Vorstandschef von Do Investment „Die zentrale Hausmeinung stirbt aus“

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Achten Sie auch auf protzige Büros?

Rüttgers: Das ist gerade im Hedgefonds-Bereich ein ziemlich wichtiger Punkt. Wir hatten zusammen mit Feri Trust schon häufig in kleine Boutiquen investiert, die 200 oder 300 Millionen Euro in M&A-Strategien hatten. Damals sagten sie, die Strategie sei bei 500 Millionen ausgereizt und bei spätestens 750 Millionen definitiv am Limit. Doch dann wuchsen die Teams und die Büros wurden schicker. Und bei einer Milliarde nahmen die Manager noch immer Geld an. Wir sind dann trotz guter Wertentwicklung ausgestiegen. Das sind qualitative Faktoren, die Sie auf Morningstar Direct zum Beispiel nicht erkennen können.

Im Einzelhandel erleben wir, wie große Händler Marktanteile an sich ziehen, zum Beispiel Amazon. Warum läuft der Trend in der Fondsbranche mit ihrer Boutiquenkultur entgegengesetzt?

Rüttgers: Ich glaube gar nicht, dass es so ist. Auch in der Fondsbranche ziehen die großen Anbieter Geld an und decken mehr und mehr Felder ab. Aber vielleicht deshalb sind die kleinen Nischenanbieter bereit, einen hohen Active Share zu fahren. Das ist ihre einzige Chance, durch besonders aktives Management gegen die großen Häuser bestehen zu können. Sie müssen ja ihre Gebühren über diese Leistungen rechtfertigen. Ansonsten verlassen sich Anleger lieber auf die großen Häuser, bei denen die Abwicklung schlank und standardisiert abläuft.

Das ist aber auch ein bisschen wie bei Samsung – immer irgendwie okay, aber nie so richtig toll.

Rüttgers: Da denken die Großen um. Wir haben zum Beispiel beobachtet, dass die früher noch sehr gängige intern vorgegebene Hausmeinung ausstirbt. Die Häuser wollen ihre Spezialisten halten, indem sie ihnen Freiheiten einräumen und sogar regelrechte Boutiquenkulturen erzeugen. Anstatt ihnen eine Meinung vorzugeben, unterstützen sie sie lieber mit festen Strukturen und schaffen Mehrwert durch die Entlastung aus administrativen Verpflichtungen. So hat eine große Fondsgesellschaft aus Frankreich eine eigene Plattform geschaffen, der sich Boutiquen anschließen können.

Wann greifen Sie eigentlich zu einem aktiven und wann zu einem passiven Fonds?

Rüttgers: Grundsätzlich greifen wir bei taktischen Positionen zu einem ETF. Wir reden hier über Haltedauern ab sechs Wochen bis hin zu einem Jahr. Ein Beispiel ist die Wahl in Brasilien, bei der wir im Vorfeld einen ETF auf brasilianische Aktien gekauft hatten. Ich glaube, dass sich viele Investoren noch nicht allzu intensiv mit den Kosten für aktive Fonds  beschäftigt haben. Und durch die neue Transparenz sind sie nun erschrocken, wie hoch sie mitunter wirklich sind. Je effizienter ein Markt ist, desto schwieriger ist es für einen aktiven Manager, diese Kosten zurechtfertigen.

Die Marktindizes sind aufgrund weniger erfolgreicher Titel sehr stark gelaufen und haben die meisten Aktiven hinter sich gelassen. Ist das nicht ein Grund, vom aktiven Management abzurücken?

Rüttgers: Nein, denn wir stellen anhand des Fear-and-Greed-Index fest, dass der Markt ganz schön heiß gelaufen ist. Es steht eine Korrektur an, und in der werden diese im Vorfeld gehypten Titel besonders starken Druck bekommen.