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Volatile Märkte „Schwellenländer zu Unrecht abgestraft“

Dr. Michael Hasenstab, Chief Investment Officer und Anleihe-Fondsmanager bei Franklin Templeton

Dr. Michael Hasenstab, Chief Investment Officer und Anleihe-Fondsmanager bei Franklin Templeton Foto: Franklin Templeton

Die jüngste Abwertung der chinesischen Währung wirft viele Fragen auf. Infolgedessen erleben wir auf den Finanzmärkten querbeet panikartige Reaktionen. Dabei sollte die Abwertung des Renminbi die Märkte unserer Ansicht nach nicht so schockieren.

Sorge um China

Der Renminbi hat zwar kurzfristig rund fünf Prozent an Wert verloren. Das Tempo dürfte jedoch einigermaßen kontrollierbar sein, da die Regierung nach und nach ein stärker marktwirtschaftlich geprägtes Umfeld schafft. Vor allem aber halten wir die Entwicklung nicht für ein Signal für einen bevorstehenden drastischen Werteinbruch.

Es ist richtig, dass die Abwertung des Renminbi auf kürzere Sicht verstärkt Volatilität ausgelöst hat. Wir gehen jedoch nicht davon aus, dass dadurch die Währungen in ganz Asien oder allen Schwellenländern längerfristig auf breiter Front unter fundamentalen Druck geraten.

Die asiatischen Nachbarländer (wie Japan, Südkorea, Indonesien, Malaysia und Singapur) haben bereits hohe Wechselkursverluste verzeichnet während sich der Renminbi auf vergleichsweise hohem Niveau gehalten hat, selbst unter Berücksichtigung des jüngsten Rückgangs. Wir rechnen daher nicht damit, dass die jüngste Abwertung in China die Wettbewerbsfähigkeit seiner Nachbarländer oder deren Exporte ins Wanken bringen sollte.

Ein Blick auf die bisher festzustellende Marktpanik könnte den Eindruck erwecken, China steuere mit Vollgas auf eine ausgewachsene Rezession zu. Das sehen wir anders. Wir erwarten zwar durchaus ein nachlassendes Wachstum in China. Doch das erachten wir als gesunde und unvermeidliche Normalisierung für eine Volkswirtschaft dieser Größe. Unsere Investmentthese für Anlagen in Asien bleibt intakt. Wir gehen von einem schwächeren Wirtschaftswachstum in China aus, jedoch nicht von einer harten Landung.

Anlegerängste um die Schwellenmärkte

Im Hinblick auf die Sorgen um China und eine potenzielle Zinserhöhung in den USA flackern auch wieder Anlegerängste um die Schwellenmärkte auf. Hier sind wir jedoch überzeugt, dass manche Länder wahllos abgestraft wurden. Unsere globale These stützt sich im Kern weiter auf eine anziehende Konjunktur in den USA, einem wichtigen Exportziel vieler Schwellenländer. Wir erwarten, dass der starke Arbeitsmarkt dem US-Konsum künftig Impulse geben wird. Der US-Konsum ist ein traditioneller Wachstumsmotor für die Weltwirtschaft und bietet Ländern Unterstützung, die in die USA exportieren, darunter Malaysia und Mexiko.

Malaysia ist ein Beispiel für einen Markt, den die Anleger unseres Erachtens zu pessimistisch sehen. Malaysia wird immer noch überwiegend als Rohstoffexportland wahrgenommen. Dabei ist sein Exportkorb in Wirklichkeit sehr ausgewogen, und umfasst auch Elektronik – ein Segment, das vom auflebendem Konsum in den USA profitieren sollte.

Ferner weist Malaysia einen robusten Leistungsbilanzüberschuss aus und hält ein dickes Polster an Devisenreserven vor. Letztere reichen aus, um die Importe des Landes mehr als sieben Monate lang zu decken. Trotz dieser Voraussetzungen notiert der Malaysische Ringgit derzeit bei Werten, die zuletzt während der asiatischen Finanzkrise Ende der 1990er-Jahre vorlagen.

Niedriger Ölpreis schwächt Mexikos Währung

Ein weiteres Beispiel für ein Land, dessen Währung beispiellose Schwäche zeigt, ist Mexiko. Der mexikanische Peso wird derzeit zu so niedrigen Kursen gehandelt wie in der Tequila-Krise Mitte der 1990er-Jahre. Unserer Ansicht nach wird das Land zu Unrecht dafür abgestraft, dass es Rohstoffe (insbesondere Öl) exportiert. Dabei sind nicht einmal zehn Prozent des Exports ölabhängig.

Mexiko sollte außerdem Nutznießer der anspringenden US-Konjunktur sein. Rund 80 Prozent der mexikanischen Exporte gehen über die Grenze nach Norden. Darunter befinden sich vor allem Industriegüter wie Autos, die profitieren sollten, sobald die US-Konsumenten wieder mehr Geld ausgeben.

Dass wir den Ausblick für Mexiko und Malaysia weiter zuversichtlich betrachten, macht deutlich, inwiefern unsere Strategien oftmals gegen den Trend laufen. Schneiden wir in einem bestimmten Zeitraum nicht schwächer ab als der Markt oder unsere Mitbewerber, so bedeutet das, dass wir im Grunde jedoch keine konträre Haltung einnehmen und keine Positionen eingehen, die der vorherrschenden Marktstimmung zuwiderlaufen. Solche Phasen halten wir letztlich für kurzlebig. Denn alle von uns gehaltenen Positionen beruhen auf von fester Überzeugung und fundamentalem Research getragenen Einschätzungen.

Steigende Zinsen in den USA: eine Frage der Zeit

Mit Blick auf die Zukunft gehen wir von erheblichen geldpolitischen Unterschieden weltweit aus. Von der Europäischen Zentralbank, der Bank of Japan und der Reserve Bank of Australia erwarten wir eine lockerere Geldpolitik. Dagegen rechnen wir weiterhin mit Zinserhöhungen der US-Notenbank Federal Reserve (Fed) fürs zweite Halbjahr 2015. Auf einen bestimmten Zeitpunkt, an dem die Fed an der Zinsschraube dreht, legen wir uns nicht fest.

Sollte es in diesem Jahr nicht zu einer Zinserhöhung kommen, wird der Markt unseres Erachtens einpreisen, dass die Fed angesichts besserer Wirtschaftsdaten ins Hintertreffen gerät. Die Renditekurve dürfte vermutlich steiler werden. Wir bleiben mit unserem konstruktiven Konjunkturausblick für die USA optimistisch. Wir gehen davon aus, dass der Markt – wie schon so oft – ungeachtet der defensiven Äußerungen vor der Fed reagieren wird.

Uns ist bewusst, dass volatile Phasen, wie die zurückliegende, die Anleger nervös machen. Dies sind allerdings gleichzeitig die Phasen, in denen unser Team bislang Positionen auf Grundlage unserer stärksten Überzeugungen eingehen konnte – mit dem Ziel, im Anschluss längerfristig Überrenditen zu erwirtschaften. Derzeit beobachten wir auf dem Markt eine Art Abklatsch des „Drosselungskollers” von vor zwei Jahren. Damals stand Ben Bernanke an der Spitze der Fed und deutete einen anstehenden Kurswechsel an. Daher setzen wir weiter auf ausgesprochen kurze Duration und erkennen in der aktuellen Volatilitätsphase Chancen.

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