Gefahr für die Vermögensverwalter kann ich allerdings nicht erkennen.“

Und dafür hat Grünewald eine Erklärung. Zu wichtig seien in der unabhängigen Vermögensverwaltung die persönliche Nähe zum Kunden und das sich entwickelnde Vertrauen. Letzteres sei aber nicht digitalisierbar.

Hausaufgaben der Konkurrenz

Schwierigkeiten dürften eher die Banken bekommen: „Größere Probleme im künftigen Kampf um die Kunden sehe ich auf Seiten der anonymeren Banken“, so der VuV-Vorsitzende. „Viele Kunden klagen über die häufigen Wechsel der Bankberater. In Bereichen, in denen die wichtige Bindung zwischen Berater und Kunde fehlt, können sich Fintech-Unternehmen zu einer ernstzunehmenden Alternative entwickeln.“

Gleichzeitig stellt Grünewald infrage, ob die sogenannten Robo Advisors in allen Marktlagen punkten können. Viele der Angebote würden noch in ihren Kinderschuhen stecken, die virtuellen Vermögensverwaltungslösungen dürfe keinesfalls unterschätzt werden.

„Für den Erfolg wird neben der Performance auch die Transparenz entscheidend sein“, so Grünewald. „Abzuwarten bleibt zudem, wie gut Algorithmen bei Strukturbrüchen, komplexen Anforderungen und in turbulenten Marktphasen funktionieren. Finanzmärkte sind soziale Systeme und somit interaktiv und reflexiv.“

Auch das Risiko-Profiling der Kunden durch Fintech-Lösungen sieht er kritisch. Die Erfahrung aus der Vermögensverwaltungspraxis zeige, dass es mehrere Gespräche bedürfe, um die konkrete Vermögenssituation, persönliche Anlageziele, individuelle Risikobereitschaft und bisherige Anlageerfahrungen zu erfassen. „Im persönlichen Gespräch erleben wir es öfters, dass sich der Mandant diesbezüglich
über- oder auch unterschätzt“, so Grünewald. Die digitalisierte Vermögensverwaltung bilde den sehr komplexen und individuellen Vorgang der Erstberatung nicht ausreichend ab.

Und so sieht der VuV-Vorsitzende weniger die Gefahren als Chancen, die sich aus der Digitalisierung der Branche ergeben. „Allen Vermögensverwaltern muss bewusst sein, dass sich die Anforderungen ihrer Kunden verändern – etwa hinsichtlich digitaler Kommunikationswege. Wenn wir die neuen Möglichkeiten der Digitalisierung gezielt nutzen, können wir unser Dienstleistungsangebot erweitern. Kommunikation via Video-Chats und Social Media, Webinare und lebendige Webseiten sind nur wenige Beispiele für mögliche Ansatzpunkte, von denen unsere Kunden profitieren werden.“

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