Turbulente Tage in Frankfurt Vorstandsvorsitzender verlässt Commerzbank – Unicredit kauft Aktienpaket

Manfred Knof

Der Vorstandsvorsitzende der Commerzbank, Manfred Knof, verlängert seinen bis 2025 gültigen Vertrag nicht: Es ist nicht die einzige einschneidende Nachricht für die Commerzbank. Foto: Commerzbank

Turbulente Tage bei der Commerzbank: Sowohl personal- als auch geschäftspolitisch dürfte die Frankfurter Bank vor aufregenden Monaten stehen – mit unbekanntem Ausgang. Doch eins nach dem anderen: Am Mittwochabend gab die Bank überraschend bekannt, dass Manfred Knof seinen Vertrag als Vorstandsvorsitzender der Commerzbank nicht verlängert. Demnach hat Knof dem Aufsichtsratsvorsitzenden Jens Weidmann mitgeteilt, dass er seinen bis Ende Dezember 2025 laufenden Vertrag erfüllen wird, aber darüber hinaus der Commerzbank nicht mehr zur Verfügung steht.

Weidmann hat laut einer Mitteilung die Entscheidung mit Bedauern zur Kenntnis genommen, respektiert aber Knofs Entscheidung. „Das ganze Commerzbank-Team hat in den letzten Jahren unter großen Anstrengungen den Neuanfang geschafft und steht jetzt auf einem äußerst soliden Fundament. Mit der Strategie 2027 haben wir auf Wachstum umgeschaltet“, sagt Knof. Er sei stolz, diese Wegstrecke begleitet zu haben.

In der Sommerpause habe Knof im Kreise der Familie reiflich über die Entscheidung nachgedacht. Er steht laut eigener Aussage bis zum Ende der Vertragszeit mit vollem Engagement zur Verfügung. Knof ist seit 2021 Vorstandsvorsitzender der Commerzbank. Davor leitete er unter anderem das von Privatkundengeschäft bei der Deutschen Bank. Bei der Allianz war er von 2006 bis 2017 in verschiedenen Funktionen tätig, zuletzt als Vorstandsvorsitzender. Knof leitete ebenfalls bei der Dresdner Bank das Privatkundengeschäft.

Aufsichtsrat startet Nachfolgesuche  

Weidmann lobte Knofs Verdienste bei der Commerzbank: „Ohne Manfred Knof wäre die Commerzbank heute nicht wieder so präsent und so relevant im Kreise der europäischen Banken. Durch seine klare Führung wurde die Bank in Rekordzeit saniert, das Geschäftsmodell klar fokussiert und die Bank auf Nachhaltigkeit ausgerichtet.“

 

Der Aufsichtsrat startet nun die geordnete Suche nach einem Nachfolger. Medienberichten zufolge hat die aktuelle Finanzvorständin und Knofs Stellvertreterin bei der Commerzbank, Bettina Orlopp, gute Chancen auf den Posten. Orlopp hatte in der Vergangenheit bereits Interesse signalisiert.

Unicredit steigt bei der Commerzbank ein – kommt die Übernahme?

Nachdem die Commerzbank den Knof-Abgang verkündet hatte, folgte eine weitere einschneidende Nachricht: Die Unicredit steigt bei der Commerzbank ein. Das Mailänder Institut hat 9 Prozent der Aktien übernommen. Rund die Hälfte davon hat die Unicredit der Bundesregierung abgekauft, die ihre Beteiligung an der Commerzbank wie geplant reduziert hat: Der Anteil der Bundesregierung an der Commerzbank sinkt von 16,49 auf 12 Prozent. Der Preis pro Aktie lag bei 13,20 Euro. Damit hat der deutsche Staat 702 Millionen Euro eingenommen.

„Unicredit wird nun mit der Commerzbank in Verbindung treten, um wertbildende Gelegenheiten für sämtliche Stakeholder der beiden Banken auszuloten“, schreibt das Institut zu dem Einstieg. Um flexibel zu bleiben, werde Unicredit bei den Aufsichtsbehörden beantragen, den Anteil gegebenenfalls über 9,9 Prozent auszubauen, „falls und wann auch immer dies erforderlich sein sollte“. 

Unicredit-Chef: Übernahme sei eine Option

Die Commerzbank äußerte sich in einem Statement nur knapp zu dem Einstieg der Italiener. Man habe die Beteiligung zur Kenntnis genommen. Der Einstieg sei ein Beleg für den Stellenwert der Commerzbank und die erzielten Fortschritte. 

Die Bundesregierung bleibt größter Einzelaktionär, Unicredit ist jetzt der zweitgrößte. Verschiedene Marktteilnehmer und Medien sehen in dem Einstieg einen Übernahmeversuch. Andrea Orcel, Vorstandschef der Mailänder, hatte vor zwei Jahren in einem Interview mit dem „Handelsblatt“ erklärt, dass die Unicredit das Deutschlandgeschäft ausbauen will. Dafür kämen auch Zukäufe infrage. Am Donnerstag legte Orcel in einem Interview mit Bloomberg (Bezahlschranke) nach und erklärte, dass eine Übernahme nun eine Option sei: „Wir könnten raufgehen, wir könnten runtergehen, und wir könnten fusionieren.“ Und weiter erklärt Orcel: „Da wir jetzt Aktionär sind, können wir konstruktiv darüber nachdenken, ob wir alle mehr schaffen wollen als nur den Wert, den die Commerzbank als eigenständiges Unternehmen schaffen kann.“

 

Vor dem Ukraine-Konflikt zeigten die Italiener bereits Interesse an der Commerzbank. Diese dementierte damals jedoch die Übernahmegerüchte. Die Unicredit ist aktuell mit der Tochter Hypovereinsbank am deutschen Markt vertreten

Erste Reaktionen auf den Einstieg der Unicredit

Die Analysten Hugo Cruz und Ben Maher von der Investmentbank Keefe, Bruyette & Woods (KBW) halten eine vollständige Übernahme der Commerzbank auf den ersten Blick für durchaus sinnvoll. Finanziell und strategisch mache eine Übernahme Sinn, da die Unicredit in Deutschland ihren geringsten Marktanteil hat. Eine Übernahme hänge aber von der Struktur des Deals ab.

Die Gewerkschaft Verdi fordert hingegen vom Bund, eine Übernahme zu verhindern. „Bundesfinanzminister Christian Lindner muss jetzt ein klares Bekenntnis zum Standort Deutschland abgeben und sich der drohenden Übernahme der Commerzbank durch die Unicredit entgegenstellen. Der Bund darf keine weiteren Anteile an der Commerzbank abgeben“, fordert der Verdi-Vorsitzende Frank Werneke. Die Gewerkschaft verweist darauf, dass die Unicredit in der Vergangenheit übernommene Banken in ihrer Eigenständigkeit beschnitten habe.

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