Von riskant bis konservativ Das Spektrum an Volatilitätsstrategien ist groß

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Volatilität: Im Mittel überschätzt

Komplex sind solche Volatilitätsstrategien nur auf den ersten Blick, die Grundidee ist einfach. Wichtig für das Verständnis ist, dass bei der Volatilität unterschieden wird zwischen realisierter und impliziter Volatilität. Die realisierte Volatilität ist die historisch messbare, etwa für den vergangenen Monat, die implizite hingegen die vom Markt erwartete Volatilität, zum Beispiel für den kommenden Monat. Errechnet wird die implizite Volatilität eines Basiswertes wie Aktien, Renten oder Rohstoffe aus dessen Optionspreisen. In diesen spiegelt sich die erwartete Volatilität wider. „Der Unterschied zwischen den beiden Größen ist vergleichbar mit dem Unterschied zwischen der Wettervorhersage und dem tatsächlichen Wetter“, erläutert Stephan Steiger, Portfoliomanager Alternative Solutions bei Lupus alpha.

Die Vereinnahmung der Vola-Risikoprämie stützt sich darauf, dass die implizite Volatilität im langfristigen Mittel systematisch höher ist als die realisierte Volatilität. Das heißt: Im Mittel wird eine höhere Volatilität erwartet als sie dann tatsächlich auftritt. Besonders hoch fällt die Differenz („Implied Realised Spread“) zwischen impliziter und realisierter Volatilität am Aktienmarkt aus: So liegt die implizite Volatilität für Aktienmärkte, etwa beim Euro Stoxx 50 oder beim S&P 500, typischerweise um 20 Prozent, die realisierte aber nur bei 16 Prozent. Die Differenz von etwa 4 Prozent hat sich über lange Zeiträume als stabil erwiesen (s. Grafik 1). In extremen Marktsituationen kann sich der Spread zwar kurzfristig ins Negative drehen, im Mittel und langfristig bleibt es aber dabei. Die absolute Höhe der Volatilität spielt dafür keine Rolle.

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Verkäufer von Volatilität können davon systematisch profitieren. Zunutze machen kann man sich die Differenz von impliziter und realisierter Volatilität über sogenannte Volatilitäts-Swaps. Der Ertrag für den Volatilitätsverkäufer kommt dann in der Vola-Risikoprämie zum Ausdruck – als Entschädigung dafür, dass ein Risiko eingegangen wird. Vereinfacht gesagt: Geht man wieder von einer impliziten Volatilität des Euro Stoxx 50 von 20 Prozent für den nächsten Monat aus, sind es dann aber nur 16 Prozent (realisierte Volatilität), fließen bei einem Nominal von zum Beispiel 100.000 Euro dem Verkäufer nach einem Monat 4.000 Euro zu. In der Realität wird eher die Varianz, also die quadrierte Volatilität, als die Volatilität selbst gehandelt. Die Zusammenhänge bleiben aber dieselben.

Nachhaltige „echte“ Risikoprämie

Doch warum gibt es überhaupt eine Vola-Risikoprämie? Erklären lässt sich das damit, dass der Käufer von Volatilität ein asymmetrisches Auszahlungsprofil erhält: Verluste sind im Gegensatz zu Gewinnen begrenzt (die Volatilität kann nicht niedriger als null sein). Der Käufer befindet sich somit in einer „angenehmen“ Position. Die Position des Verkäufers ist hingegen „unangenehm“.