Zwischen Affluent und Pricing Vier Wachstumsperspektiven für das deutsche Private Banking

Von links nach rechts: Nadine Hannemann, Tobias Boshof und Peter Klenk von Zeb Consulting.

Von links nach rechts: Nadine Hannemann, Tobias Boshof und Peter Klenk von Zeb Consulting. Foto: Zeb Consulting

Das Vermögen der deutschen Private-Banking-Kunden wächst und wächst: 2024 betrug es bereits 7,0 Billionen Euro. Bis 2028 dürfte es auf voraussichtlich 9,3 Billionen Euro anwachsen. Ein Großteil vererben die Vermögenden in den kommenden Jahren an jüngere Generationen. Der gigantische Kuchen löst Begehrlichkeiten aus – wie die Private-Banking-Studie von Zeb Consulting zeigt.

Denn seit Jahren sind das Private Banking und Wealth Management die einzigen beiden Kundensegmente, die sich über ein substanzielles Wachstum am Privatkunden-Markt erfreuen dürfen. Mit 5 bis 7 Prozent setzt sich dieser Trend nach Berechnung von Zeb bis mindestens 2028 fort. Zum Vergleich: im Retail-Segment tut sich wachstumstechnisch nahezu nichts. 

 

Im Jahr 2023 betrug das Ertragswallet für Banken aus dem Private Banking und Wealth Management rund 21,6 Milliarden Euro. Private Banking fasst hierbei Anlagevolumina zwischen 500.000 und 3 Millionen Euro, das Wealth Management Anlagevolumina darüber hinaus. Von den 21,6 Milliarden Euro entfielen in der aktuellen Betrachtung 9,2 Milliarden Euro auf Einlagen. Ein Höchstwert, der mit Vorsicht zu genießen ist. Denn dass sich die Erträge in den vergangenen zwei Jahren so entwickelt haben, ist nicht von Dauer. Stattdessen haben vorübergehende Passiv-Zinseffekte die Erträge getrieben.

Darüber hinaus ist der deutsche Private-Banking-Markt in Bewegung. Regionalbanken wie Sparkassen und Volksbanken haben eine breite Kundenbasis mit langjährigen Beziehungen im Privat- und Firmenkundengeschäft. Sie sind daher gut positioniert, um diese Beziehungen auch ins Private Banking auszuweiten. Die traditionellen Privatbanken – einst der Inbegriff für Private Banking – verlieren weiter an Boden. Sie tun sich schwer, echtes Wachstum jenseits von Konsolidierungen zu erzeugen. Ausländische Anbieter aus der Schweiz und Liechtenstein verstärken ihre Aktivitäten wieder spürbar. Damit erhöhen sie den Wettbewerbsdruck. 

Verschiedene Szenarien zeigen: Viel Ertragspuffer ist bei den Private-Banking-Anbietern jeweils nicht vorhanden.

 

Zeb hat 13 repräsentative Private-Banking-Anbieter mit Firmensitz in Deutschland analysiert. Ihr verwaltetes Vermögen wuchs von 2019 bis Ende 2022 konstant. Dass die Erträge überproportional wuchsen, lag vor allem daran, dass auch das Zinsergebnis in den zwei „Zinshochjahren“ 2022 und 2023 überdurchschnittlichen wuchs. Während das Zinsergebnis um 44 Prozent stieg, sank gleichzeitig das Provisionsergebnis um 3 Prozent. Sollten die Banken ins Zinsumfeld von 2021 zurückkehren müssen, würde das das Ergebnis auf Gesamtsample-Ebene fast vollständig aufzehren. Das zeigen die Berechnungen von Zeb. 

Aber wie passt das zusammen mit den Wachstumsdaten im Markt, die wir zu Beginn des Artikels anführten? Das Problem ist: Banken tun sich bislang oftmals schwer, Potenziale im Private Banking in gleicher Weise in Erträge zu übersetzen. 

Mitunter lässt sich dies in den Kosten ablesen. Auch diese sind im Zeitraum zwischen 2019 und 2023 um nicht unerhebliche 4,7 Prozent gestiegen. Hierbei spielen unter anderem kostenintensive Kernbankensystem-Umstellungen eine relevante Rolle.

Fokusthemen der Private-Banking-Studie 2024 von Zeb

Wer die aufkommenden Herausforderungen und Trends im Private-Banking-Geschäft bereits heute erkennt und richtig adressiert, kann die Segel für eine erfolgreiche Geschäftsentwicklung setzen. Die richtige Navigation dafür findet sich in einem vierstufigen Handlungsimperativ.

Es finden sich mehrere Schritte, die Private-Banking-Anbieter gehen können, um konkurrenzfähig zu bleiben.

 

Generationenmanagement

Fast die Hälfte des Vermögens in Deutschland besitzen Menschen, die 60 Jahre oder älter sind. Große Teile dieses Vermögens gehen in den nächsten 20 Jahren an die nächste Generation über. 

Besonders im Private Banking besteht die Gefahr, dass beim Ableben von Kunden ihre Erben signifikante Vermögenssummen abziehen. Jedoch: Man spricht nicht so gern über dieses Thema. Der Tod ist oft tabu. Gute Bankberater durchbrechen das Tabu feinfühlig. Und erfahren: Wer die abgebende und die annehmende Generation an einen Tisch bringt und über das vermeintlich heikle Thema spricht, erntet Dankbarkeit von allen Seiten – und hilft sogar, künftigen Erbstreit zu vermeiden.

 

Es braucht vor allem eine Strategie, um die Nachfolge-Generation „abzuholen“, in Kontakt zu treten und interessante Angebote aufzuzeigen. Gleichzeitig lässt sich die abgebende Generation noch als Testimonial nutzen, die die Vorzüge einer langfristigen Zusammenarbeit mit „ihrem“ Bankhaus kennt und schätzt.

Von der Notwendigkeit professioneller Übergabe überzeugen – das braucht zeitlichen Vorlauf und zwischenmenschliches Fingerspitzengefühl. Für die meisten Private-Banking-Kunden ist es ein hochwichtiges Thema. Sie sind erfahrungsgemäß froh, darauf angesprochen zu werden. Denn sie möchten, dass ihr Vermögen erhalten bleibt und wächst. Die kluge Bank positioniert sich als Initiator, Gestalter und Umsetzer.

Affluent Banking

Hier geht es um das Heben ungenutzten Potenzials vermögender Kunden, die knapp unter der Private-Banking-Vermögensgrenze liegen. Denn sie sind der natürliche Pool an potenziellen Private-Banking-Kunden! Sofern sie in dieses Segment hinein entwickelt werden, bevor sie ins Fadenkreuz des Wettbewerbs geraten ... Dafür braucht es ein neues Wertangebot. 

 

Affluent-Kunden sind mit diversen Lebensereignissen konfrontiert, welche Banken kanalisieren können: der Hauskauf, die Erbschaft, der Renteneintritt. Kundenbedürfnisse verstehen und unerfüllte Leistungsversprechen erkennen – das sind Schlüsselkomponenten für eine effektive Produkt- und Dienstleistungsentwicklung. 

Gleichwohl: Um die Affluent-Kunden ins Private-Banking-Segment zu begleiten, braucht es vielleicht auch den einen oder anderen „Wow-Effekt“: zusätzliche Mehrwertdienste, die über die grundlegenden Leistungen hinausgehen. So kann sich eine Bank differenzieren und einen nachhaltig-positiven Eindruck schaffen.

Pricing

Die Rentabilität im Private Banking ist seit 2022 leicht gestiegen – vor allem aufgrund des Zinsüberschusses, der schwankungsanfällig ist. 

Offen gesagt: Die Preisgestaltung im Private Banking ist für viele Kunden im hohen Maße undurchsichtig – und für Banken oft ebenfalls. Sonderkonditionen bestimmen mehrheitlich das Pricing, gerade für Kunden mit hohen Vermögen. Sie vergüten damit wertvolle und kostenintensive Dienstleistungen der Bank oftmals nicht adäquat. Aber: Steigern der Rentabilität durch Pricing-Initiativen ist durchaus möglich!